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Die Verschwoerung der Fuersten

Die Verschwoerung der Fuersten

Titel: Die Verschwoerung der Fuersten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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nicht nach Haus zu seinem Weib.«
    »Und wohin ist er gegangen?«, wollte Bandolf wissen, obwohl er die Antwort schon zu kennen glaubte.
    Der Gerberjunge lachte. »Zum alten Fischerwirt hinter der Rheingasse. Der braut schlechtes Bier, dafür bekommt man es billig. Und die Weiber dort …«, er hob vielsagend die Brauen und pfiff durch seine Zahnlücke. »Na, und wenn dann beim Fischerwirt dichtgemacht wurde, dann ging‘s quer durch die Stadt zum …« Sein Nachbar stieß ihm unsanft den Ellenbogen in die Seite. »Du sollst nichts Schlechtes über die Toten sagen«, zischte er. »Schon gar nicht, wo er doch noch daliegt.« Der Junge blickte bestürzt hinüber zu dem toten Gerber und schlug hastig ein Kreuz.
    »Schon gut«, brummte der Burggraf und dachte bei sich, dass es nicht schwer war zu erraten, wo Schnorr sein Vergnügen gesucht hatte, wenn der Ausschank geschlossen worden war.
    »Hatte Schnorr Streit mit einem von euch? Oder mit jemand anderem, von dem ihr wisst?«, fragte er laut.
    Der Schmalbrüstige reckte sein Kinn. »Schnorr war nicht eben ein freundlicher Kerl, aber so übel, dass man ihm den Hals umdrehen musste, so übel war er nun auch nicht.«
    Die anderen nickten mit Nachdruck.
    Bandolf zog die Brauen zusammen und starrte mit finsterem Ausdruck auf den Toten hinunter. Irgendjemand hatte
Schnorr doch übel genug gefunden, um ihm den Hals umzudrehen. Wem aber konnte der Gerber solch ein Dorn im Auge gewesen sein? Bandolf seufzte.
    »Was geschieht jetzt mit ihm?«, wollte der Nachbar des Gerberjungen wissen.
    »Schickt jemanden zur St.-Rupert-Kirche hinüber, damit man ihn abholt«, antwortete der Burggraf. »Wenn seine Witwe nicht für die Beerdigung aufkommen kann, werde ich für ein Armenbegräbnis sorgen.«
     
    »Du warst mir ja äußerst hilfreich«, brummte Bandolf auf dem Weg zu Schnorrs Hütte, wo er die Witwe befragen wollte.
    »Ich kann doch nichts dafür, Herr«, versicherte Prosperius, dessen Gesicht noch immer die Farbe einer überreifen Birne hatte. »Bei solch einem Anblick stülpt sich mein Gedärm von außen nach innen, und Schleim und Galle kriechen mir in den Schlund und …«
    »Schon gut«, winkte Bandolf hastig ab. Mit Wehmut dachte er an seinen alten Schreiber, der vergangenes Jahr an einem Lungenfieber gestorben war. Just in solchen Dingen war er ihm stets eine große Hilfe gewesen. Der junge Prosperius hingegen … Bandolf seufzte.
    Die Hütte des toten Schnorr duckte sich zwischen den anderen Gerberhütten und machte den Eindruck, als würde sie nur mangelhaften Schutz gegen Regen und Kälte bieten. Die Witwe Gutrun, eine magere Frau mit abgehärmtem Gesicht und schwieligen Händen, empfing den Burggrafen und seinen Schreiber vor der Tür, wo sie auf dem Boden hockte und Roggen spelzte. Es wurde den beiden schnell klar, dass Gutrun weniger Trauer als Zorn über das Hinscheiden ihres Gatten empfand, weil er sie und ihre Kinderschar mittellos zurückgelassen hatte.
    »Immer hat er sich großgetan und aufgeplustert, und
dann ist er hingegangen und hat alles mit schlechten Weibern und Bier durchgebracht«, klagte sie, während sie das unschuldige Getreide wütend bearbeitete. Auf Bandolfs Frage, ob sie wüsste, wer einen Groll gegen ihren Mann gehabt haben könnte, zuckte sie nur uninteressiert mit den Schultern.
    »Wann hast du deinen Mann denn das letzte Mal gesehen?«, wollte der Burggraf wissen. Gutrun runzelte die Stirn, und die Furchen in ihrem Gesicht vertieften sich.
    »Gestern früh. Als er zu den Gruben ging.«
    »Hast du dir denn keine Sorgen gemacht, als er heute Nacht nicht nach Hause kam?«, fragte Prosperius erstaunt.
    Die Witwe lachte bitter auf und warf dem jungen Schreiber einen erbosten Blick zu. »Da hatt ich Bessres zu tun, als mir jedes Mal graue Haare wachsen zu lassen, wenn der nicht heimkam«, giftete sie.
    Prosperius schien krampfhaft bemüht zu sein, nicht auf die dünnen grauen Strähnen zu starren, die unter dem fleckigen Kopftuch der Witwe hervorschauten. Bandolf verbiss sich ein Lachen und wandte sich an die Witwe: »Und als du ihn gestern früh gesehen hast, war Schnorr da anders als sonst?«
    Gutrun schaute ihn verständnislos an, und Bandolf versuchte es anders. »Dein Mann hat seine Grube gestern nach der Sext im Stich gelassen. Hat er dir vielleicht gesagt, wo er nachmittags hinwollte?«
    Gutrun kniff ihre trüben Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »Nichts hat er mir gesagt, Herr. Gar nie nichts. Er hatte einen Brummschädel von seiner

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