Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht
Erfüllung«. In einer anderen Grafik mit dem Titel »Jungs und Mädchen sind verschieden« steht bei den Mädchen ein Gleichheitszeichen zwischen »Sex« und »persönliche Beziehung«. Bei den Jungs ist es durchgestrichen.
So wird also im Glauben an die Wissenschaft oder an Gott Mädchen und Frauen erklärt, wie sie zu fühlen, was sie zu empfinden haben.
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Von Affen und Ratten
Ihr widerspenstiger rotblonder Schopf stand ein bisschen in die Höhe, während Deidrah neben Oppenheimer saÃ. Sie liebkoste sein Ohr mit ihren Lippen. Sie strich mit dem Mund über seine Brust, küsste seinen Bauch immer wieder und lieà zwischendurch ihre Lippen dort verweilen. SchlieÃlich richtete er sich auf und trollte sich von ihr und ihren Liebesbezeigungen fort. Dabei schaute er jedoch über die Schulter zurück, um zu sehen, ob sie ihm folgte. Genau das tat sie.
Deidrah, das wahrscheinlich schüchternste Affenweibchen im Gehege, begann wieder, sich an seinem weiÃhaarigen Torso zu schaffen zu machen, während sie beide auf einer Betonmauer hockten. Das Gehege war voll mit Leitern, Seilen und diversen Geräten. Auf einmal stürmten drei Affenkinder auf eine Röhre zu, verschwanden darin, schossen auf der anderen Seite wieder heraus und rasten, offenbar auÃer sich vor Freude, zur nächsten Runde wieder nach vorn.
Von einer Plattform auf einem Stahlturm aus beobachtete ich die Tiere zusammen mit Kim Wallen. Der Psychologe und Neuroendokrinologe mit dem silberfarbenen Bart und den strahlenden Augen hat schon viel Zeit hier in Yerkes, einem Forschungszentrum der Emory University in der Nähe von Atlanta, verbracht, wo 2000 Primaten leben. Wir schauten auf die 75 Rhesusaffen der Universität hinunter. Tiere dieser Spezies wurden in den Fünfziger- und Sechzigerjahren anstelle von Menschen mit Raumschiffen ins All geschickt, um herauszufinden, ob wir Reisen zum Mond überleben würden. Als Kind wuchs Wallen auf einer Farm auf, wo sein Vater, ein Psycho loge, sich entschloss, den utopischen Traum von genossenschaftlicher Ziegenzucht zu verwirklichen. Damals begann Wallen, die Sexualität von Tieren zu beobachten. Affen studiert er inzwischen seit Jahrzehnten.
»Weibchen waren passiv. So lautete die Theorie Mitte der Siebziger. Das war die Erkenntnis«, erinnerte er sich an den Beginn seiner Karriere. Deidrahs Gesicht, immer ein biss chen röter als bei den meisten ihrer Artgenossen, leuch tete an diesem Morgen geradezu. Es wirkte vor lauter Lust scharlachrot, als sie es von Oppenheimers Brust hob. »Das vorherrschende Modell war, dass weibliche Hormone auf die weiblichen Pheromone wirken â ihren Geruch verändern und damit ihre Attraktivität für Männchen. Das Männchen initiierte daraufhin die gesamte sexuelle Aktivität.« Was die Wissenschaft unter den Affen erfolgreich übersehen â und damit de facto ausradiert â hatte, war das weibliche Verlangen.
Und man hatte noch mehr übersehen. In dieser Spezies, die unsere Astronauten doubelte, sind Frauen die Rowdies und Mörder, die Feldherren brutaler Kriege, die Herrscher. In Zeitschriftenartikeln der DreiÃiger- und Vierzigerjahre war davon noch die Rede gewesen, doch danach registrierte man es praktisch nicht mehr. Die Artikel gerieten in Vergessenheit, und das entsprechende Verhalten wurde eigenartigerweise nicht wahrgenommen. »Es war ein solcher Schlag ins Gesicht der herrschenden Vorstellung von der dominierenden männlichen Rolle«, sagte Wallen, »dass man es einfach ignorierte.«
Was die meisten männlichen Wissenschaftler erwartet hatten und wohl auch sehen wollten, schien sie blind gemacht zu haben. Wallen hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mit den Fehlannahmen aufzuräumen. In diesem Moment kratzte unter uns ein Weibchen ein anderes heftig, biss ihm ins Bein und schleuderte die schwächere Artgenossin hin und her wie eine Lumpenpuppe. Grauenhaftes Geschrei war zu hören. Vier oder fünf weitere Affen mischten sich ein, attackierten das Opfer, das irgendwie entkam und davonrannte, bis es wieder geschnappt wurde. Die Schreie wurden kläglicher, durchdringender. Die Angreifer drängten sich, anscheinend mordlüstern, um sich dann unerklärlicherweise zu verlaufen. Es kommt oft zu solchen Auseinandersetzungen; Wallen und seinem Team sind die Gründe oft schleierhaft. Zu groÃen Schlachten â wenn eine von einem
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