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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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irgendwelche Hufeisen oder so was Ähnliches dran sind, und ich glaube, dass ich nichts in der Art gefunden habe -, aber dann ist noch was Schlimmeres passiert. Es geht um diesen Mann, den Mann, den sie im Fernsehen gezeigt haben. Er ist... « Dann hörte ich ein Klicken, und die Verbindung wurde unterbrochen.
    Ich warf einen Blick auf das Display meines Telefons und wählte die Nummer des Anrufers, die darauf stand. Es klingelte fünfzehnmal, ohne dass jemand rangegangen wäre. Ich legte auf und versuchte es noch einmal, um sicher zu sein, dass ich die richtige Nummer gewählt hatte. Nach dem zwanzigsten Klingeln gab ich auf.
    Offenbar hatte sein Vater oder seine Mutter mitbekommen, dass er mit mir telefonierte, und das Gespräch unterbrochen. Ich stellte mir die schwimmfanatische Eleanor neben dem Telefon vor, wie sie es einfach klingeln ließ. Oder sie schalteten auf leise und warteten darauf, bis endlich das rote Licht aufleuchtete, das signalisierte, dass ich aufgelegt hatte, während Robbie zu weinen anfing und sein Vater sich über seine Tränen lustig machte.
    Eine Woche zuvor wäre ich wahrscheinlich noch zu den Baladines rausgefahren, egal, ob es mitten in der Nacht war oder nicht. Aber so etwas tat nur jemand, der tollkühn war. Oder jemand, dessen Beine nicht so sehr schmerzten, dass er nicht rennen konnte, wenn es nötig war. Bevor ich irgend etwas unternahm, musste ich herausfinden, welchen Mann Robbie in den Nachrichten gesehen hatte. Um diese Zeit gab es keine Lokalnachrichten im Fernsehen, aber wenn die Story wichtig - oder schockierend - genug war, würde sie sicher im Radio kommen.
    »Es ist Mitternacht und dunstig in Chicago, fünfundzwanzig Grad in O'Hare, siebenundzwanzig am Lake, Temperaturen in der Nacht bis auf zweiundzwanzig Grad fallend. Morgen erwartet uns wieder ein heißer Tag. Sammy Sosa hat seine tolle Leistung im Juni durch seinen zwanzigsten Homerun gekrönt, mehr hat's in einem Monat in der Liga noch nie gegeben, aber die Cubs haben heute im Wrigley-Field-Stadion erneut verloren.«
    Ich trommelte ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte herum, während die neuesten Erkenntnisse von Sonderermittler Starr durchgegeben wurden, der Vorsitzende des Repräsentantenhauses Heucheleien von sich gab und der Präsident mit großen Worten den Eindruck von Ehrlichkeit zu erzeugen versuchte. Schließlich wurde über weitere Massenmorde in Ex-Jugoslawien und Unruhen in Indonesien berichtet.
    »Nun zu den Lokalnachrichten: Der Ertrunkene, der spät am gestrigen Tag in Belmont Harbor gefunden wurde, ist mittlerweile als der hispanische Unternehmer Lucian Frenada Identifiziert worden. Es ist noch nicht bekannt, wann oder wie Frenada ins Wasser gelangte; seine Schwester, mit der er zusammenwohnte, hat ihn am Samstag vormittag als vermisst gemeldet. Mrs. Celia Caliente sagt, sie könne sich nicht vorstellen, was ihren Bruder nach Belmont Harbor geführt habe, er habe jedenfalls nicht schwimmen können. Hier ein weiterer Fall aus der Stadt: Der mutmaßliche Mörder... «
    Ich schaltete das Radio aus. Lucian Frenada war tot. Deshalb war er nicht ans Telefon gegangen. Ich fragte mich, wie man einen Mann, der nicht schwimmen konnte, dazu brachte, ins Wasser zu springen. Ich fragte mich außerdem, wie lange es dauern würde, bis ich mich zu ihm gesellte.
    Ich zog eine Bluse an und ging ins Wohnzimmer, um durch die Jalousie hinunter auf die Straße zu sehen.
    Dieser Teil der Racine Avenue ist nicht weit von den In-Kneipen in Wrigleyville entfernt, was bedeutet, dass eine ganze Menge Leute versuchen, hier in der Gegend einen Parkplatz zu finden. Sogar an einem Montagabend schwankten hin und wieder Gruppen junger Männer, die bierselig vor sich hin grölten, die Straße herauf. Ich blieb zwanzig Minuten am Fenster stehen, sah aber niemanden, der zweimal vorbeigekommen war.
    Würde ich, wenn ich einfach zur Haustür hinausging, meinen Wagen holte und nach Oak Brook hinausfuhr, verfolgt werden? Und was würde ich tun, wenn ich dort wäre? Sollte ich vielleicht mit meinen zittrigen Beinen über den Sicherheitszaun klettern, mich wegen Hausfriedensbruchs verhaften lassen und dann behaupten, ich habe lediglich einem zwölfjährigen Jungen zu Hilfe kommen wollen, den seine perfekten Eltern als emotional labil und zur Dramatisierung neigend beschreiben würden? Vielleicht hatten sie damit nicht einmal so unrecht. Möglicherweise brachte mich lediglich meine Abneigung gegen Eleanor und BB dazu, ihren Sohn ernst

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