Die Verschwoerung der Fuersten
ohne Spott anschauten. Sein Lächeln brachte ein Grübchen auf seiner rechten Wange zum Vorschein, und Bertha lächelte unwillkürlich zurück.
»Wer war der Mann bei der Pforte?«, fragte sie ihre ungeduldige Begleiterin, als sie hinter ihr die Treppe zu ihrer Kammer hinaufhastete.
»Bandolf von Leyen, der Burggraf von Worms.«
Armes Kind. Sie wird es am Hof nicht leicht haben, dachte der Burggraf von Worms, während er sich im Garten umschaute.
Der unerwartete Sonnenschein hatte Ritter und Edelfrauen von Heinrichs Gefolge aus der Pfalz ins Freie gelockt. Ein paar Höflinge spielten Ball unter den abgeernteten Obstbäumen, und einige Hofdamen, die bei den Kräuterbeeten zusammenstanden, tauschten wohl den neuesten Klatsch aus. Adalbert, der Erzbischof von Bremen, schlenderte mit einem jungen Benediktinermönch auf dem Pfad neben der Gartenmauer entlang. Zwischen dem kahlen Gebüsch, das Kräuterbeete und Obstbäume voneinander trennte, sah Bandolf die gelben Augen der Domkatze hervorblitzen, als würde sie das Treiben der Männer und Frauen aufmerksam beobachten, und unter der Buche in der Nähe saßen König Heinrich und Rudolf von Schwaben über ein Schachbrett gebeugt. Wegen des aufgeweichten Bodens hatte man die schlichten Schemel und die Holzkiste, die als Unterlage für das Spielbrett diente, mit Brettern unterlegt, aber der unbequeme Aufbau schien dem Eifer der beiden keinen Abbruch zu tun. Rudolf beobachtete den
König unter halb geschlossenen Lidern, und Heinrich sah nicht einmal auf, als Bandolf näher kam und das Knie vor seinem blutjungen Monarchen beugte. Er nickte nur, um anzuzeigen, dass er die Anwesenheit des Burggrafen wahrgenommen hatte, und bemerkte: »Der Herzog hat mich in die Enge getrieben.«
Bandolf stellte sich neben ihn und betrachtete neugierig die Aufstellung der Figuren. Er beherrschte das Spiel, und er besaß selbst ein Schachbrett mit schön geschnitzten Holzfiguren. Er kam jedoch selten dazu, es auch zu benutzen, denn es mangelte ihm an einem würdigen Gegner. Bruder Goswin, den er mit den Regeln vertraut gemacht hatte, war ein miserabler Stratege.
Die meisten Figuren waren bereits aus dem Spiel. Rudolfs schwarzer König stand in der obersten Reihe in der Mitte, neben ihm der schwarze Turm. Seinen Bischof 1 hatte Rudolf in die fünfte Reihe auf das zweite Feld gestellt, wo er Heinrichs weißen König bedrohte. Der weiße König stand in der untersten Reihe auf dem sechsten Feld, und nur der weiße Bischof war noch bei ihm. Heinrichs Turm stand nutzlos im ersten Feld der vierten Reihe, wogegen Rudolfs schwarzer Ritter in günstiger Position in der vierten Reihe auf Heinrichs Zug wartete.
Heinrich hob die Hand und ließ sie zögernd über seinem König kreisen. Unschlüssig biss er sich auf die Lippen. Eine leichte Brise kräuselte sein modisch gestutztes Haar unter dem silbernen Stirnreif und wehte ein Lachen von der Gruppe der Hofdamen herüber. Heinrich hob irritiert den Kopf, und seine Augen trafen auf Rudolfs lauernden Blick. Schnell zog er seine Hand wieder zurück.
Bandolf seufzte verhalten und unterdrückte den spon
tanen Wunsch, sich zugunsten des weißen Königs einzumischen.
Plötzlich huschte ein Lächeln über Heinrichs Gesicht. Er griff entschlossen nach dem weißen Bischof und schob ihn in das fünfte Feld der zweiten Reihe.
»Euer Bischof bedroht meinen König, aber mein Bischof wird ihn schützen«, verkündete er triumphierend.
Bandolf schüttelte unmerklich den Kopf. Rudolf dagegen beugte sich angespannt vor.
»Das wird dem König nichts nützen«, sagte er, »denn nun könnte mein Bischof den Euren schlagen. Und Euer König stünde ganz allein da.«
»Verdammnis«, murmelte Heinrich, als er das Unheil erkannte.
Rudolf griff nach seinem schwarzen Bischof, ohne ihn zu bewegen, während er Heinrich ins Gesicht schaute. Der junge König biss sich auf die Lippen. Rudolf lachte, ließ seinen Bischof wieder los und verschob stattdessen mit einer flinken Bewegung seinen schwarzen Ritter.
»Jetzt habe ich Euch«, sagte er scharf. »Schach dem König!« Das Lachen verschwand aus seinem Gesicht. Er kniff die Augen zusammen und flüsterte: »Euch bleibt nichts anderes übrig, als Euren Bischof zu opfern, wenn Ihr den König retten wollt.«
»Den Teufel werde ich tun und meinen Bischof opfern«, fuhr Heinrich auf und starrte unwillig auf das Spielbrett. »Mein Bischof wird den Euren schlagen.« Gleich darauf schüttelte er den Kopf. Er saß in der Klemme.
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