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Die Verschwundenen

Die Verschwundenen

Titel: Die Verschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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der nächtlichen Observation bestimmt noch nicht wieder in der Zentrale – nicht nach ihrem Vortrag gestern Abend. Aber er fühlte sich erfrischt und konnte nicht länger liegen bleiben. Zumindest wollte er erfahren, was die Nacht an neuen Erkenntnissen gebracht hatte.
    Aus reiner Gewohnheit nahm er den Autoschlüssel mit. Erst als er seinen Dodge nicht am Straßenrand sah, erinnerte er sich daran, dass der Wagen zur Reparatur war. Er musste die U-Bahn nach Manhattan nehmen, mitten im Gewimmel des New Yorker Berufsverkehrs.
    Eingeklemmt zwischen den anderen Fahrgästen blätterte er in der Zeitung, die er sich an der Metro Station gekauft hatte. Eine Meldung auf Seite drei erregte seine Aufmerksamkeit.
    Surfunfall bei Hampton Bays.
    Long Island war nicht gerade als Surferparadies bekannt, vor allem nicht zu dieser Jahreszeit. Als Cotton weiterlas, ließ ein anderer Teil der Nachricht ihn noch mehr aufhorchen:
    Maklerin aus Lattingtown tot aufgefunden.
    Konnte es Lydiah Bruckner sein? Die füllige Maklerin konnte er sich zwar eher beim Catchen vorstellen als beim Surfen, aber wenn nun bereits die zweite Frau, die mit diesem Fall zu tun hatte, tot aus dem Wasser gefischt wurde, war das mehr als ein Zufall.
    Nachdenklich rollte er die Zeitung zusammen. Er vermisste sein Smartphone.
    An der Chamber Street stieg er aus und eilte die letzten Blocks bis zum Gebäude des Softwareunternehmens Cyberedge, in dessen Kellergeschoss sich die Zentrale des G-Teams verbarg.
    »Hi, Leute!«, grüßte er seine Kollegen, die in kleinen Gruppen zusammenstanden und aufgeregt tuschelten. Er war schon auf halbem Weg zu seinem Arbeitsplatz, als er bemerkte, dass die anderen ihn anstarrten wie ein Gespenst.
    Verunsichert hielt er inne.
    John D. High löste sich aus einem Kreis von drei Agents, mit denen er gerade gesprochen hatte. »Cotton! Wo kommen Sie her?«, rief er laut durch den Büroraum.
    »Ich … äh, warum fragen Sie?«, fragte Cotton verwirrt.
    »Ich dachte, Sie sind mit Decker zusammen.«
    »Sie hat mich gestern Abend nach Hause gebracht und wollte allein weitermachen. Hat Sie das nicht gemeldet?«
    »Cotton.« Mr. Highs sonst so kühle, unbewegte Stimme war voller widerstreitender Empfindungen. »Ihre Partnerin hat sich überhaupt nicht mehr gemeldet – nicht, seitdem Mason von der Diamond Bar losgefahren ist und sie die Verfolgung aufgenommen hat. Philippa Decker ist verschwunden!«
*
    Decker erwachte. Es war kalt, und sie hatte einen eigentümlichen Geschmack im Mund. Sie blinzelte, aber es blieb dunkel, und überall drückte es. Als sie versuchte, sich bequemer hinzulegen, bemerkte sie die Fesseln an ihren Handgelenken.
    Sie lag nicht zu Hause in ihrem Bett – sie saß gefesselt auf einem Stuhl!
    Decker erinnerte sich. Sie war Tom Mason gefolgt, geleitet von dem Sender an seinem Wagen. Er hatte seinen Pick-up in einer Seitenstraße geparkt, und sie hatte aus einiger Entfernung beobachtet, wie Mason ausgestiegen und zu Fuß weitergegangen war. Als sie gerade die Tür öffnen wollte, rollte von hinten ein Wagen heran. Eine junge Schwarze mit kurzen, drahtigen Haaren und einem Kapuzenshirt in Armyfarben sprach sie durch das offene Seitenfenster an.
    »Sorry, Ma'am«, sagte die junge Frau. »Können Sie uns sagen, wie wir zur …«
    Die Schwarze hatte bei der Frage mit der Hand gestikuliert und in einer beiläufigen Bewegung über Deckers Ärmel gewischt. Was die Fremde in ihrer Hand verborgen hielt, wurde Decker erst bewusst, als der Elektroschocker sie traf und ihren ganzen Körper verkrampfen ließ. Sie konnte nicht einmal schreien.
    Benommen bekam Decker noch mit, wie die Frau und ihr Begleiter aus dem Auto stiegen. Sie stießen Decker in ihren Dienstwagen zurück und schoben sie auf den Beifahrersitz durch. Decker fühlte, wie ihr Körper über Cottons Handy streifte, dann einen Einstich am Hals … und dann nichts mehr.
    Jetzt lauschte sie in die Dunkelheit, und ihre Zähne klapperten. Es roch muffig, aber das mochte an der Haube liegen, die man ihr über den Kopf gezogen hatte. Sie fühlte den Stoff an den Haaren und im Gesicht.
    Decker ruckte an den Fesseln. Es schienen gewöhnliche Stricke zu sein.
    Schritte hallten durch den Raum. Dann sagte eine Stimme: »Ihr Idioten! Wieso bringt ihr sie hierher?«
    »Sorry, Boss! Sie haben gesagt, wir sollen sie uns schnappen.«
    »Ja«, sagte die erste Stimme. »Aber nicht hierher bringen. Die Bude lässt sich bis zu mir zurückverfolgen.«
    »Aber es ist ein Versteck, das wir

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