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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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… noch nicht.«
    Remus schwieg eine ganze Weile.
    »Wer ist Annie Crook?«, fragte Tellman, der neben ihm herging. »Und noch wichtiger: Wo hält sie sich gegenwärtig auf?«
    Auf die erste Frage ging Remus nicht ein. »Ich kenne ihren Aufenthalt nicht«, sagte er, ohne ihn anzusehen. Bevor Tellman ärgerlich werden konnte, fügte er hinzu: »Vermutlich ist sie im Irrenhaus. Man hat sie für geistesgestört erklärt und eingesperrt. Ich weiß nicht, ob sie noch lebt. Im Guy’s Hospital gibt es keine offiziellen Unterlagen über sie, aber ich weiß, dass man sie da hingebracht hat und dass sie monatelang dort war.«
    »Und wer war ihr Liebhaber?«, fuhr Tellman fort, während einige schwere Regentropfen fielen und man in der Ferne den Donner über den Dächern grollen hörte.
    Remus verhielt den Schritt so urplötzlich, dass Tellman schon ein ganzes Stück weiter war, bevor er ebenfalls stehen blieb.
    Mit weit aufgerissenen Augen stieß Remus ein hohes, schrilles, hysterisch klingendes Lachen aus. Einige Leute auf der Straße drehten sich nach ihm um.
    »Schluss!« Tellman hätte ihn am liebsten geohrfeigt, das aber hätte noch mehr Aufsehen erregt. »Hören Sie auf!«
    Remus beherrschte sich mit Mühe. »Sie haben ja überhaupt keine Ahnung, Sie raten bloß! Verschwinden Sie. Ich brauche Sie nicht!«
    »Doch, Sie brauchen mich«, widersprach ihm Tellman entschieden. »Sie haben weder alle Antworten, noch wissen Sie, wie Sie daran kommen sollen, denn sonst hätten Sie sie schon. Aber Sie wissen genug, um Angst zu haben. Vielleicht kann ich Ihnen bei der Beschaffung dessen helfen, was Sie noch brauchen. Ich bin bei der Polizei und habe andere Möglichkeiten als Sie, Dinge zu erfahren.«
    »Polizei!« Remus lachte erneut laut heraus, diesmal voll Spott und Wut. »Polizei? Auch Abberline war bei der Polizei – und Warren! Noch dazu in einer hohen Position … immerhin stellvertretender Polizeipräsident.«
    »Das ist mir alles bekannt«, gab Tellman scharf zurück.
    »Natürlich«, stimmte ihm Remus zu und nickte mit leuchtenden Augen. Es regnete heftiger. Die Tropfen waren warm. »Aber wissen Sie auch, was die getan haben? Für den Fall, dass Sie es wissen, muss ich ebenfalls damit rechnen, demnächst mit durchschnittener Kehle in einer von diesen Gassen zu liegen.« Bei diesen Worten tat er einen Schritt zurück, als fürchte er, dass sich Tellman gleich auf ihn stürzen würde.
    »Wollen Sie damit sagen, dass Abberline und Warren in die Sache verwickelt waren?«, fragte Tellman.
    Remus’ Verachtung war vernichtend. »Und wie die das waren! Was glauben Sie, auf welche Weise man das sonst alles hätte vertuschen können.«
    Es war widersinnig. »Das ist doch absurd!«, sagte Tellman, ohne auf den Regen zu achten, der sie beide durchnässte. »Warum sollte Abberline Morde vertuschen wollen? Sein Name wäre in die Geschichte eingegangen, wenn er den Fall gelöst hätte. Wer den Mörder von Whitechapel gestellt hätte, hätte verlangen können, was er wollte!«
    »Manche Dinge stehen noch höher«, sagte Remus geheimnisvoll. Spannung und Erregung lagen wieder auf seinem Gesicht, und seine Augen leuchteten mit wildem Glanz. Der Regen lief ihm über das Gesicht, und seine Haare hingen in nassen Strähnen herab. Erneut hörte man das Grollen des Donners über den Dächern. »Hinter der Sache steckt mehr als Ruhm oder Geld, das dürfen Sie mir glauben, Tellman. Falls sich zeigt, dass ich Recht habe und das beweisen kann, wird das die Geschichte Englands für alle Zeiten verändern.«
    »Unsinn!«, bestritt Tellman seine Worte. Er wollte, dass es nicht stimmte.
    Remus wandte sich ab.
    Tellman fasste erneut nach seinem Arm und zog ihn zu sich heran. »Warum sollte Abberline die schlimmsten Verbrechen decken, die je in London geschehen sind? Er war ein anständiger Mann.«
    »Aus Loyalität.« Remus stieß das Wort rau hervor. »Manche Art von Treue reicht weiter als Leben und Tod, geht so tief, dass sie sich bis in die Hölle erstreckt.« Er führte seine Hand an die Kehle. »Es gibt Dinge, für die manche Leute … ihre Seele verkaufen würden. Abberline war einer von ihnen. Entsprechendes gilt für Warren und den Kutscher Netley – «
    »Was für ein Netley?«, unterbrach Tellman ihn. »Sie meinen Nickley?«
    »Nein, er heißt Netley. Der Name Nickley, den er im Westminster-Krankenhaus angegeben hat, war falsch.«
    »Was hat er denn mit denen zu tun? Er hat die Kutsche kreuz und quer durch Whitechapel gefahren! Er

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