Die Verschwoerung der Fuersten
Elgard aufgebracht. Sie machte Anstalten, Rainald hinterherzueilen, doch ein leichtes Kopfschütteln ihres Bruders hielt sie zurück.
»Bei allen Heiligen«, knurrte der Burggraf, der langsam die Geduld verlor. »Ich beschuldige hier niemanden. Ich gebe lediglich wieder, was mir berichtet wurde. Es sollte schließlich in Eurem Interesse liegen, wenn die Wahrheit ans Licht kommt.«
»Dann solltet Ihr die Wahrheit anderswo suchen«, sagte Detmar scharf. »Mein Bruder wurde heimtückisch von einem Dieb und Halsabschneider ermordet. Warum also belästigt Ihr uns mit Euren Fragen?«
»Mein Neffe hat Recht, Burggraf«, mischte Sigurt sich ein und warf Bandolf einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sucht bei dem Gesindel vom Kirchhof nach dem Mörder. Ihr wisst doch noch, worüber wir gestern gesprochen haben?«
Bandolf ging nicht darauf ein. »Je mehr ich darüber erfahre, was Ludger gemacht hat, umso eher kann ich seine
Schritte nachvollziehen, die mich dann vielleicht zu seinem Mörder führen«, erklärte er.
Niemand sagte etwas darauf. Detmar zerrte an seiner Spange und starrte so hartnäckig an Bandolf vorbei, dass der sich fragte, ob er wohl schielte. Elgard tauschte einen fragenden Blick mit ihrem Bruder, der nicht darauf reagierte. Und die Heilerin hatte sich nach vorne gebeugt und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf ihre Hände.
Bandolf nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becher, wischte sich den Bart mit seinem Ärmel ab und überlegte, wie er hier weiterkommen sollte. »Was hatte Ludger mit dem Gerber Schnorr zu besprechen?«, fragte er schließlich übergangslos.
Detmars Finger verharrten abrupt über seiner Spange, und seine Augen wurden schmal.
Garsende hob den Kopf, und Sigurt lachte laut auf. »Ein Gerber? Wirklich, Burggraf. Eure Fragen werden immer absurder.«
Elgard hob kühl die Augenbrauen. »Mein Sohn hatte nichts mit einem Gerber zu schaffen«, erklärte sie.
»Wann soll mein Bruder denn mit einem Gerber gesprochen haben?«, erkundigte sich Detmar. »Und wieso wollt Ihr das wissen?«
»Es war am Tag vor Michaeli. Da hat man Ludger vor Eurem Haus mit dem Gerber Schnorr zusammen gesehen. Hat jemand von Euch das Gespräch vielleicht beobachtet? Womöglich gehört, worum es ging?«
Sigurt lachte. »Woher soll einer von uns wissen, worüber mein Neffe mit einem Gerber gestritten hat? Vielleicht wollte Ludger sich ein Paar neue Schuhe anpassen lassen und hat mit dem Gerber über den Preis einer Kalbshaut verhandelt?«
»Ich habe nicht gesagt, sie hätten sich gestritten«, bemerkte Bandolf und schaute Sigurt aufmerksam an.
Sigurt zuckte mit den Schultern. »Wenn alles in Ordnung gewesen wäre, hätte Ludger mit diesem Gerber gar nicht erst geredet. Deshalb gehe ich davon aus, dass das Gespräch eine Auseinandersetzung war.«
»Hmm«, machte Bandolf, dann fragte er: »Ihr hattet Euch an jenem Tag mit Eurem Neffen und ein paar anderen zur Jagd verabredet, aber Ludger verließ die Jagdgesellschaft schon frühzeitig und kehrte in die Stadt zurück. Warum hat er das getan?«
Von der anderen Seite der Halle ließ die alte Teudeline ein überraschendes Meckern hören. »Ich kann mich gut an diesen Tag erinnern«, kicherte sie. »Es war der Tag vor Michaeli, und Ihr«, sie zeigte mit einem knochigen Finger auf Elgard, »wart wütend darüber, weil Euch niemand von dem Vorhaben unterrichtet hatte. Ihr wolltet, dass Ludger zu Hause bliebe. Keiftet, er solle sich um Wichtigeres kümmern, als sich den Tag mit seinen Vergnügungen zu vertreiben.« Elgard kniff verärgert die Lippen zusammen und warf der alten Dame einen vernichtenden Blick zu, doch Teudeline fuhr unbekümmert fort: »Sigurt hat ein gutes Wort für Ludger eingelegt, und Ihr musstet zähneknirschend nachgeben.« Sie wackelte mit dem Kopf vor und zurück wie ein Täubchen und schaute den Burggrafen listig an. »Ich habe den jungen Tunichtgut gesehen, als er zurückkam. Es dämmerte schon. Er brachte eilig sein Pferd in den Stall, und dann stahl er sich wieder aus dem Haus«, kicherte sie. »Ich vermute, er hatte vor, sich mit einem seiner Liebchen zu treffen, und wollte nicht, dass Elgard oder sein Weib davon erfuhr.«
»Was redet Ihr denn da?«, fragte Elgard ungehalten, doch Bandolf unterbrach sie.
»Und wann ist Ludger später zurückgekehrt?«
Teudeline zuckte nur mit den Schultern, und auch niemand sonst gab Antwort.
»Hat er gesagt, warum er die Jagdgesellschaft so früh verlassen wollte?«, wandte Bandolf sich an
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