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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Weibchen angeführte Familie versucht, eine andere zu unterwerfen – kommt es dagegen selten. Wenn doch, gibt es oft Tote: aufgrund von Verletzungen und, wie manche Tierärzte glauben, aus purer Angst und durch Schock. So hat man aus dem Gehege schon öfter Kadaver geborgen.
    Als er darüber nachdachte, dass die Wissenschaft so lange die Augen vor der Lust der Affenweibchen verschlossen hatte, machte Wallen dafür nicht allein vorgefasste Meinungen, sondern auch den Liebesakt selbst verantwortlich. »Wenn man den Geschlechtsakt an sich betrachtet, ist leicht zu sehen, was das Männchen tut: Es dringt in das Weibchen ein. Aber man muss sich wirklich auf die gesamte Interaktion konzentrieren, um all das wahrzunehmen, was das Weibchen macht – und wenn Sie das einmal wirklich bemerkt haben, werden Sie es nie wieder übersehen.«
    Deidrah befingerte Oppenheimers Bauch, streichelte ihn und bemühte sich verzweifelt um seine Gunst. Er ließ sich daraufhin nach vorn sinken und blieb träge in einem Streifen Sonnenlicht liegen. Sie küsste ihn, wo sie nur konnte, auch wieder aufs Ohr. Ihre Gesichtsfarbe grenzte inzwischen an Neon. Sie musste mitten im Eisprung oder kurz davor sein, der Spiegel ihrer sexhungrigen Hormone war jedenfalls hoch. Was ihren Zyklus und den Sex betrifft, liegen Affen zwischen den niederen Säugetieren und dem Menschen: Die Paarung der Rhesusaffen beschränkt sich nicht auf die Zeit um den Eisprung, aber in der Regel ist sie dann deutlich wahrscheinlicher.
    Was sich zwischen Deidrahs Eierstöcken und ihrem Gehirn abspielt, während sie Oppenheimer nachstellt und ihn streichelt, ist erst teilweise geklärt, und wie die Biochemie auf das Verlangen von Frauen wirkt, ist sogar noch komplizierter. Doch im Grunde regen Sexualhormone, die in den Eierstöcken und den Nebennieren produziert werden – Testosteron und Östrogen –, die primitiven Hirnareale an, Bereiche, die nicht weit vom Hirnstamm entfernt liegen und bei allen Spezies, vom Homo sapiens bis zur Eidechse, vorhanden sind. Dieses Hormonbad wirkt auf die komplizierten Systeme der Neurotransmitter, wie beispielsweise Dopamin, die innerhalb des Gehirns Signale übermitteln. Dadurch ändert sich die Wahrnehmung, was – bei Menschen wie Affen, Hunden wie Ratten – Lust erzeugt. Die Überzeugung, Tiere, insbesondere die niedriger als Primaten entwickelten, empfänden keine Lust und ihre Paarung sei so deutlich vorgezeichnet, dass sie praktisch als Sexautomaten agieren, ist falsch. Das sollte Jim Pfaus, ein Neurowissenschaftler der Concordia University in Montreal, mir bald erläutern. Damals bearbeitete Deidrah, auf der anderen Seite des Geheges, Oppenheimers Ohr immer leidenschaftlicher mit ihrem Mund.
    Massig und träge nahmen Oppenheimer und die anderen erwachsenen Männchen nicht in vollem Umfang am Alltag im Gehege teil. Sie gehörten auch zu keiner bestimmten Familie. Sie waren nur Erzeuger – und ihr nebensächlicher Status entsprach ihrer männlichen Rolle in der Wildnis. Dort, in den Bergen oder bewaldeten Niederungen Asiens, lauern erwachsene Männchen am Rand der weiblich geführten Reviere. Die Weibchen laden sie zu sexuellen Zwecken ein. Dann bleiben sie – begehrt, aber zugleich entbehrlich –, bis die Weibchen das Interesse an ihnen verlieren. Danach werden sie verjagt und ersetzt. In seinen Gehegen tauscht Wallen die Erzeuger etwa alle drei Jahre aus. So lange dauert es, bis die Männchen bedeutungslos werden, ihr Charme sich abgenutzt hat und die Häufigkeit der – fast immer von Weibchen initiierten – Kopulationen sinkt. In der Wildnis hält die männliche Attraktivität kaum länger.
    Â»Rhesus-Weibchen sind sehr fremdenfeindlich, wenn es um andere Weibchen geht«, sagte Wallen. »Bringt man ein neues Weibchen ins Gehege, wird es so lange gejagt, bis es stirbt. Handelt es sich dagegen um ein Männchen, zeigen die Weibchen Appetit auf was Neues.«
    Oppenheimer, der Rhesusaffe mit dem hellen Maul und dem rostroten Rücken, sprang noch ein weiteres Mal davon, und Deidrah folgte ihm erneut. Eines ihrer Kinder, noch kein Jahr alt, beeilte sich, ihr nachzukommen. Wallens Assistenten liebten Deidrah: ihren störrischen Pelz, ihre Persönlichkeit, die stille Würde, die sie – wenn auch nicht gerade in diesem Moment – meist ausstrahlte, und ihre Hingabe als Mutter. Im Jahr zuvor hatte ein Aufruhr

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