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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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da sicher den Beweis für die Richtigkeit von Mr. Pitts Angaben finden.«
    »Ich weiß was«, sagte sie eilfertig. »Ich bleib ihm auf den Fersen. Kein Greifer merkt was, falls aber doch, denkt er sich nix dabei.«
    »Das können Sie nicht«, hielt er dagegen.
    Sie zog ihre Hand fort. »Und ob ich kann. Zumindest kann ich’s mal probieren. Er kennt mich nich und würde auch nix dabei finden, wenn er mich sieht. Außerdem … Sie können es mir nich verbieten.«
    »Ich könnte Mrs. Pitt sagen, dass sie Sie nicht aus dem Haus lässt«, erklärte er und lehnte sich erneut zurück.
    »Das würden Sie nie tun!« Das Entsetzen auf Gracies Zügen wirkte geradezu komisch. »Soll Mr. Pitt etwa auf alle Zeiten in Spitalfields bleiben? Und was is mit all den Lügen, die man über ihn verbreitet hat?«
    »Schön, aber passen Sie gut auf!«, mahnte er sie. »Halten Sie Abstand. Merken Sie sich einfach, wohin er geht, und kommen Sie nach Hause, sobald es dunkel wird! Gehen Sie in kein Gasthaus.« Er suchte in seinen Taschen, nahm all sein Kleingeld heraus und legte es auf den Tisch. »Sie brauchen Geld für Droschken oder Pferde-Omnibusse.«
    Ihrem Gesicht war deutlich anzusehen, dass sie daran nicht gedacht hatte. Sie blickte ihn an und kämpfte erkennbar mit sich, ob sie annehmen sollte oder nicht.
    »Nehmen Sie schon«, gebot er ihr. »Zu Fuß können Sie ihm nicht folgen. Sollte er wieder die Stadt verlassen, geben Sie die Verfolgung auf, verstanden?« Er sah sie streng an. Sein Magen zog sich zusammen. »Sie steigen mir auf keinen Fall in einen Zug! Niemand würde wissen, wo Sie sich aufhalten! Wenn Ihnen etwas zustieße, wüssten wir nicht einmal, wo wir suchen müssen.«
    Sie schluckte. »Schön«, sagte sie mit kläglicher Stimme. »Ich halte mich daran.«
    Er war nicht sicher, ob er ihr glauben durfte. Verblüfft merkte er, wie groß seine Angst war, dass ihr etwas geschehen könnte. Er setzte an, um ihr zu sagen, dass sie die Sache lieber ganz unterlassen sollte, dann aber ging ihm auf, wie albern das klingen würde. Er hatte kein Recht, über sie zu bestimmen: Sie wäre die Erste, die ihm das klarmachen würde. Außerdem würde sie in dem Fall merken, was er für sie empfand, und das durfte er auf keinen Fall zulassen. Er wusste nicht einmal, wie er selbst damit fertig werden sollte, ganz davon zu schweigen, wie er es ihr erklären könnte. Eine Freundschaft war das Äußerste, was er sich zutraute. Selbst in einem solchen Fall war es nötig, sich in einer Weise zu öffnen, die ihn schmerzen würde. Mit solchen Beziehungen war immer ein Verlust an Unabhängigkeit verbunden, und gerade seine Unabhängigkeit hatte ihm stets ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.
    Dennoch bewunderte er sie wegen ihrer Bereitschaft, Remus an seiner Stelle zu beschatten. Ein Gefühl der Wärme erfüllte ihn beim Gedanken daran. Auch die Gewissheit, jemandem trauen zu dürfen, vermittelte eine Art Sicherheit.
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte er noch einmal.
    »Auf jeden Fall!« Sie bemühte sich, empört zu wirken, sah ihm aber noch eine ganze Weile in die Augen, bis sie schließlich aufstand, um für sich selbst und ihn etwas zu essen zu machen.
     
    Am nächsten Morgen bat sie Charlotte um einen freien Tag und erklärte, sie habe etwas ziemlich Eiliges zu erledigen. Sie hatte sich auch eine plausible Erklärung zurechtgelegt, doch es schien Charlotte ganz recht zu sein, dass sie sich allein verschiedenen Arbeiten im Haushalt widmen konnte, die sie von ihren Ängsten ablenkten. Sofern sie Pläne hatte, selbst etwas in der Angelegenheit zu unternehmen, teilte sie Gracie davon nichts mit.
    Gracie machte sich so bald wie möglich davon. Auf keinen Fall wollte sie in ein Gespräch verwickelt werden, in dem sie womöglich ihre Absichten verriet.
    Es war kurz vor zehn. Sie wusste nicht recht, wo sie um diese Tageszeit Lyndon Remus finden konnte, und beschloss daher, einfach in der Cleveland Street zu beginnen.
    Es war eine lange Fahrt mit dem Pferde-Omnibus. Sie war froh, dass Tellman ihr Geld gegeben hatte, denn das war unerlässlich, doch fühlte sie sich unbehaglich, es angenommen zu haben. Andererseits musste unbedingt etwas unternommen werden, um Mr. Pitt zu helfen, da waren persönliche Empfindungen zweitrangig. Sie und Tellman konnten ihre Beziehung später klären, und falls sich das als zu schwierig erwies, würde sie zusehen müssen, wie sie damit zurechtkam.
    An der Endhaltestelle in der Mile End Road stieg sie aus. Es war fünf nach

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