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Die Versteckte Stadt: Thriller

Die Versteckte Stadt: Thriller

Titel: Die Versteckte Stadt: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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verschwand, dann setzten sie sich in Bewegung.
     
    Der Flur, der die Räume des Seitenflügels miteinander verband und der vor dem Musikzimmer endete, lag verlassen da, als sie ihn erreichten. Nur ein schwer einzuordnendes Geräusch drang leise aus dem Musikzimmer heraus - und je mehr sie sich dem Zimmer näherten, desto lauter wurde es. Ein Rascheln wie von einem Hochzeitskleid war das erste, an das Till denken musste, ein Säuseln, Klatschen, Kratzen, Schaben, Klirren.
    Till blieb stehen, als würde eine Kraft ihn daran hindern, weiter zu gehen, aber Max, der einen Schritt vorausgegangen war, sah sich um. „Komm schon“, flüsterte er, „sie werden uns schon nicht bemerken.“
    Er huschte die letzten Schritte bis zur Tür des Musikzimmers und legte vorsichtig die Hand auf das Holz. Die Tür war nicht ganz geschlossen, ein paar Millimeter weit stand der Türflügel auf. Deutlich war jetzt das Schaben und Rascheln zu hören, das aus dem Inneren des Zimmers herausdrang, ein Schnattern, ein heiseres Kreischen und Gurren, ein Kratzen und Schlagen, Scheppern und Reißen.
    Über die Schulter seines Freundes hinweg konnte Till nicht in den Raum hineinblicken. Max stand vorn, den Kopf an den Spalt gepresst. Till hatte ihm eine Hand auf den Rücken gelegt, er fühlte, wie Max ruckartig atmete, wie sein Körper leise vibrierte, wie sich die Rippen durch Max‘ Hemd hindurchdrückten.
    Da drehte sich Max plötzlich um - und sein Gesicht war wie verschoben. Das Auge, mit dem er durch den Spalt geschaut hatte, schien fast ein wenig zugeschwollen.
    „Sieht man was?“ Tills Stimme war nur ein Hauchen, er flüsterte Max direkt ins Ohr. Der nickte, trat einen Schritt zurück und machte den Platz für Till frei. Millimeter um Millimeter schob Till sich nach vorn. Das Schlagen und Kreischen wurde lauter, er konnte geradezu spüren, dass eine heftige Bewegung in dem Raum herrschte, dass Lebewesen dort durcheinanderflogen, Flügelschläge die Luft aufwirbelten, Schnäbel sich ineinander verbissen, Krallen verhakten und Federn gegeneinanderbürsteten.
    Sie haben sich verwandelt, fuhr es Till durch den Kopf. Es sind Vögel. Max‘ Vater ist ein Vogel geworden. Ein Raubvogel groß wie ein Mensch, eine tödliche Bestie, die dich in Stücke reißt, wenn sie dich sieht.
    Sein Herz schien ihm aus dem Mund springen zu wollen, die Eingeweide waren zu einem einzigen Muskel verzogen. Dann war sein Auge an dem Türspalt und er spähte hinein. Im ersten Augenblick erkannte er nicht viel, weil jemand innen an der Tür vorbeiging – doch im nächsten Moment sah er, dass so etwas wie ein Gitter in dem Zimmer aufgebaut worden war. Das musste es gewesen sein, was die Handwerker den ganzen Tag lang dort gemacht hatten! Sie hatten ein einfaches, würfelförmiges Gitter, einen Käfig in dem Zimmer errichtet. Und das Flattern und Kreischen, das man hörte, kam direkt aus diesem Käfig!
    Jetzt sah Till sie auch, die wirbelnden Federn, die gespitzten Krallen und bissigen Schnäbel. Die Tiere wirkten, als ob sie unter Drogen gesetzt worden wären. Die brillante Farbe ihrer Federn schien noch einmal greller zu strahlen. Es waren Papageien, sechs, acht vielleicht zwölf Tiere, eingepfercht zwischen die stählernen Gitterstäbe, die den halben Raum ausfüllten. Innerhalb dieses Käfigs stürzten die Vögel mit einem Hass und einer Unbezähmbarkeit aufeinander los, dass sie sich gegenseitig die Federn und sogar kleine Fleischstückchen aus den Körpern rissen.
    Tills Blick fiel auf eins der Tiere, das dem Ansturm der anderen nicht mehr gewachsen zu sein schien. Es kreischte, die Augen weit aufgerissen, die Flügel schlagend, fast wirkte es wie ein Mensch im Federkostüm, der die Arme ausbreitete, die Brust entblößte und mit roten Krallen sich festzuhalten versuchte. Die anderen Tiere aber schossen, als witterten sie seine Schwäche, immer wieder auf diesen einen Papagei herab, gruben ihre Schnäbel tief ein in das weiße Fleisch ihres Opfers, rissen mit ihren Krallen die weichen Federn heraus, die seine Brust noch schmückten, wühlten das zarte Fleisch auf. Ein Ansturm, dem das verzweifelte Tier nicht lange mehr würde standhalten können, so dass der Tod bereits in seinen Blick gekrochen zu sein schien, während seine Pupillen hin und her zuckten, jetzt zu den Angreifern, jetzt an sich herab, jetzt durch die Gitterstäbe zu den Männern, die um den Käfig herumstanden. Auch zu Bentheim, der – hoch aufgeschossen – gerade dabei war, dem neuen Gast und

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