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Die verschwundene Frau

Die verschwundene Frau

Titel: Die verschwundene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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unsinnigen Sachen, oder?« fragte er die Frau. »Vergiss nicht: Wir wissen, wo deine kleinen Jungen sind.
    Sabemos donde estän tuos nihos.«
    Die Tränen liefen der Frau herunter, und sie sprach stockend: »Ich habe Frau nur gesagt, sie hat kein Geld, dann kann auch nicht haben meine Zigarette. Sie faul, arbeitet nicht, kann mir Geld auch später nicht geben.«
    Sie versuchte, sich selbst zu schützen, nicht mich, und sah mich voller Hass an. Hartigan ließ sie los und gab mir eine Ohrfeige. Ich sei eine faule Fotze, sagte er, und sie würden nicht ewig Geduld mit mir haben.
    Wieder gelang es mir gerade noch rechtzeitig, mich zu beherrschen. Allerdings wusste ich, dass ich Coolis bald verlassen müsste, weil ich meine Wut nicht mehr lang im Griff hätte. Wenn ich nicht bald etwas herausfand, was ich gegen Baladine verwenden konnte, würde ich die Sache mit der Näherei aufgeben. Inzwischen hatte ich eine ziemlich klare Vorstellung davon, warum Nicola ins Krankenhaus gemusst hatte, auch wenn ich nicht wusste, wie sie in Chicago zu Tode gekommen war. Doch das reichte noch nicht, um ihre Mörder dingfest zu machen.
    Ich dachte lieber nicht darüber nach, was hinter dem Ausdruck »sie haben sich einen Spaß mit ihr gemacht« steckte, den die Frau vorhin verwendet hatte. Mir war lediglich klar, dass ich schnell etwas herausfinden musste, weil meine mangelnden Sprachkenntnisse oder meine noch mangelnderen Fähigkeiten an der Nähmaschine mich schon bald würden auffliegen lassen. Wie schnell, wurde mir bewusst, als ich bei der Rückkehr in meinen Flügel die Nachricht erhielt, dass Besuch für mich da sei.
    Morrell erhob sich, als ich eintrat - eine altmodische Geste der Höflichkeit, die so wenig mit dem Alltag von Coolis zu tun hatte, dass ich mich sehr beherrschen musste, um nicht loszuweinen. Es war Donnerstag, und wie immer mitten in der Woche war der Besucherraum fast leer.
    Morrell drückte schnell meine Hand, eine so flüchtige Bewegung, dass der Aufseher sie übersah. »Vic, Sie müssen so schnell wie möglich hier raus.«
    Ich pflichtete ihm bei und schilderte ihm, wie die Aufseher mit uns umsprangen.
    Doch Morrell fiel mir ins Wort. »Das ist entsetzlich, Vic, aber ich spreche von etwas anderem. Draußen haben sich ein paar Dinge ereignet. Baladine hat Chicago kurz nach Ihrer Festnahme verlassen und wusste deshalb bis jetzt offensichtlich nicht, was aus Ihnen geworden ist. Aber morgen kommt er aus Europa zurück. Spätestens wenn er in Chicago landet, weiß er, dass Sie hier sind. Und solange Sie in Coolis sind, hat er alle Macht der Welt über Sie.«
    Ich bekam eine Gänsehaut. »Woher wissen Sie das?«
    Er lächelte kurz. »Ich bin Journalist und bemühe mich schon seit geraumer Zeit um Alex Fisher von Global. Ich habe ihr gesagt, dass ich an einem Buch über Sicherheitsdienste arbeite.«
    Sehr zu meinem Ärger spürte ich Eifersucht in mir aufsteigen. In meiner Mischung aus Elend und Angst stellte ich mir den Kontrast zwischen Alex mit ihrer sauberen, glatten Haut und der gepflegten Kleidung und meinem eigenen heruntergekommenen Zustand vor. Es reichte ihr offenbar noch nicht, Murray zu verführen - jetzt musste sie mir auch noch Morrell wegnehmen. Ich murmelte etwas von wegen, sie könne ihm bestimmt einen guten Filmvertrag für sein Buch sichern.
    »Tja, dann sollte ich mir den Vertrag allerdings sichern, bevor sie das Buch liest. Sie hält übrigens viel von Ihnen und meint, es sei schade, dass Sie sich durch Ihre Sturheit immer wieder den Weg zum Erfolg verbauen. Ich habe ihr gesagt, dass Sie nicht in der Stadt sind, Urlaub machen bis zu Ihrer Verhandlung, und ich glaube nicht, dass sie das überprüft hat. Und weil sie immer viel zu tun hat, hat sie mich ohnehin gleich an ihre arme, überarbeitete Assistentin weitergereicht, die noch nicht gelernt hat, Neuigkeiten für sich zu behalten. Wie zum Beispiel die dringende E-Mail, die Baladine Alex gestern geschickt hat und in der er wissen wollte, wo Sie sich seit der Kautionsstellung aufhalten. Sie werden nicht lange brauchen, um rauszufinden, dass Sie hier sind. Haben Sie inzwischen erfahren, was Sie wissen wollten?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe ein paar Dinge herausgefunden, aber noch nicht genug. Es ist ziemlich klar, dass Nicola an Verletzungen gestorben ist, die sie sich hier zugezogen hat, doch ich glaube nicht, dass ich das je beweisen kann. Die Frauen in der Näherei, mit denen Nicola zusammengearbeitet hat, haben furchtbare Angst - der

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