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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Street.
    Diesmal war ihm das Glück hold. Remus stand weniger als hundert Schritt von ihm entfernt auf dem Gehweg, als überlege er, welche Richtung er einschlagen sollte.
    Tellman beschleunigte den Schritt und erreichte ihn in dem Augenblick, als er sich nach links wenden und zum Tabakladen hinübergehen wollte.
    Er fasste ihn am Arm.
    »Bevor Sie dahin gehen, würde ich mich gern mit Ihnen unterhalten, Mr. Remus.«
    Remus fuhr hoch, als hätte er ihn zu Tode erschreckt.
    »Wachtmeister Tellman! Was zum Teufel – « Er unterbrach sich mitten im Satz.
    »Ich suche Sie«, beantwortete Tellman die unausgesprochene Frage.
    Remus tat unschuldig. »Was wollen Sie von mir?« Er setzte an, um etwas zu sagen, unterließ es aber. Zu heftige Beteuerungen würden nur das Gegenteil dessen bewirken, was er damit zu erreichen hoffte.
    »Eine ganze Menge«, sagte Tellman beiläufig, ohne Remus’
Arm loszulassen. Er spürte, wie sich dessen Muskeln unter seinen Fingern spannten. »Wir könnten mit Annie Crook beginnen, dann über ihre Entführung ins Guy’s Hospital und das reden, was da mit ihr passiert ist, über den Tod ihres Vaters, den Mann im Regent’s Park und den anderen, mit dem Sie sich im Hyde Park gestritten haben …«
    Remus konnte seine Fassungslosigkeit nicht verbergen. Sein Gesicht war weiß wie ein Laken, feine Schweißperlen standen ihm auf Oberlippe und Brauen, doch er sagte nichts.
    »Außerdem wäre da noch der Kutscher, der versucht hat, die kleine Alice Crook zu überfahren, und sich dann in die Themse gestürzt hat, wo er allerdings ans Ufer geschwommen ist«, fuhr Tellman fort. »Vor allem aber würde ich gern etwas über den Mann erfahren, der im Herbst ’88 mit der Kutsche in der Gegend der Hanbury Street und um Buck’s Row herumgefahren ist und fünf Frauen die Kehle durchgeschnitten hat. Eine von ihnen war Katherine Eddowes, die er am Mitre Square aufgeschlitzt hat, genau da, wo Sie sich gestern am späten Abend aufgehalten haben.« Er hielt inne und verstärkte den Griff seiner Hand, weniger, damit Remus nicht fortlief, sondern um ihn auf den Beinen zu halten, denn es kam ihm so vor, als könne der Mann jeden Augenblick in Ohnmacht fallen.
    Remus zitterte am ganzen Leibe. Er schluckte wie jemand, der kurz vor dem Ersticken steht.
    »Sie wissen, wer Jack ist«, sagte Tellman trocken und fuhr mit rauer Stimme fort: »Er lebt noch … das stimmt doch?«
    Remus nickte heftig, und trotz seiner Angst kehrte eine Art Glanz in seine Augen zurück, fast ein Leuchten. Er schwitzte heftig. »Das wird die Sensation des Jahrhunderts!«, sagte er und leckte sich nervös die Lippen. »Mein Bericht wird die Welt verändern … das schwöre ich!«
    Das bezweifelte Tellman zwar, aber Remus glaubte es ganz offensichtlich. »Wenn wir Jack zu fassen kriegen, genügt mir das«, sagte er ruhig. »Aber Sie sollten besser dies und jenes erklären, und zwar gleich hier an Ort und Stelle.« Da ihm keine hinreichend wirksame Drohung einfiel, unterließ er es, ihn unter Druck zu setzen.
    Der alte Mut kehrte in Remus’ Augen zurück, und er riss sich los. »Ohne mich können Sie nichts davon beweisen! Sie können von Glück sagen, wenn Sie ihn überhaupt zu fassen kriegen!«
    »Vielleicht stimmt ja gar nicht, was Sie behaupten.«
    »O doch!«, versicherte ihm Remus. In seiner Stimme lag Gewissheit. »Mir fehlen nur noch einige Einzelheiten. Gull lebt nicht mehr, wie auch Stephen, der arme Kerl … und Eddy, aber ich werde es trotzdem beweisen. Es ist genug Material da.«
    »Wir werden es beweisen«, verbesserte ihn Tellman streng.
    »Ich bin nicht auf Sie angewiesen.«
    »Aber ja, denn sonst versalze ich Ihnen die Suppe«, drohte ihm Tellman. »Mir ist es einerlei, ob daraus eine Sensationsmeldung wird oder nicht. Die können Sie von mir aus gern haben, aber ich will die Wahrheit aus anderen Gründen wissen, und ich bekomme sie. Ob Sie Ihren Bericht bekommen oder nicht, liegt ausschließlich bei Ihnen.«
    »Lassen Sie uns vor allem von dem Laden hier weggehen!«, drängte Remus, wobei er über die Schulter sah. »Wir können es uns nicht leisten, so lange hier herumzustehen, sonst fallen wir auf.«
    Mit diesen Worten wandte er sich um und ging wieder in Richtung Mile End Road.
    Es war feucht und schwül. Ein Gewitter lag in der Luft.
    Tellman eilte ihm nach. »Erklären Sie mir die Sache«, befahl er. »Und keine Lügen. Ich weiß schon ziemlich viel. Nur darüber, wie das alles zusammenhängt, bin ich mir nicht im Klaren

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