Die Versteckte Stadt: Thriller
Jahren bereits all die Dinge vorausgesagt, die sie erst vor kurzem entdeckt haben. Alles was er aufgeschrieben hat, ist so eingetroffen.“
Bentheim schaute zur Tür, in der noch immer Julia stand. „Bengt war schneller gewesen - aber zu guter Letzt waren auch alle anderen Menschen auf all das gekommen, was er als erster erkannt hatte. So hatte ihm seine Schnelligkeit, die er ja nur dank seiner besonderen Sprache erreicht hatte, im Grunde genommen gar nichts genutzt. Bengt war vor allem nur eines gewesen: Unendlich einsam.“
Bentheim schaute zurück zu Max, dessen Kopf jetzt tief in das weiche Kissen gesunken war. „Und damit hatte meine Geschichte geendet.“
Till konnte Max‘ große Augen sehen, die aus dem Kissen heraus seinen Vater anschauten.
Bentheim stand auf. „Morgen lesen wir eine andere, okay? Vielleicht gefällt dir die dann besser.“
Max nickte. „Sie hat mir ja gefallen“, murmelte er leise, gab sich dann aber einen Ruck. „Und warum wolltest du uns ausgerechnet diese Geschichte vorlesen?“
Bentheim schaute kurz zu Till, als wollte er ihm etwas sagen, ließ es dann aber doch und wandte sich wieder an Max. „Ich habe über das nachgedacht, was wir neulich besprochen haben. Dass du dir ein paar Gedanken darüber machen sollst, was du aus deinem Leben machen willst. Vielleicht bin ich da ein bisschen streng gewesen. Das tut mir leid. Deshalb wollte ich dir die Geschichte von Bengt einmal vorlesen. Ich bin kein Unmensch, weißt du.“
Max nickte.
„Du sollst nicht denken, dass ich einen Bengt aus dir machen will, Junge.“ Jetzt war auch Bentheims Stimme ganz leise.
“Ich muss mir nichts überlegen?“ Aus Max‘ Stimme war unverkennbar herauszuhören, wie er Hoffnung schöpfte.
Bentheim lachte. „Nein, das habe ich nicht gesagt! Du musst dir das schon überlegen. Ich wollte dir nur zeigen, dass ich schon sehr genau weiß, wie schwierig das alles ist. Was mit Bengt in der Geschichte passiert, ist aber extrem. Das wird dir natürlich nicht gleich widerfahren, nur weil du dich ein bisschen auf deine Zukunft vorbereitest.“
Max richtete sich auf, verwirrt. „Was denn jetzt? Du hast es doch eben selbst gesagt: Bengt war zwar schneller als alle anderen, er hat sie alle abgehängt - aber was hat es ihm gebracht? Er war nur unendlich einsam.“
Bentheim atmete aus. „Junge, Max, ich hab dir eine Geschichte vorgelesen, um deinen Horizont zu erweitern. Willst du mir jetzt erzählen, das überfordert dich, oder was?“
Till sah, wie sich Max‘ Augenbrauen steil nach unten zur Nase zogen, sodass sie ein spitzes V bildeten. „Was soll ich denn jetzt machen? Was ist? War das alles nur eine Falle? Wolltest du prüfen, wie sehr ich mich nach dem richte, was du sagst - während du eigentlich willst, dass ich mich dagegen auflehne?“
‚Was redet er da?‘, dachte Till, dem die eigene Anwesenheit, je länger er in dem Zimmer sitzen blieb, desto unpassender vorkam. Wenn er nicht das Gefühl gehabt hätte, Max beistehen zu wollen, hätte er längst das Weite gesucht. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Julia ihren Platz an der Tür bereits verlassen hatte.
„Ich kann dir nicht abnehmen, was du denken willst, Max.“ Bentheims Stimme war nach wie vor gefasst, aber ihr war auch anzuhören, dass er das, was er sagte, für sehr wichtig hielt.
„Warum liest du mir dann so eine bescheuerte Geschichte vor, Papa? Was willst du mir denn damit sagen?“
Till sah, wie sich Bentheims Hände um das Buch, das er noch immer festhielt, schlossen, wie das Fleisch zwischen den Knöcheln weiß wurde. „Ich will das Beste für dich, Max, und dazu gehört, dass ich dir beibringe, den eigenen Kopf zu benutzen.“
„Ach ja!“ Max war aufgesprungen, er stand jetzt auf seiner Matratze, so dass sein Kopf genau auf der Höhe des Kopfes seines Vaters war. „Das Beste für mich? Du willst doch nur eins, Papa: Mit der Frau in deinem Gartenhaus sein!“
Kaum hatte er das hervorgestoßen, war es, als würde sich eine bleiernde Stille auf das Haus senken. Bentheim wich einen Schritt zurück, als hätten Max‘ Worte ihn mit großer Wucht vor die Brust gestoßen.
Gleichzeitig fuhr Till herum und sprang mit zwei Sätzen zur Tür. In der Diele stand Max‘ Mutter. Ihr Gesicht wirkte, als hätte sich eine unterschwellige Asymmetrie dorthinein geschlichen. Sie hatte eine Hand auf die Brust gelegt, die andere hing schlaff herunter.
Till witschte an ihr vorbei in sein Zimmer und warf die Tür hinter sich zu. ‚Er hat es
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