Die Verschwörung der fetten Frauen (German Edition)
gehen, wenn ich ihr Augenzwinkern richtig interpretiere. Auf ihren Versicherungsvertreter gestützt, wankt sie aus der Bar, wir sehen ihr nach.
»Das ist jedesmal so«, seufzt Thea und reicht mir das nächste Papiertaschentuch. »Und immer ist es die große Liebe – und zwei Tage später ist es die große Enttäuschung.«
Das ist wirklich zum Heulen. Oder zum Lachen? Oder beides? Ich kann mich nicht entscheiden und entschließe mich, wieder still zu sein, vollkommen ohne Emotionen.
Irgendwann verschlägt es uns von der Bar an einen der kleinen Tische im Hintergrund, wo es etwas ruhiger ist. Thea, Ulla und ich. Sibylle hat plötzlich einen schweren Migräneanfall bekommen, was ihr, wie Ulla erzählt, immer dann passiert, wenn sie nach zwei Stunden in der Bar noch keinen Mann abgeschleppt hat. Wir drei Zurückgebliebenen halten uns an den letzten Cocktails für diesen Abend fest.
»Mein Mann müsste gleich da sein«, sagt Ulla nach einem Blick zur Uhr. »Der ist auf seinem Männerabend. Nein, nein, nicht was ihr denkt. Die reden nur über Fußball und Formel Eins, an Frauen sind die längst nicht mehr interessiert.«
Thea und ich schauen uns vielsagend an. Arme Ulla. So langsam komme ich zur Ruhe, das heißt: Ich werde müde. Das Treiben in der Bar läuft wie ein flüchtiger Film in meinen Augenwinkeln ab, Goldkettchen erzählt Mopsi von seiner Finca, Mopsis Spaghettiträgerkleidchen verliert alle fünf Minuten - »huch!« - die linke Brust, hinter der Bar mixt Andy stoisch seine Cocktails, mit der gleichen Leidenschaft, mit der ein Buchhalter eine Barauszahlung verbucht.
»War doch mal wieder ganz nett, oder?« versucht Thea ein Resümee des Abends zu ziehen. Wir wissen alle, dass es nicht nett war. Aber wir nicken. Ja, sehr nett. Fünf Frauen in den Wechseljahren. Eine, ausgerechnet Birgit, tut gerade etwas für die Erhöhung ihres Östrogenspiegels, eine andere, Sibylle, pflegt ihre Migräne – und der Rest schlürft Alkohol.
»Unsere Website macht übrigens Fortschritte«, sagt Thea und sieht mich an. »Du weißt schon, wir wollen ja eine Website ins Netz stellen, um die Diskussion endlich mal in die Welt hinaus zu tragen! Constanze Corzelli soll sich warm anziehen!«
»Jaaaaa«, macht Ulla und lacht. »Wir müssen unbedingt diese Sabine Müller auf unsere Seite ziehen. Ist zwar ne besserwisserische Zicke, aber ne Ärztin – hey, wir brauchen auch was Seriöses.«
»Kennt die eine von euch persönlich?« frage ich mit meinem bestmöglichen naiven Gesichtsausdruck. Beide schütteln ihre Köpfe. »Nee«, sagt Thea, »keine Ahnung, wer das ist. Aber ich schreib sie mal an. Ne Ärztin halt, vielleicht ne Psychologin? Jedenfalls hat sie gute Argumente, die man der Corzelli um die Ohren schlagen kann. Wisst ihr übrigens, was die in ihrer nächsten Kolumne vorstellen will? Rhabarberjoghurt!«
Wir lachen herzlich.
Eine Stunde später. Wir haben uns vor der Bar verabschiedet – Küsschen links, Küsschen rechts – und natürlich bin ich jetzt fester Bestandteil des Weiberabends. Vielleicht doch besser, als vor dem Fernseher zu sitzen. Ich schaffe es irgendwie, auch ohne Taxi meine Wohnung zu erreichen, schaffe es sogar bis zur Tür, schaffe es wundersamerweise, den Schlüssel ins Schloss zu kriegen und die Tür zu öffnen. Alles ist still, Alina schläft.
Und ich bin besoffen. Aber hey, ich hatte wenigstens einen lustigen Abend! Leckeres Essen, leckere Getränke – und einen Fastverehrer mit einer Finca auf Mallorca. Außerdem habe ich Kopfweh. Und noch etwas anderes, mit dem ich mich lieber nicht näher beschäftige. Rasmus. Ich gehe ins Bett und kann nicht schlafen. Als ich aufwache, ist es drei Uhr. Ausgeschlafen.
Was reimt sich auf Rasmus?
»Na, wie war's?«
»Supi«, sage ich und streiche Nutella auf mein Knäckebrot. Alina legt den Kopf schief. Das hat sie von ihrem Vater und das heißt »Ich glaub dir kein Wort«. In den letzten Monaten unserer Ehe kannte ich meinen Ex praktisch nur mit schiefgelegtem Kopf.
»Du siehst irgendwie komisch aus«, sagt Alina.
»Das ist die neue Frisur«, halte ich dagegen.
»Nö. Die ist auch gar nicht wirklich neu, so läufst du immer rum. Du siehst innerlich komisch aus.«
Mein Gott, mein Töchterlein wird psychologisch! Hoffentlich studiert sie das mal nicht.
»Ach, und das siehst du von außen?« Ich beiße herzhaft die halbe Knäckebrotscheibe weg, der Kaulärm ist ohrenbetäubend.
»Bist du etwa verknallt? Kenne ich ihn?«
»Nein!« sage ich viel zu
Weitere Kostenlose Bücher