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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dominieren, fast als hätten wir wirklich nur darüber gesprochen. Wir debattierten hin und her, ob der Mann kein Fremder sein sollte. Ich fragte sie, wer genau er denn wäre.
    Wir gingen verschiedene Möglichkeiten durch: Er konnte ihre Verabredung sein, jemand, den sie gerade erst kennengelernt hatte. Aber es ließ sich nicht konkretisieren. Letztlich schien es ihrer Denkart und der Variationsbreite der Frauenfantasien eher gerecht zu werden, den Mann bis auf die Macht seines Verlangens gar nicht näher zu beschreiben.
    Wir einigten uns darauf, nichts zu ändern, auch wenn sie ausgesprochen beunruhigt war und die Szene immer noch am liebsten irgendwie abgemildert hätte. Kaum war der Artikel erschienen, stand sie unter Beschuss. Sie bekam Hunderte E-Mails. Oprah Winfrey lud sie in ihre Sendung ein. »Ich bin die Überwältigungs-Tante geworden«, erklärte mir Meana, als ich mich später erneut in Las Vegas mit ihr traf. Die Mauer des Hinterhofs hatte in den Reaktionen auf ihre Thesen die zentrale Rolle gespielt. Und einige dieser Reaktionen waren ziemlich heftig ausgefallen. »Da war Hass. Leute sagten, ich sei Teil der Maschinerie zur Unterdrückung von Frauen. Ich würde Männer zum Vergewaltigen anstiften.«
    Aber es gab auch viele andere Reaktionen. Oprah formulierte ihre eigenen Bedenken bezüglich des HinterhofSzenarios, als sie Meana in ihrer Sendung vorstellte. Aller dings zeigte sie vorab als Einspieler ein aufgezeichnetes Interview mit einer selbstbewussten, ganz normalen Frau, die die Verlockung von Meanas Fantasie bestätigte. Und es kamen auch dankbare E-Mails.
    Â»Viele Nachrichten stammten von echten Powerfrauen, die mir dafür dankten, eine Diskussion über Elemente der Sexualität angestoßen zu haben, die sich nun mal nicht ordentlich ideologisch zuordnen lassen«, meinte Meana erleichtert. »Eine Frau aus der New Yorker Kunstszene verriet mir: ›Ich hätte das, was sie gesagt haben, nicht äußern können, ohne mich zu schämen. Es wäre mir vorgekommen, als ob meine Erotik mich zur gefügigen Mitspielerin eines patriarchalischen Systems machen würde.‹«
    Dennoch blieb die Wissenschaftlerin beunruhigt. Die ganze Aufmerksamkeit hatte etwas Verschüttetes an die Oberfläche gebracht, einen latenten Widerwillen gegen die Erforschung von Sex im Allgemeinen, Scham und Furcht. »Selbst wir, die wir diese wissenschaftliche Arbeit leisten, haben die Sexphobie der Gesellschaft verinnerlicht. Es war gut und schön, solange ich damit allein in meinem Labor war oder mit meinen Studenten. Aber im Scheinwerferlicht? – Nein. Plötzlich fragte ich mich, warum ich eigentlich etwas so Belangloses untersuche? Warum widmete ich mich nicht dem Thema Depression? Oder Suizid? Ich musste mich selbst bremsen. Und ich musste mich streng fragen, was an Sex eigentlich belanglos sein sollte.«
    Sie schwieg kurz. »Was meine feministische Überzeugung angeht, bin ich mir sicher«, meinte sie dann. »Da habe ich das Gefühl, auf festem Boden zu stehen. Was ich in dem Artikel gesagt habe, geht allerdings über die konventionelle, bequeme Art und Weise, von weiblicher Sexualität zu sprechen, hinaus. Über die sanfte Tour, bei der sich hinterher alle gut fühlen, niemand verunsichert ist. Ich glaube nicht, dass meine Äußerungen frauenfeindlich waren. Ich denke auch nicht, dass sie Schaden angerichtet haben. Weiß ich nun, ob bestimmte Konstellationen erregen, nur weil wir in einer Gesellschaft leben, die Frauen entmachtet? Ob bestimmte Fantasien eine Erotisierung der Entmachtung darstellen? Nein, ich weiß es nicht. Aber ich betrachte die Welt aus der feministischen Perspektive. Und dazu gehört eben auch, dass ich Frauen wünsche, dass sie sexuell sie selbst sein können.«
    Das klang fast erleichtert. Als hätte sie beinahe wieder festen Boden unter den Füßen. Das Terrain wirkte noch ein wenig zweifelhaft, irgendwie tückisch. Der Hinterhof war wohl einfach kein guter Standpunkt.
    Erregen die Fantasien, so wie Meana es gesagt hat, nur auf grund der gesellschaftlichen Struktur? Was ist mit den tief liegenden narzisstischen Sehnsüchten, die zum Schuldirektor, zum Gutsherrensohn oder zu Fantasien wie der Vergewaltigung auf dem Flipperautomaten à la Angeklagt führen? Ist das alles eine »Erotisierung der Entmachtung«? Das führte zur naheliegenden Frage: Gesellschaft

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