Die Verschwörer von Kalare
auf.
»Warum?«, fragte Ehren.
Demos betrachtete die Canim-Flotte leidenschaftslos und berechnend. »Warum sollten wir sie verschwenden? Sie bringen uns einen guten Preis ein.«
Die Teilnahmslosigkeit dieses Mannes, ob nun in den Worten, den Bewegungen oder seinen Handlungen, war erschütternd. Ehren verschränkte die Arme vor der Brust, um ein Schaudern zu unterdrücken. »Werden die uns einholen?«
Demos schüttelte den Kopf. »Mein Schiff nicht.« Er hob eine Hand und zeigte hinaus aufs Meer.
Ehren folgte dem Finger. Zwischen der Schleiche und der heranziehenden Armada brandete plötzlich eine Welle mitten aus dem Meer auf, gegen die Strömung der anderen. Ehren konnte kaum glauben, was er da sah, bis das Wasser auseinanderbrach und die riesige Gestalt freigab, die sich aus der See erhob. Aus der
Ferne erkannte er nur wenige Einzelheiten, doch das schwarze Ding, das die Oberfläche aufwühlte, ragte höher in den Himmel als die Segel der Schleiche .
»Leviathan«, keuchte er. »Das ist ein Leviathan.«
»Einer von der mittleren Größe«, stimmte Demos zu. »Sie haben ihre eigenen Reviere. Und die Canim-Schiffe haben sie aufgescheucht, wo immer sie während der vergangenen zehn Tage durchgefahren sind.«
Ein tiefes Dröhnen lief gewaltig durch das Wasser, und die Oberfläche der aufgewühlten See vibrierte und warf feine Gischt in die Luft. Das Schiff bebte, und Ehren hörte deutlich, wie irgendwo unter ihnen eine Planke dem Druck nicht standhielt und brach.
»Schaden am Heck auf der Steuerbordseite!«, brüllte Demos.
»Was war das?«, schnaufte Ehren. Seine Fußsohlen fühlten sich eigenartig an, sie kribbelten noch von dem seltsamen Dröhnen.
»Der Leviathan hat sich beschwert«, sagte Demos. Er blickte Ehren an, und ein Mundwinkel schien tatsächlich kurz zu zucken. »Ganz ruhig, Schreiberling. Ich habe zwei Hexer unten. Die sorgen dafür, dass wir die Leviathane nicht stören.«
»Und die Canim?«
»Wir haben beobachtet, wie vier ihrer Schiffe zerschmettert wurden, aber ihre Fahrt verlangsamt haben sie deswegen nicht. Da, schau.«
Die riesige Gestalt im Wasser bewegte sich auf die Armada zu und tauchte dann ab, wobei das Wasser über ihr zusammenschlug und einen Strudel erzeugte, der noch eine ganze Weile anhielt, nachdem das Untier längst verschwunden war. Als die ersten Canim-Schiffe an der Stelle ankamen, war nur noch eine leise Unruhe im Wasser geblieben, die an die Gegenwart des Tieres erinnerte. Die Flotte preschte hindurch, dass die Gischt nur so spritzte, und ließ sich nicht von ihrem Kurs abbringen.
»Man kann ja sagen, was man will, aber diese Hunde haben Mumm«, murmelte Demos mit abwesendem Blick. »Alle außer
den größten Leviathanen weichen diesem Sturm aus, der hinter den Canim heranzieht. Sie werden auf der Überfahrt ein paar Verluste hinnehmen müssen, aber sie werden durchkommen.«
»Hast du ihnen eine Nachricht überbracht?«, wollte Ehren wissen.
»Das geht dich einen feuchten Kehricht an«, entgegnete Demos.
»Geht es doch, wenn du dich mit ihnen eingelassen hast, Kapitän. Haben sie dich einfach fliehen lassen?«
»Haben sie nicht«, meinte Demos. »Aber ich habe ihnen in dieser Hinsicht keine Wahl gelassen. Sie sind nicht so hinterhältig, wie sie glauben. Die Krähen werden verhungern, ehe ich mir von einem räudigen Hundepriester ein Messer in den Rücken stechen lasse.«
»Priester?«, fragte Ehren.
Demos schnaubte. »Roben, Bücher, Schriftrollen. Redete jede Menge Unsinn. Er hieß Sarl.«
Sarl. Der frühere Sekretär des Botschafters Varg in der Hauptstadt - und derjenige, der sich mit den Vord eingelassen hatte, um den Ersten Fürsten zu stürzen. Sarl, der aus Alera entkommen war, allen Bemühungen der Legionen und Fürsten zum Trotz, ihn zu fangen. Sarl, der in Alera Hilfe gehabt haben musste, dessen war Ehren sich sicher.
»Kalarus«, murmelte Ehren.
Demos wiederholte die Worte, die Ehren vor gar nicht langer Zeit ausgesprochen hatte, in einer nahezu perfekten Imitation: »Ich habe keine Ahnung, was du meinst, Herr.«
Ehren betrachtete den Mann kurz und war sicher, die offene Leugnung enthielt eine versteckte Bestätigung. Wenn das stimmte, war Demos von Kalarus angeheuert worden, um den Canim eine Nachricht zu überbringen - und die hatten prompt versucht, ihn zu töten, ehe er fliehen konnte. Offensichtlich hatte Demos nicht die Absicht, sich an die Gerichte zu wenden und Kalarus der gerechten Strafe zuführen zu lassen - diese Art von
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