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Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Zeit, erklärte er, bevor er sich mit seinem jungen Schreiber im Schlepptau hastig aus dem Staub machte.

    »Hast du noch etwas Neues über den Vorfall im Scriptorium gehört?«, fragte der Burggraf, als sie in die Hachgengasse einbogen. »Was erzählen sich die Leute?«
    Der junge Schreiber zuckte mit den Schultern. »Überall dasselbe, Herr. Zur Matutin war Bruder Goswin noch bei der Messe, aber zur Prim hat man ihn vermisst. Bruder Pothinus schickte jemanden ins Dormitorium, und als man den Bruder dort nicht fand, suchte man ihn im Kapitelhaus. Schließlich sahen sie ihn im Scriptorium regungslos vor seinem Pult liegen. Die Brüder schafften ihn eilends ins Hospiz. Sie vermuteten, dass ein Dieb am Werk gewesen sei, also schauten sie überall im Kapitelhaus, im Dom und in der Silberkammer nach, ob womöglich etwas fehlt. Aber alles scheint noch an seinem Platz zu sein. Die Brüder glauben, dass der Schnapphahn von Bruder Goswin überrascht wurde und unverrichteter Dinge floh, nachdem er ihn niedergeschlagen hatte.«
    »Und wie soll der Dieb ins Kapitelhaus hinein- und wieder herausgekommen sein?«
    Prosperius grinste. »Bruder Wipert schwört zwar Stein und Bein, dass er wie immer alle Türen und Läden geschlossen hat, aber die Domherren scheinen ihm nicht recht zu glauben.«
    »Angenommen, der Bruder Thesaurarius sagt aber doch die Wahrheit«, überlegte Bandolf laut, »dann lässt das doch nur einen Schluss zu.«
    »Herr?«
    »Denk nach, Prosperius. Wenn Bruder Wipert alle Zugänge versperrt hat, dann muss es jemand gewesen sein, der sich im Kapitelhaus frei bewegen konnte oder Schlüssel dazu hatte.«
    »Ihr meint, es war einer der Dombrüder?«, rief Prosperius ungläubig.
    »Oder jemand aus der Bischofspfalz, der einen Schlüssel
zum Dom hat und von dort ins Kapitelhaus gelangt ist«, nickte der Burggraf.
    »Und warum sollte ein Domherr oder einer von den Leuten des Bischofs Schriften und Bücher stehlen wollen?«
    Der Burggraf gab keine Antwort, und Prosperius, dem allmählich dämmerte, welchen Verdacht sein Herr hegte, bekam kugelrunde Augen.
    »Aber das hieße doch …, das würde bedeuten, dass …«, stotterte er.
    »Ganz recht.«
    Der Burggraf verfiel in Schweigen, und auch Prosperius sagte nichts mehr, bis sie den Marktplatz erreicht hatten und Bandolf unschlüssig stehenblieb. Die vielfältigen Gerüche und Geräusche menschlichen Treibens schlugen ihnen entgegen. Obwohl die Buden und Stände, die man anlässlich des großen Jahrmarkts zu Michaeli aufgestellt hatte, längst abgeschlagen worden waren, befanden sich immer noch mehr fremde Händler, Bauern und Handwerker, Wandermönche und Pilger in Worms als gewöhnlich. Sie würden erst weiterziehen, wenn auch der König und sein Hof die Stadt verlassen hatte. Ihre Waren, ihre Geschäftigkeit, ihr Geschrei lockten immer noch Edelleute, Bürger, Hörige, Beutelschneider und Bettler auf die Gassen und erfüllten den Platz mit buntem Leben.
    Bandolf lächelte. Seine Büttel hatten viel zu tun dieser Tage, aber auch der Beutel des Bischofs und sein eigener wurden dabei gut gefüllt. Er würde seine Dienstleute neu ausstatten können, und womöglich konnte er sogar den Bau einer Brücke über den Rhein ins Auge fassen. Für einen Moment geriet sein Entschluss, den er in der vergangenen Nacht gefasst hatte, ins Wanken. Vielleicht sollte er doch lieber alles auf sich beruhen lassen?
    »Wohin jetzt?«, unterbrach Prosperius seine Gedanken.
    Bandolf holte tief Luft. »Zur Pfalz«, sagte er.

    Nachdem sie den Marktplatz überquert hatten, bogen sie in die Andreasgasse ein. Vor der Pforte zum Friedhof der Taufkirche blieb Bandolf wieder stehen und starrte auf den Glockenturm, während sein junger Schreiber neben ihm ungeduldig mit den Füßen scharrte. »Wenn Ihr dem Bischof Eure Aufwartung machen wollt, dann sollten wir uns besser beeilen, Herr«, bemerkte Prosperius nach einer Weile. »Für gewöhnlich empfängt Seine Eminenz nur bis zu seinem zweiten Frühstück kurz vor der Terz. Danach liest er meist die Messe für die Domherren, und anschließend bedarf er wieder einer Stärkung, sonst hält er bis zum Mittagsmahl nicht durch.«
    Bandolfs Blick kehrte zu seinem jungen Schreiber zurück, dessen mageres Gesicht selbst den Eindruck vermittelte, als bedürfe er dringend einer Stärkung. »Woher weißt du das?«
    Prosperius zuckte vage mit den Schultern.
    »Wie auch immer. Wir wollen nicht zum Bischof. Du für dein Teil wirst in die Pfalz gehen und für mich um

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