Die verschwundene Frau
das Krankenhaus an. Die Frau von der Agentur starrte mich neugierig an und wandte sich dann achselzuckend ab. Wahrscheinlich glaubte sie, ich wolle sie am Lauschen hindern.
Max Loewenthals Sekretärin Cynthia Dowling meldete sich mit ihrer üblichen Freundlichkeit.
»Ich kann mich nicht mehr an den Namen des Chirurgen in der Notaufnahme erinnern«, sagte ich. »Eigentlich sollte ich das, well er polnisch ist, aber ich weiß nur noch, dass jede Menge >Zs< und >Cs< drin waren.«
»Dr. Szymczyk«, half sie mir auf die Sprünge.
Nachdem ich ihr erklärt hatte, was ich wollte, bat sie mich, einen Augenblick zu warten, und suchte nach dem Bericht. Natürlich hatte Dr. Szymczyk keine Obduktion vorgenommen, aber er hatte seine Beobachtungen während der Operation an Nicola Aguinaldo in ein Diktaphon gesprochen. Er hatte abgestorbene Haut am Unterleib erwähnt, aber nichts von ernsthaften Brandverletzungen gesagt. Außerdem hatte er ein paar wunde Stellen oberhalb der Brüste bemerkt, die nichts mit dem tödlichen Schlag oder Tritt zu tun hatten.
Wunde Stellen. Die konnten von einem Elektroschocker stammen, also hatte Veronica Fassler sich die Geschichte vielleicht doch nicht vollends aus den Fingern gesogen. Am nächsten Morgen würde ich ihr fünfzig Dollar geben.
Ich half der Frau von der Agentur halbherzig bei der Arbeit, aber es fiel mir schwer, mich auf die Akten zu konzentrieren. Auf manche Menschen wirkt das Ordnen von Papieren beruhigend, aber ich sah so wenig Sinn in der Welt rund um mich herum, dass ich auch keinen Sinn in diese Papiere bringen konnte.
Am späten Nachmittag, als ich mich gerade zu erinnern versuchte, in welches Jahr und in welchen Ordner die Unterlagen über Humboldt Chemical gehörten, klingelte es. Ich erstarrte und nahm die Waffe in die Hand, bevor ich zur Tür ging. Es überraschte mich ziemlich, Abigail Trant zu sehen, deren honigfarbenes Haar und leicht gebräuntes Gesicht genauso perfekt waren wie zwei Wochen zuvor. Ihr Mercedes Geländewagen stand draußen auf der Straße in zweiter Reihe geparkt. Als ich sie hereinbat, erklärte sie mir, ihr sei es lieber, wenn ich mich in ihrem Wagen mit ihr unterhielte. Ich zögerte einen Augenblick, weil ich fürchtete, dass sie ein Lockvogel sein könnte, doch dann folgte ich ihr hinaus.
»Wissen Sie, dass Robbie Baladine verschwunden ist? Und wenn Sie wissen, wo er ist, könnten Sie ihn dann nach Hause schicken?«
Ich blinzelte überrascht und versicherte ihr, dass ich schon ein paar Tage nichts mehr von Ihm gehört hatte. »Hat Eleanor oder BB Sie zu mir geschickt?«
Sie sah geradeaus und schenkte den Autofahrern, die wütend hupend hinter ihr standen, keine Beachtung. »Nein, ich bin auf eigene Faust hier und hoffe, dass Sie mein Vertrauen in Sie zu schätzen wissen. Wir fliegen am Samstag zusammen mit den Baladines und den Poilevys nach Frankreich, deshalb hat Eleanor mir ganz offen von Robbies Verschwinden erzählt. Sie haben beide das Gefühl, dass Sie Robbie zum Ungehorsam verleitet haben. Ich weiß nicht, ob das der wahre Grund ist, aber jedenfalls habe ich BB wütend darüber sprechen hören, dass er Ihnen das Geschäft verderben oder Sie ernsthaft in Misskredit bringen möchte. Da ich seine Methoden kenne, wollte ich Sie nicht anrufen - es konnte gut sein, dass er Ihre Telefonate mithört. Als wir uns das erste Mal unterhalten haben, habe ich Ihnen, glaube ich, schon gesagt, dass er es nicht leiden kann, wenn ihn jemand aussticht: Aus irgendeinem Grund scheint er das Gefühl zu haben, dass Sie ihn verspotten oder ihm Knüppel zwischen die Beine werfen wollen.«
Ich lachte verächtlich. »Er hat es mir schon fast unmöglich gemacht, meine Arbeit zu erledigen.«
Ein Wagen schoss von hinten an ihr vorbei. Der Fahrer darin beschimpfte sie wüst. Sie schenkte ihm keine Beachtung.
»Ich hatte Teddy gesagt, Global sollte Ihrer Detektei einen Auftrag geben, weil es gut sei, Leute aus der Stadt zu unterstützen. Aber er hat gesagt, Sie hätten sieh geweigert, den Auftrag anzunehmen.«
Mir fiel die Kinnlade herunter. »Dann stecken Sie also hinter dieser Geschichte? Mrs. Trant, das war wirklich sehr nett von Ihnen. Das Problem ist nur, dass dieser Auftrag, den Alex Fisher mir geben wollte, darin bestanden hätte, jemandem eine Falle zu stellen, einem Mann namens Lucian Frenada, der am Wochenende ertrunken ist. Deshalb konnte ich ihn nicht annehmen.«
Sie seufzte. »Das ist typisch Alex. Mir wäre es lieb, wenn Teddy sich nicht so sehr
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