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Die Verschwundenen

Die Verschwundenen

Titel: Die Verschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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wurde.
    Der zuständige Detective des New York Police Departments begrüßte Cotton in der Lobby des Präsidiums. Er war ein rundlicher Mann mit schütterem Haar, der ein wenig zu tumb wirkte, um einen glaubhaften Detective abzugeben. Cotton vermutete, dass der trottelig wirkende Mann in Wahrheit mit allen Wassern gewaschen war – ein Inspektor Columbo, der die Täter durch seine scheinbare Harmlosigkeit übertölpelte.
    Er reichte dem Mann die Hand. »Cotton«, stellte er sich vor. »Wir hatten miteinander telefoniert.«
    Der Detective nickte und erwiderte den Händedruck. »Lowe«, sagte er. »Ich war überrascht von Ihrer Anforderung. Warum interessiert das FBI sich so plötzlich für den Fall? Er liegt seit über einem Jahr bei den Akten, und wir hatten damals bereits eine Anfrage gestellt.«
    »Sie wissen, die Bürokratie – da bleibt schon mal was liegen.« Cotton zwinkerte ihm zu.
    Der Mann musterte ihn von der Seite. Cotton kam zu dem Schluss, dass Detective Lowe mit Humor so seine Probleme hatte.
    »Gehen wir rauf«, sagte Cotton. »Sie können mich unterwegs kurz in den Fall einweisen. Sie haben ihn zu den Akten gelegt?«
    Lowe nickte. »Es gab keinen Hinweis auf ein Verbrechen ... das heißt, das ist nicht ganz richtig. Hinweise gab es schon. Wir wussten nur nicht so recht, wo das Verbrechen lag.«
    Cotton runzelte die Stirn, als sie in den Aufzug stiegen. »Das müssen Sie mir genauer erklären.«
    »Nun«, führte Lowe aus. »Rimes Martin … Rimes ist nicht gerade ein alltäglicher Vorname. Bei unseren Nachforschungen fanden wir keine lebende Person dieses Namens, auch keine, die jemand vermisst hätte. Wir sind also früh davon ausgegangen, dass das Mädchen einen falschen Namen benutzt hat.« Er zuckte die Achseln. »Aber genau das war auch eine gute Erklärung dafür, dass sie einfach wieder verschwunden ist. Wer einmal die Identität wechselt, kann es bei nächster Gelegenheit genauso tun.«
    »Keine lebende Person«, wandte Cotton ein. »Gab es womöglich eine tote Rimes Martin, die vom Alter her zu der Verschwundenen passen würde?«
    »Ja«, sagte Lowe. »Die gab es. Ein Mädchen in Indiana. Aber die ist schon vor zwanzig Jahren als Kind gestorben, mit Totenschein und Grabstätte. Wir haben alles überprüft und uns vergewissert, dass das auf keinen Fall diejenige sein konnte, die hier in New York drei Jahre lang in einem Apartment gewohnt hat. Warum fragen Sie?«
    Cotton zögerte einen Moment, bevor er antworten konnte. Drei Jahre . Die Worte hatten ihn getroffen wie ein Schlag. Die Übereinstimmungen häuften sich. Er war auf der richtigen Spur!
    »Wir ermitteln derzeit in einem vergleichbaren Fall«, sagte er nur. »Eine gestohlene Identität.«
    Lowe nickte. »Wie gesagt, wir haben Ähnliches vermutet. Aber wir konnten ihre Papiere nicht weiter überprüfen, denn …« Er senkte verschwörerisch die Stimme. »In Mrs. Martins Apartment haben wir keinerlei Papiere gefunden, kaum eine Aufzeichnung oder auch nur einen Datenträger.«
    Cotton horchte auf.
    Sie füllten die notwendigen Unterlagen aus, und Cotton bekam die Besitztümer der Verschwundenen vorgelegt. Es waren mehrere Kartons. Cotton räumte alle aus. Er fand Kleidungsstücke, Bücher, Nippes, sogar eine Zahnbürste und Toilettenaccessoires …
    »DNA?«, fragte er Lowe.
    Detective Lowe nickte. »Haben wir erfasst. Kein Treffer in den Datenbanken.«
    Ganz am Ende beförderte Cotton einen Zettel aus einem der Kartons. Er sah aus, als wäre er aus einem Taschenkalender herausgerissen. Eine einzige Telefonnummer stand in krakeligen Zahlen quer darüber. Wahrscheinlich hätte Cotton vermutet, dass der Fetzen Papier zufällig unter die Hinterlassenschaft geraten war, wäre er nicht sorgfältig in einer Plastiktüte verpackt gewesen.
    »Was ist das?«, fragte Cotton.
    »Eine Telefonnummer«, antwortete Lowe.
    Cotton fragte sich, ob er seinen Columbo-Vergleich zurücknehmen musste oder ob dieser Beamte womöglich besonders genial schusselig war.
    Aber schon fügte Lowe hinzu: »Haben wir natürlich auch überprüft. Der Zettel lag unter dem Telefonapparat im Apartment. Es ist die Nummer von Chris Ferreir, einem Privatdetektiv aus Long Island. Wir haben mit dem Mann gesprochen. Er konnte sich weder an eine ›Rimes Martin‹ noch an eine Person erinnern, die der Beschreibung der Verschwundenen entsprach. Er ging davon aus, dass sie seine Nummer herausgesucht hat, um ihn anzurufen, aber nicht mehr dazu gekommen ist.«
    »Sie fanden das

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