Die Versteckte Stadt: Thriller
gesagt, er hat es gesagt, er hat es gesagt‘, hämmerte es in seinem Kopf. Bentheim würde ihn rauswerfen, sie waren in seinem Keller gewesen, es war alles vorbei.
Till sprang auf sein Bett, steckte den Kopf unter das Kissen und zog die Decke ganz über sich. Es kam ihm so vor, als ob in seinem Inneren eine kreischende Säge Stahl fräsen würde. Bis ihm mit einem Mal bewusst wurde, dass er sich das schrille Geräusch nicht einbildete, sondern dass es tatsächlich das Haus erfüllte. Es war Max, der schrie. Ein Ton, der nichts mehr mit der Stimme gemein zu haben schien, die Till von ihm kannte.
6
Heute
Es ist eine geräumige Halle mit einer gewölbten Decke. Durch die vergitterten Fenster, die sich an zwei Wänden unterhalb der Decke befinden, fallen schräg Sonnenstrahlen herein, in denen die Staubkörner tanzen. Wände und Decke sind aus Klinkerbausteinen gemauert, die nachträglich grob und weiß übertüncht worden sind. Es riecht nach Schweiß und wenn die S-Bahn über ihre Trasse rattert, unter der sich die Halle befindet, dröhnt das ganze Gemäuer.
Claire hat die Eisentür, die in den Vorraum der Halle führt, einfach aufgezogen. Kein Empfangstresen, keine Empfangsdame - nur ein paar türkische Halbwüchsige, die grinsten, als sie sie sahen.
Wo Herr Barkar trainiere, hat sie sie gefragt und die Jungen haben ihr die Tür gewiesen, die in die Haupthalle führt. Als Claire vor wenigen Minuten die Halle betreten hat, hat sie ihn gleich gesehen. Er stand unterhalb der streifigen Sonnenstrahlen auf einem erhöhten Ring, der Oberkörper entblößt, die Beine in langen weichen Jogginghosen, die Hände mit Bändern umwickelt. Geistesgegenwärtig ist sie hinter einen der Pfeiler zurückgewichen, die die Decke tragen, bevor er zu ihr herübersehen konnte.
„Was soll‘s, Fred“, hört sie die außergewöhnlich belegte Stimme des Mannes mit dem gedrungenen Kopf, der vor Frederik im Ring steht, „du weißt es doch selbst am besten. Lubajew war eine harte Nuss - und du hast ihn mühelos geknackt. Aber was heißt das schon? Was nutzen dir alle Siege, auf die du zurückblicken kannst, wenn dein nächsten Kampf eine Niederlage wird?“
Claire schiebt den Kopf etwas vor, bis sie zum Ring schauen kann.
„Ist gut, Ulli, komm, lass uns weitermachen.“ Frederik hat begonnen, leicht in den Beinen zu federn. Der Mann vor ihm, ein weißhaariger, rundköpfiger Alter mit deutlich gebrochener Nase, hebt seine Hände, an denen so etwas wie kleine Matten befestigt sind. Beinahe liebevoll touchiert er mit der Rechten Frederiks Kopf, zieht die Hand zurück, hält beide Hände vor Frederik hoch - und verfällt ebenfalls in die tänzelnden Bewegungen der Boxer.
Tack tack tacktack - mit leichten Püffen schlägt Frederik gegen die Matten, die der Alte vor seinem Gesicht hin und her hüpfen lässt. Tacktacktacktack - jetzt rotieren seine Fäuste weiter unten wie zwei Kolben, die sich umeinander drehen - da trifft ihn erneut eine Matte am Kopf, so dass er den Rhythmus seiner federnden Sprungbewegungen wieder ändern und von oben schlagen muss.
Ein halbes Dutzend Männer steht um den Ring herum, einige haben die Arme auf den Boden des Rings gestützt, andere halten sich mehr im Hintergrund. Alle Augen sind auf Frederik gerichtet. „Team Barkar“ ist auf ihren T-Shirts und Sweatshirts zu lesen, darunter das Logo eines Hundes mit riesigem Kopf und winzigem Hinterteil, der sein Maul weit aufreißt und die spitz zulaufenden Zähne unter den rotunterlaufenen Augen dem Betrachter entgegenstreckt.
Beinahe eine Stunde lang steht Claire hinter dem Pfeiler und verfolgt das Training. Wenn jemand an ihr vorbeikommt, lächelt sie und keiner kümmert sich um sie. Als die Sonnenstrahlen vor den vergitterten Fenstern langsam schwächer werden, bemerkt sie, dass das Training zu Ende geht. Nur noch Frederik und der Coach sind in der Halle. Sie klettern durch die Seile aus dem Ring, springen auf den Boden, laufen Richtung Ausgang an dem Pfeiler vorbei, hinter dem sie steht.
„Frederik?“
Sie sieht, wie er zusammenzuckt. Beide Männer drehen sich zu ihr um. Frederiks Augen glänzen, der Trainer runzelt die Stirn.
„‘S Okay, Ulli“, murmelt Frederik dem kleinen Mann zu, „ich komm gleich nach.“
Ulli lässt den gedrungenen Kopf nach oben wippen, dreht sich dann aber um und verlässt die Halle. Frederik kommt auf sie zu. Sie sieht, wie er den Mund öffnet, etwas sagen will. Aber Claire will es nicht hören. Es ist fast,
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