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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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zurückblieb. »Wie großzügig von dir, Vic. Eigentlich war ich ja stinkesauer auf dich und wollte dich anblaffen, aber das kann ich jetzt wohl nicht mehr machen, oder?«
    »Wenn du BB Baladine zur Schnecke machen würdest, wäre mir mehr gedient. Ich weiß, alle denken, dass ich nur in dieser Scheiße stecke, weil ich einfach zu impulsiv bin, aber glaub mir, ich habe wirklich nur angehalten und einer Frau geholfen, die auf der Straße lag.«
    »Wie die Geschichte gelaufen ist, verstehst wahrscheinlich nur du. Sorg dafür, dass morgen eine Videokamera und ein Nummerncode installiert werden, und lass deinen verdammten Computer hier. Mein Daddy besteht übrigens darauf, dass mich heute abend jemand von seinen Angestellten hier abholt.«
    »Aha, der nächste Kandidat, den deine Mutter als zukünftigen Vater ihrer Enkel ausersehen hat, was?«
    Sie grinste. »Nun, sie gibt die Hoffnung nicht auf. Er heißt Jason Goodrich - klingt irgendwie solide, findest du nicht? Ist einer von diesen Computerfreaks, die schon online auf die Welt kommen.«
    »Wichtiger wäre, ob der Mann auch weiß, wie man einen Mann mit 'ner Automatic entwaffnet. Aber wenn du glücklich bist, soll's mir auch recht sein.«
    Ich ging wieder in mein Büro, um Mary Louise anzurufen. Als ich sie fragte, ob sie Zeit habe, sich um die Sicherheitsmaßnahmen zu kümmern, über die ich mit Tessa gesprochen hatte, druckste sie herum und murmelte etwas von Prüfungen.
    »Mein Gott, Mary Louise. Ich bitte dich doch nicht, einen Monat lang nach Georgia zu gehen. Es würde mir wirklich sehr helfen, wenn du dich um die Sicherung des Büros kümmern könntest. Ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen, aber ich hätte Zeit, heute abend oder morgen früh zu dir zu kommen, um dir alles zu erklären.«
    »Nein!« herrschte sie mich an. »Du wirst nicht in die Nähe meiner Wohnung kommen.«
    »Was um Himmels willen geht da vor sich?« Ich war eher verletzt als erstaunt. »Was habe ich dir getan?«
    »Ich... du... Vic, ich kann nicht mehr für dich arbeiten. Du gehst mir zu viele Risiken ein.«
    »Du hast zehn Jahre Polizeidienst hinter dir, traust dich aber nicht mal, für mich zu Unblinking Eye zu gehen?« Ich knallte den Hörer so heftig auf die Gabel, dass mir die Hand weh tat.
    War es wirklich gefährlicher, für mich als für die Chicagoer Polizei zu arbeiten? Ich lief wütend in dem Raum hin und her. Und das alles, weil sie ihre Kinder keiner Gefahr aussetzen wollte. Ich hatte doch nicht vor, sie als menschliche Schutzschilde zu verwenden.
    Ich blieb vor meinem Schreibtisch stehen. Natürlich. Jemand hatte die Kinder bedroht, das war passiert. Ich griff zum Telefonhörer, überlegte es mir dann aber anders. Wenn BB meine Anrufe mithörte, würde er davon ausgehen, dass Mary Louise mir Bescheid gesagt hatte, und dann würde er den Kindern vielleicht tatsächlich etwas tun. Ich fühlte mich in die Enge getrieben, schrecklich allein. Ich setzte mich hin, stützte den Kopf in die Hände und versuchte, nicht zu weinen.
    »Vic! Was ist denn los?« Tessa beugte sich mit besorgtem Gesicht über mich.
    Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare. »Nichts. Ich hab' nur Selbstmitleid, was nicht gerade gut ist für eine Privatdetektivin. Machst du für heute Schluss?«
    »Ja, mein Verehrer ist da. Ich muss los, sonst hetzt meine Mutter mir das FBI auf den Hals.«
    Sie deutete auf die Tür, und ein Mann kam herein. Er war groß und dunkel, fast so dunkel wie Tessa selbst, hatte ein feingeschnittenes Gesicht und das Selbstbewusstsein, das man bekommt, wenn man nie unter Geldnot gelitten hat. Ich konnte verstehen, warum Mrs. Reynolds einen geeigneten Ehemann in ihm sah.
    »Sitz hier nicht allein herum und brüte vor dich hin«, sagte Tessa. »Wir bringen dich zum Golden Glow oder in 'ne andere Kneipe, wo du ein paar Leute kennst.«
    Ich stand auf. Allmählich beschwerten sich meine Beine nicht mehr über jede Bewegung - vielleicht lag das an meiner täglichen Gymnastik, vielleicht aber auch nur an meinen guten Genen.
    »Im Augenblick ist es keine so gute Idee, sich mit mir abzugeben.« Ich bemühte mich, nicht allzu melodramatisch zu klingen, aber irgendwie hörte ich mich jetzt wichtigtuerisch an. »Außerdem wollte ich sowieso zu einem Priester, also werde ich in guten Händen sein.«
    »Zu einem Priester?« fragte Tessa ungläubig. »Vic! Du machst dich wohl über mich lustig. Nun, bleib jedenfalls nicht zu lang allein hier, ja?«
    Ich folgte ihr zur Tür und sah ihr und

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