Die Verschwörung
Thornhill. »Bitte!«
Als alle Männer im Fahrstuhl waren, blickte Winslow seinen Freund ein letztes Mal an. »Manchmal müssen Opfer gebracht werden, Bob. Das weißt du besser als jeder andere. Zum Wohle des Landes.«
Die Fahrstuhltüren schlossen sich.
KAPITEL 58
Als Lee über den Krankenhausflur ging, hielt er den Korb mit den Blumen vorsichtig in beiden Händen. Nachdem Faith sich einigermaßen erholt hatte, war sie in eine Klinik außerhalb von Richmond, Virginia, verlegt worden. Hier wurde sie unter einem falschen Namen geführt, und rund um die Uhr stand ein bewaffneter Wachposten vor der Tür ihres Zimmers. Das Krankenhaus befand sich zum einen weit genug von Washington entfernt, um die völlige Geheimhaltung von Faiths Aufenthaltsort zu gewährleisten, andererseits war es nahe genug, daß Brooke Reynolds sie genau im Auge behalten konnte.
Es war das erste Mal, daß Lee sie besuchen durfte, sooft er Brooke Reynolds auch darum angefleht hatte. Aber die Hauptsache war, daß Faith noch am Leben war und daß es ihr, wie man ihm versichert hatte, von Tag zu Tag besser ging.
Deshalb war er sehr überrascht, als er sich ihrem Zimmer näherte und vor der Tür keinen Posten sah. Er klopfte an, wartete einen Augenblick und öffnete. Das Zimmer war leer, das Bett abgezogen. Einen Moment ging Lee wie benommen auf und ab; dann stürmte er auf den Gang zurück, wo er beinahe eine Krankenschwester umgerannt hätte. Er hielt die Frau am Arm fest.
»Die Patientin in Zimmer 212? Wo ist sie?« fragte er.
Die Schwester warf einen Blick in das leere Zimmer und schaute dann wieder Lee an. Ihre Miene war traurig. »Sind Sie ein Angehöriger?«
»Ja«, log er.
Die Schwester schaute auf die Blumen, und ihr Gesichtsausdruck wurde noch bekümmerter. »Hat Sie denn niemand angerufen?«
»Mich angerufen? Weshalb?«
»Sie ist letzte Nacht verstorben.«
Lee erbleichte. »Verstorben?« murmelte er wie betäubt.
»Aber sie war doch nicht mehr in Lebensgefahr. Sie würde es schaffen, hieß es! Verdammt, was soll das heißen - verstorben?«
»Bitte, Sir, hier sind noch andere Patienten.« Die Schwester nahm seinen Arm und führte ihn vom Zimmer weg. »Ich kenne die genauen Einzelheiten nicht, ich hatte gestern abend keinen Dienst. Aber ich bringe Sie gern zu jemandem, der Ihre Fragen beantworten kann.«
Lee riß seinen Arm los. »Sie kann nicht tot sein. Das war doch nur ‘ne Geschichte! Um sie nicht zu gefährden.«
»Was?« Die Frau schaute ihn verwirrt an.
»Ich übernehme das«, sagte eine Stimme.
Beide drehten sich um und sahen Brooke Reynolds. Sie hielt der Schwester ihre Dienstmarke hin. »Ich übernehme das«, wiederholte sie. Die Schwester nickte und ging schnell davon.
»Verdammt noch mal, was ist hier los?« fragte Lee.
»Gehen wir irgendwohin, wo wir ungestört darüber sprechen können.«
»Wo ist Faith?«
»Nicht hier, Lee. Wollen Sie alles verderben?« Brooke zerrte an seinem Arm, doch Lee rührte sich nicht von der Stelle. Brooke seufzte. Wahrscheinlich wären drei kräftige Männer nötig gewesen, diesen Muskelberg von hier fortzuschaffen.
»Warum sollte ich Sie begleiten?«
»Damit ich Ihnen die Wahrheit sagen kann.«
Brooke fuhr vom Parkplatz, nachdem sie und Lee in ihren Wagen gestiegen waren.
»Ich wußte, daß Sie heute kommen würden, und wollte vor Ihnen im Krankenhaus sein und auf Sie warten. Ich habe es leider nicht ganz geschafft, tut mir leid, daß Sie es von einer Schwester erfahren mußten. Das habe ich nicht gewollt.« Brooke schaute auf die Blumen, die Lee noch in den Händen hielt, und verspürte tiefes Mitleid mit diesem Mann. In diesem
Augenblick war sie keine FBI-Agentin - sie war ganz einfach ein Mensch, der neben einem anderen Menschen saß, dem es das Herz zerriß, wie Brooke wußte. Und was sie Lee zu sagen hatte, würde es nur schlimmer machen.
»Faith wurde ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Ebenso wie Buchanan.«
»Was? Bei Buchanan kann ich’s ja verstehen! Aber Faith kann gar nichts bezeugen!« Lees Erleichterung wurde nur von seinem Zorn übertroffen. Das war doch ausgemachter Blödsinn!
»Aber sie braucht Schutz. Wenn gewisse Leute erfahren, daß sie noch lebt - Sie wissen ja, was passieren könnte.«
»Wann findet der verdammte Prozeß statt?«
»Es wird keinen Prozeß geben.«
Er starrte sie an. »Sagen Sie mir bloß nicht, daß Thornhill, dieses Arschloch, ‘nen hübschen Handel rausgeholt hat. Sagen Sie mir das ja nicht!«
»Hat er nicht.«
»Warum
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