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Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht

Titel: Die versteckte Lust der Frauen - ein Forschungsbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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den Mechanismen der weiblichen Libido irgendwie verknüpft, aber trotzdem eigenständig sein. Die Fälle, in denen ein Orgasmus eintritt, würden dann nichts anderes als Reibung widerspiegeln, eine mechanische Reaktion.
    Doch die Theorie von den getrennten Systemen war kompliziert und prekär. Sie widersprach dem eher simplen Denken: dass Feuchtsein bedeutet, auch angeturnt zu sein, dass daran eigentlich nichts Neutrales ist, so wie bei Männern, wenn sie hart werden. Schritt für Schritt kam Chivers zu dem Schluss, der, wie sie mir erzählte, eigentlich von vornherein offensichtlich gewesen war: Nämlich dass es möglich sei, von allen möglichen Dingen erregt zu werden, die man in Wirklichkeit jedoch nicht will. Von Sex mit Bonobos in den Hauptrollen, von Sex unter Einsatz von Gewalt.
    Â»Ich begebe mich auf einen schmalen Grat, politisch und persönlich, wenn ich offen über Vergewaltigung spreche«, sagte sie. »Denn ich würde niemals irgendjemand die Botschaft vermitteln wollen, dass er das Recht hat, einer Frau die Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper zu rauben. Erregung bedeutet nicht Einverständnis.«
    Das war eine von Ndulus Fantasien: »Ein gesichtsloser weißer Mann stößt mich an eine Wand und hält mich dort mit seinem Ellbogen fest, während er sich über seinen steinharten Schwanz streicht. Er flüstert mir all die schlimmen Dinge ins Ohr, die er mit meinem Körper anstellen will. Er sagt mir, er würde seinen Schwanz so tief in meine Muschi stoßen, dass ich es im Bauch spüren könne; er warnt mich, wenn ich mich nicht benehme, ruft er seinen Freund rein, der draußen vor der Tür steht, das Ohr ans Holz gepresst, und wie wild masturbiert, damit er kommt und mich auch noch fickt. Ob mir das gefallen würde, fragt er. Ob ich gern zwei heiße Schwänze in mir hätte. Er nimmt mich grob und hart von hinten, im Stehen. Gerade als er anfängt, laut zu schreien, weil er in mir kommt, stürmt sein Freund rein und schiebt sich in meinen Arsch. Beide Männer schreien dermaßen vor Lust, dass es fast klingt, als würden sie schluchzen.«
    So sahen Ndulus Fantasien üblicherweise aus, und die Gewalt, die unbezähmbare Lust und Ekstase der Männer, die in ihr kamen, wurde für sie noch dadurch verschärft – aber zugleich auch schrecklich schmerzhaft –, dass die Männer weiß waren und sie schwarz. Ndulu war in den Siedlungen eines amerikanischen Ölkonzerns in Westafrika und Europa aufgewachsen. Sie hatte ein College im Mittleren Westen besucht und lebte jetzt in New York, wo sie als Grafikdesignerin arbeitete. Im Verlauf ihrer Kindheit und Jugend hatte sie gelernt, dass ihre Hautfarbe, ihre Haare und ihre Gesichtszüge ein Gesamtbild ergaben, das zwischen annehmbar und abzulehnen variierte. Letzteres galt vor allem für ihren Teint. »Im Winter«, so sagte sie, »ist er medium. Aber im Sommer wird er, egal, was ich tue, dunkel. Deshalb mag ich mich im Sommer nicht mal selbst ansehen.«
    Sie erzählte von ihrer Mutter, die sie nie im Zweifel darüber gelassen hatte, dass hellere Haut attraktiver ist als dunkle. In ihrer eigenen Kindheit hatte Ndulus Mutter mitbekommen, wie ihre Mutter stets das blassere Gesicht von Ndulus Tante bewundert hatte. »In schwarzen Familien ist das immer ein Thema. Und auch in Afrika ist es nicht anders. Meine Tante war die Dorfschönheit, weil sie so hell war. Meine Großmutter hat ihre ganze Aufmerksamkeit ihr gewidmet.«
    Als Teenager hatte Ndulu getan, was all die Mädchen in der westafrikanischen Stadt taten und was sie, schon bevor sie auch nur sprechen konnte, von ihrer Mutter gelernt hatte: Sie schmierte sich ein Fett in die Haare, das so hellgelb war wie Vanillesauce, damit diese weniger kraus wirkten. »Das Zeug war nicht so dick wie Butter, aber doch fest und öliger als Butter. Du musstest richtig viel davon nehmen. In der Sonne lief es einem dann am Gesicht runter.«
    Als Erwachsene in New York versuchte sie, sich das Öl abzugewöhnen, indem sie ihr Haar ziemlich kurz trug. Aber ganz aufgegeben hatte sie es noch nicht, und sie rechnete auch nicht damit. »Es ist so üblich. Ich glaube, ich kenne keine einzige schwarze Frau, die es nicht verwendet. Das ist etwas, das wir einfach machen müssen. Damit unser Haar mehr wie das der Weißen aussieht. Ich hasse es, denn es erinnert mich daran, was ich bin und

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