Die Verschwoerung der Fuersten
vielsagend.
»Dann scheint es dem Dieb, der Euch niedergeschlagen hat, nur um dieses Band gegangen zu sein«, sagte Bandolf mehr zu sich selbst.
»Das vermute ich auch«, sagte Goswin.
»Habt Ihr einen Verdacht, wer es gewesen sein könnte?«, wollte Bandolf wissen, doch Bruder Goswin schüttelte den Kopf.
»Hat einer der Domherren vielleicht ein außergewöhnliches Interesse an der Kette bekundet?«
Goswin schaute ihn ungläubig an: »Ihr habt doch nicht etwa einen meiner Mitbrüder in Verdacht?«
»Wer weiß?« Bandolf zuckte mit den Schultern. »Wie ich höre, ist es die Aufgabe des Bruder Thesaurarius, nach der Matutin das Kapitelhaus und die Verbindungspforten zum Dom abzuschließen. Wie hätte ein Fremder in die Bibliothek oder ins Scriptorium eindringen können, wenn Wipert seine Pflichten nicht versäumt hat?«
»Bruder Wipert nimmt es mit seinen Pflichten sehr genau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er vergessen hat abzuschließen«, sinnierte Goswin und seufzte. »Ich will ja zugeben, dass das Perlenband unter meinen Brüdern Aufsehen erregt hat, als ich es ins Kapitelhaus mitbrachte. Pothinus hat des Öfteren seine Nase ins Scriptorium gesteckt, was sonst nicht seine Art ist. Auch Bruder Arbogast hat die Kette bewundert und wollte wissen, woher ich das Band hätte. Kurz nach der Sext trampelte Bruder Osbert in das Scriptorium und drückte sich dort so lange herum, bis ich ihm schließlich die Kette zeigte. Der Vogt des Bischofs und der Bruder Dekan haben sich ebenfalls danach erkundigt.« Goswin lächelte. »Meine Brüder sind neugierig, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum einer von ihnen eine heidnische Gebetskette würde stehlen wollen.«
»Etwas Ähnliches sagte auch Bruder Folbert gestern, als er mir Eure Nachricht ausrichtete«, bemerkte der Burggraf.
»Welche Nachricht?« Bruder Goswin runzelte die Stirn.
»Wer hat Euch erlaubt, meine Kranken zu stören?«, dröhnte Bruder Anselm durch den Raum und setzte ihrem
Gespräch ein jähes Ende. Seine tiefe Stimme weckte einen der siechen Brüder, der mit quengelnder Stimme fragte, ob es schon Zeit für das Frühstück wäre. Anselm gab eine beschwichtigende Antwort, dann eilte er zielstrebig an Goswins Lager.
»Bruder Goswin braucht Ruhe«, sagte der vierschrötige Bruder Apotheker mit Nachdruck und drängte den Burggrafen umstandslos beiseite. »Ihr könnt morgen wiederkommen.« Besorgt fühlte er Bruder Goswins Stirn. Ohne Bandolf einen weiteren Blick zu schenken, begann er Goswins Verband zu lösen und seinem protestierenden Patienten einen weiteren Aderlass schmackhaft zu machen.
Obwohl ihm noch immer einige Fragen auf der Zunge brannten, blieb Bandolf nichts weiter übrig, als das Feld zu räumen.
Der Burggraf hatte Recht gehabt. Garsende war in Ludgers Heim ein vertrauter Anblick, und keiner der Hörigen, die auf dem Hof ihrem Tagwerk nachgingen, hielt sie auf, als sie Pater Emeram langsam über den Hof folgte. Hinter einem leer geräumten Handkarren, der zwischen Haus und Scheune stand und ihr spärliche Deckung bot, blieb Garsende stehen und wartete, bis Pater Emeram im Haus verschwunden war.
Hinter dem Priester durch die Pforte zu schlüpfen war eine spontane Regung gewesen, getrieben von dem Gedanken, die tote Fastrada mit eigenen Augen sehen zu müssen. Doch jetzt fragte sich Garsende, ärgerlich auf sich selbst, was zur Hölle sie eigentlich hier machte? Sie wusste, wo sich die Kammer von Ludger und Fastrada befand, doch wie sollte sie ungesehen dorthin gelangen? Und wenn man sie entdeckte, was sollte sie sagen? »Ich wollte mich nur vergewissern, dass beim Tod der armen Witwe alles mit rechten Dingen zugegangen ist«, hörte sie sich erklären. Sarkastisch
verzog sie die Lippen. Elgard würde sie umgehend aus dem Haus jagen lassen.
Vorsichtig sah sich Garsende um, aber von der Familie war niemand zu sehen.
Sie werden sich in der Halle eingefunden haben, um mit dem Pater Fastradas Beisetzung zu besprechen, überlegte sie. Vielleicht konnte sie doch ungesehen an der Halle vorbeischlüpfen? Garsende klaubte all ihren Mut zusammen, verließ ihre kümmerliche Deckung und ging mit gemessenen Schritten zum Haus. »Ich bin hier, um mein Beileid zu bekunden«, übte sie flüsternd für den Fall, dass man sie im Hof entdeckte.
Ihr Herz klopfte, und ihr Mund war staubtrocken, als sie schnell ins Haus schlüpfte. Die Diele war dunkel, schien jedoch leer zu sein. Durch ein paar Ritzen in der Hintertür fiel ein wenig Licht,
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