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Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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und ihre nach oben gezogenen
Mundwinkel schienen ein Lächeln anzudeuten. In der Tat wirkte sie friedlich. Garsende, die sich an ihre traurige Überspanntheit erinnerte, dachte bei sich, dass der Tod Fastrada die Ruhe und Schönheit geschenkt hatte, die ihr zu Lebzeiten verwehrt geblieben waren. Man hatte Ludgers Witwe in ihre besten Gewänder gehüllt. Das Obergewand aus glänzendem blauen Leinen war am Hals mit einer schön gearbeiteten Adlerspange festgesteckt und fiel in Falten gelegt bis zu den Knöcheln. Saum und Ärmel ihres Unterkleides waren aus feinem, safrangelbem Leinen und mit Seidenfäden bestickt.
    Garsende besann sich darauf, dass sie sich besser beeilen sollte. Sie holte tief Atem. Dann öffnete sie die Spange an Fastradas Hals, zog den Saum auseinander und legte Kehle und Schultern frei. Behutsam schob sie Fastradas Gewand bis zu den Hüften hoch, betastete den Leib, der sich kalt und wächsern anfühlte, und roch an der Haut. Sie suchte nach all den Unregelmäßigkeiten, die ihr helfen mochten, einen Grund für den plötzlichen Tod der jungen Frau zu finden. Doch Fastradas Körper schien unversehrt zu sein. Nichts deutete darauf hin, dass sie von eigener oder gar fremder Hand ums Leben gekommen war. Garsende wollte sich schon abwenden, als eine der Kerzen aufflackerte und das Licht für einen Moment gebündelt auf Fastradas Lippen fiel. Mit zusammengekniffenen Augen beugte sich die Heilerin noch einmal über das Gesicht der Toten und roch an ihrem Mund. Ein schwacher süßlicher Geruch haftete an den Lippen, die unter dem Zinnober kaum erkennbar blau verfärbt waren. Garsende runzelte die Stirn. Der Geruch war zu schwach, zu sehr mit anderen Düften vermischt, um ihn eindeutig bestimmen zu können, doch gab er ihrem Verdacht neue Nahrung. Behutsam hob sie Fastradas Augenlid an. Mit großen schwarzen Pupillen schien ihr das Auge anklagend entgegenzustarren. Hastig und bis ins Tiefste erschüttert,
fuhr Garsende mit bebender Hand über das Lid und schloss es über dem Auge. Einen Moment lang blieb sie wie erstarrt sitzen, unfähig, sich zu rühren, bis ein knarrendes Geräusch von draußen sie aufscheuchte.
    Garsende sprang auf, steckte eilig die Spange wieder am Gewand der Toten fest und glättete die Falten, während sie angestrengt lauschte.
    Doch draußen schien alles ruhig. Dennoch war es sicher besser, wenn sie jetzt ginge. Als sie der Tür zustrebte, blieb ihr Blick auf dem Holzverschlag haften, mit dem die schmale Fensteröffnung geschlossen war. Hier musste Fastrada in der Nacht von Ludgers Tod gestanden und vergebens nach ihrem Gatten Ausschau gehalten haben. Garsende lauschte wieder, und nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass noch immer alles ruhig war, öffnete sie den Verschlag eine Handbreit und spähte einen kurzen Moment durch den Spalt hinunter. Bis auf Tor und Pforte, die von der Ecke des Haupthauses verdeckt waren, konnte man von hier aus den ganzen Hof einsehen, auch die Vorderfront von Scheune und Stall und den Brunnen. Vorsichtig schloss Garsende den Laden und drehte sich um.
    Eine Truhe, die auf der gegenüberliegenden Seite der Bettstatt stand, erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie stand so schief, dass das kleine, gebundene Messbuch, das auf dem Deckel lag, bis zum Rand gerutscht war und herunterzufallen drohte. Garsende biss sich auf die Lippen. Noch hatte niemand sie entdeckt, und wenn sie jetzt ginge und man sie unten vor der Halle erwischte, würde sie wenigstens nicht beim Durchwühlen von Fastradas Eigentum angetroffen werden.
    »Schnöde Neugierde«, schalt sie leise mit sich selbst, als sie schließlich doch vor der Truhe stand und nach dem Buch griff. Und argumentierte gleich dagegen, dass ihre Neugierde gerade jetzt womöglich nicht allzu fehl am Platze sei.

    Wie von selbst schlug das Buch in der Mitte auf und zeigte ihr eine misshandelte Stelle. Jemand hatte eine Seite herausgerissen. Kopfschüttelnd legte Garsende das Buch zurück, und die Truhe wackelte, als sie sich mit einer Hand darauf abstützte. Sie kniff die Augen zusammen, trat einen Schritt zurück und musterte das Möbelstück. Eine lockere Bohle, unter der eine Höhlung zu sein schien, war offenbar der Grund, dass die Truhe nicht gerade stand. Mit einiger Mühe schob Garsende die Truhe auf die Seite, hob die lockere Bohle an und spähte in den Hohlraum hinein. Das Loch wäre groß genug gewesen, um ein kleines Kind darin zu verstecken, doch zu ihrer Enttäuschung war es leer. Sie war schon im

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