Die Verschworenen
Griff um meine Hand wird fester. »Du weißt es aber, nicht wahr? Alles?«
»Ich glaube schon.«
»Haben die Lieblinge es herausgefunden? Denn dann werden sie bald hier sein …«
»Sie begreifen die Zusammenhänge noch nicht ganz, aber sie haben Angst, den Schwarzdornen zu nahe zu kommen. Deshalb jagen sie euch die Clans auf den Hals und bleiben selbst auf Abstand. Außerdem sind sie im Moment vor allem damit beschäftigt, die Menschen in den Sphären ausfindig zu machen, die Dhalion in sich tragen. Es ist etwas Furchtbares passiert, das ich Quirin verschwiegen habe …«
Ich erzähle Sandor von Sphäre Neumünster und sehe, wie seine Augen sich weiten.
»So viele auf einen Schlag?«, haucht er. In seinem Gesicht zeichnet sich Erschrecken ab, stelle ich erleichtert fest, keine freudige Erregung.
»Es könnten bald noch mehr dieser Epidemien ausbrechen. Quirin hat vor zwanzig Jahren damit angefangen, Kinder zu infizieren. Jetzt beginnen sie allmählich, reif zu werden wie Früchte, eins nach dem anderen.«
»Aber du bist in Sicherheit«, sagt Sandor schnell und streicht über die weiße Narbe auf meinem linken Handrücken. Sie beschreibt eine leichte Kurve zum Knöchel hin. Beinahe wie ein J, das ist mir bisher nie aufgefallen.
»Sind die Kratzer angeschwollen? Waren sie gerötet?«, will er wissen.
»Einige davon, ja.«
»Dann ist alles gut.« Er strahlt. »Du wirst nicht krank werden, Ria, und ich habe wenigstens bei einer Sache Erfolg gehabt.« Sein Mund ist nah an meinem Hals. »Bei der wichtigsten.«
Unversehens wird mir klar, dass ich ihn bisher noch gar nicht gefragt habe, wie seine erste Zeit als Clanfürst verlaufen ist, und ich schäme mich dafür, denn offenbar stehen die Dinge alles andere als gut. Doch bevor ich mich erkundigen kann, finden seine Lippen meinen Mund und mein Denken kommt zum Stillstand.
Danach halten wir einander schweigend fest. Nicht weit entfernt sendet ein Nachtvogel seinen Ruf in die Dunkelheit.
Es wäre ein schöner Moment, gäbe es da nicht noch eine Sache, die mich beschäftigt, seit Quirin dieses Wort erwähnt hat: Familie.
»Sandor?«
Sein Blick umfängt mich. »Liebling?«
Ich werde ihm wehtun müssen, also mache ich schnell. »Deine Familie … wurde getötet, stimmt das?«
Wie erwartet, verdunkelt sich seine Miene. »Ja. Warum?«
»Hattest du Geschwister? Schwestern?« Ich schlucke schwer an meiner nächsten Frage. »Könnte es sein, dass eine von ihnen verschleppt wurde, und …«
Er begreift, worauf ich hinauswill, und lächelt beinahe. Dann schüttelt er den Kopf. »Nein, Ria, wir sind nicht verwandt. Ich hatte zwei Brüder, einer älter, einer jünger. Es war ein Vergeltungsschlag, weil mein Vater an einem Überfall auf einen wichtigen Transport für den Präsidenten beteiligt war. Sie haben ihn verfolgt und …« Er blickt zur Seite, als müsste er so die Bilder nicht sehen, die sich aus der Vergangenheit herandrängen. »Es wurde niemand verschleppt, denn sie waren … alle da, als Vilem mich nach Hause brachte. Er mochte mich und hatte mich an diesem Nachmittag zum Bogenschießen mitgenommen, deshalb war ich fort, als die Sentinel kamen. Danach hat er mich bei sich aufgenommen. Es war für uns beide eine gute Lösung, denn sein Sohn war eins der entführten Babys und wäre ungefähr in meinem Alter gewesen.«
Ich nicke nur. Ich kenne diesen Sohn, glaube ich.
Als ich Sandor nach vier Reisenden frage, drei Männern und einer Frau, die auf der Suche nach Vilem waren, ist er über diese Gesprächswendung sichtlich überrascht, doch er hat sie tatsächlich gesehen.
»Aber sie waren nur kurz bei uns. Quirin hat ihnen erklärt, dass Vilem tot sei, danach sind sie weitergezogen.
Unsere Überraschung ist viel besser als jedes Geschenk , hat Curvellis Begleiterin gesagt und gelacht, damals, in dem Stockwerk unter uns. Sie müssen auf ihre eigene Weise einen Teil der Wahrheit herausgefunden haben. Curvelli weiß jetzt vermutlich, dass er einem Clan entstammt, aber weiß er auch über Dhalion Bescheid?
Ich stelle mir vor, wie sehr sich Vilem darüber gefreut hätte, seinen Sohn noch einmal zu sehen. Wieder eine Geschichte ohne glückliches Ende.
Doch wenigstens eine gute Nachricht gibt es, die Sandor vielleicht noch nicht kennt. »Ich habe Andris zurückgebracht.«
»Wirklich?« Er lacht, drückt mich fester. »Du bist unglaublich! Ich dachte, wir sehen ihn nie wieder! Das ist eine wunderbare Neuigkeit. Wie hast du ihn gefunden?«
Ich erzähle ihm
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