Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht
Freizügigkeit anstatt bei männlichen bei weiblichen Teenagern als normal betrachtet, würde man Mädchen dafür bewundern und das gleiche Verhalten bei Jungs billig und geschmacklos finden, würde man junge Frauen und nicht junge Männer ermutigen, sich Kerben in den Gürtel zu ritzen, wie würde sich dann das Leben von Frauen und Männern unterscheiden? Wie die äuÃere Erscheinung, die der Evolutionspsychologie als unabänderlich gilt? Diese Art von Fragen interessiert Evolutionspsychologen wie David Buss, Professor an der University of Texas in Austin und einer der bedeutendsten Sexualtheoretiker auf seinem Gebiet, kaum. Er verweigert sich solchen Herausforderungen, indem er massenhaft Beweise dafür liefert, dass man überall auf der Erde männliche Geilheit und weibliche Keuschheit feiert. In seinen Augen belegt diese so weitverbreitete Haltung das vorher Festgelegte, genetisch Codierte. In einem der akademischen Manifeste seiner Disziplin empfiehlt er, sich die ideale Anzahl der Sexualpartner anzusehen, die Collegestudenten im Hinblick auf ihr gesamtes Leben nannten; die wissenschaftliche Auswertung ergab für die Männer einen deutlich höheren Wert als bei den Frauen. Und man solle die auf der ganzen Welt bevorzugten Partner betrachten. Von Amerika bis Zentralafrika legen alle Kulturen bei den Frauen groÃen Wert auf Jungfräulichkeit, Schicklichkeit oder wenigstens ein gewisses Maà an Zurückhaltung.
Belege wie diese findet man in Bussâ Veröffentlichungen zuhauf. Und dann fügt er noch eine andere weltweit verbreitete Tatsache bei der Partnerwahl hinzu: Von Amerika bis Zentralafrika werden gute finanzielle Aussichten bei Männern geschätzt. Damit kommt der Wissenschaftler auch gleich zu einer der zentralen Erkenntnisse der Evolutionspsychologie, die man als »Theorie des elterlichen Investments« bezeichnet. Die Allgemeinheit mag überhaupt keine Bezeichnung dafür kennen. Und den meisten sind ihre Einzelheiten vielleicht nur vage bewusst. Trotzdem hat sich die vermeintliche Gegebenheit aus den akademischen Kreisen über die Medien bis ins allgemeine Bewusstsein verbreitet. Sie wurde komplett übernommen, verinnerlicht und gehört nun zum Allgemeinwissen. Die Theorie elterlichen Investments besagt Folgendes: Männer verfügen über eine unbegrenzte Menge Sperma, während Frauen nur eine begrenzte Anzahl von Eizellen haben. Daher brauchen Männer nicht viel in die Fortpflanzung zu investieren, während Frauen ja nicht nur eine Eizelle, sondern ihren Körper zur Verfügung stellen. Sie nehmen alle Risiken und Mühen von Schwangerschaft und Geburt auf sich, investieren anschlieÃend in das Stillen (in Form von Zeit, erhöhtem Kalorienbedarf und der geringeren Wahrscheinlichkeit, ein weiteres Kind zu empfangen). Wegen dieser ökonomischen Ungleichheit, die natürlich bei unseren prähistorischen Vorfahren mit ihrer ständig gefährdeten Existenz noch deutlich relevanter war als bei uns heutigen Menschen, sind Männer schon seit Urzeiten darauf programmiert, ihr genetisches Erbe zu schützen und zu verbreiten, indem sie ihren billigen Samen verbreiten. Frauen sind dagegen so angelegt, dass sie ihre Investition maximieren, indem sie wählerisch sind und sich einen Mann sichern, der mit einiger Wahrscheinlichkeit gute Gene hat und zugleich auch langfristig für sie sowie ihren Nachwuchs sorgt.
Das bestätigt sich, wo auch immer Untersuchungen gemacht wurden, ob in Sambia, der Region Palästina, Aus tralien, Amerika oder Japan. Die streng ökonomische Ausrichtung dieser Theorie verleiht ihr einen soliden, unbestreitbaren Anschein. Unser Lustempfinden, das unterschiedliche Verlangen, das wir bei den Geschlechtern beobachten, wirkt wie eine unvermeidliche Manifestation evolutionärer Kräfte, die seit Urzeiten wirken. Die Theorie vom elterlichen Investment befriedigt einen unserer dringendsten Wünsche: den nach einfachen Antworten auf die Frage, wie wir zu dem wurden, was wir sind.
Dabei sind die Grundlagen dieser Theorie bestenfalls unsicher. Denn sagt die Tatsache, dass man in Lusaka und New York, in Kabul und Kandahar, in Karatschi und Kansas City von Frauen erwartet, das sittsamere Geschlecht zu sein, irgendetwas über unsere erotische Disposition aus? Könnte die verbreitete Wertschätzung weiblicher Zurückhaltung weniger den biologischen Fakten als vielmehr der weltweiten
Weitere Kostenlose Bücher