Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
verloren hatte, dass ihr
gemeinsamer Weg noch nicht zu Ende war, so wusste er doch ganz tief im Inneren,
dass das nicht stimmte. Er wusste, dass es Schicksal war, dass Menschen
einander verlieren und vergessen, dass es vielleicht sogar eine Strafe für die
vielen fatalen Fehler der Menschen war, eine Reaktion. Denn jede Aktion brachte
auch ihre Reaktion mit sich, und das war eben die Reaktion auf das falsche Handeln
der Menschen nach der großen Klimaveränderung, die eben auch eine Reaktion war,
eine Warnung an die Menschen, dass ihr falsches egoistisches Handeln noch
Konsequenzen haben wird. Das Karma holt einen immer ein, dachte er sich. Es
gibt kein gutes oder böses Karma. Es gibt nur die Reaktionen auf die Aktionen,
und dann gibt es das Schicksal, das aber keineswegs von Geburt an festgelegt
ist, nicht direkt zumindest. Zum Beispiel ist es das Schicksal eines jeden
Menschen, dass er stirbt. Das weiß man schon von Geburt an, irgendwann wird man
sterben. Das steht fest, doch was jedoch nicht fest steht, ist, wie man an
diesem letzten Punkt seines Wegs ankommt, wie sein Weg bis dahin verläuft.
Davor gibt es etliche Aktionen, die den Weg, also auch das Schicksal beeinflussen
und ihre Reaktionen mit sich ziehen. Manche Leute sind so am Ende, dass sie
sagen, ihr Leben habe keinen Sinn mehr. Diese Menschen machen dann meistens den
Fehler etwas zu tun, das man nie wieder rückgängig machen kann, eine Aktion,
die nur eine Reaktion mit sich bringt, den Tod. Das alles ist ein nicht
aufzuhaltender Prozess. Etwas Höheres, das viele der Menschen nicht begreifen.
Das Karma holt einen immer ein. Menschen verlieren und vergessen, vielleicht
weil es wirklich eine Konsequenz für ihr egoistisches Verhalten war. Er konnte
rein gar nichts dagegen tun und er wusste, dass es auch bei ihm und Penelope so
wäre, genauso auch bei Ceela und ihm wäre und ihr gemeinsamer Weg nur vom Flur
bis hierher geführt hatte, obgleich er gehofft hätte eine längere Strecke mit
ihr zu gehen und ihre Eigenart vielleicht eines Tages verstehen zu können.
Sie hielt seine Hand fest, drückte sie einmal kurz und flüsterte leise:
„Danke!“
Mit diesem letzten Wort ließ sie in stehen. Verwirrt und unsicher, wie
er sich nun fühlen sollte, blieb er reglos an seinem Platz. Sie kannten sich
nur so kurz, doch er fühlte eine Verbundenheit zu ihr, er fühlte sich ihr
vertraut und nah. Sie löste ihren Griff und glitt behutsam durch die Menge nach
vorne. Jason half ihr vorsichtig den Weg zur Tür zu finden und bedeutete einem
der anderen Ropeys ein wenig auf sie aufzupassen.
Das Schicksal war nicht so genau zu erklären, wie Jay es dachte. Seine
Ansichten waren seine Ansichten und sie waren durchaus plausibel und in den
meisten Fällen hatte er damit auch Recht, insofern man bei diesem Thema im
Recht oder Unrecht stehen kann. Vielmehr ist es eine Frage des Glaubens und so
steht so ziemlich jeder mit seiner Ansicht im Recht, da jeder seinen eigenen
Glauben hat. Doch das Schicksal ist auf keinen Fall berechenbar. Das ist ein
Punkt, den Jay vielleicht übersehen hatte. Doch, da er vergaß, wie
unberechenbar es sein kann, trafen ihn die nächsten zwei Worte mit einem
heftigen Schlag. Kein Schmerz, keine Enttäuschung. Es war nicht zu beschreiben,
dieses Gefühl, als er seinen Namen aus Jasons Mund hörte. Es war keine pure
Freude, obwohl das sehr nahe kam, doch konnte man sich wirklich freuen, wenn
man gerade erfahren hatte, dass nun mehr fest steht, dass man in ein Reservat
kommt? Nun, das wusste er zwar auch vorher, doch so war es irgendwie ab-gerundeter,
so wurde ihm wieder bewusst, wo er jetzt eigentlich war und wo er als nächstes
hinkäme. Dieses Mischgefühl bestand aus Freude mit einem Hauch von
Niedergeschlagenheit und einem undefinierbaren Beigeschmack, der ihn am ganzen
Leib zittern ließ. Die Freude war einfach zu erklären: Dafür hatte er zwei
Gründe: Er war bei Ceela. Und der zweite Grund war auch der, der die
Niedergeschlagenheit mit sich brachte: Er wusste nun, wo er hingehörte. Sein
Leben nahm wieder Züge eines Alltags an, aber auch nur im Entferntesten, denn
einen wirklichen Alltag brachte das Leben in einem verwilderten Gebiet, in dem
Zivilisation ein Fremdwort ist, bestimmt nicht mit sich.
Hastig drang er nach vorne und war froh, dass er froh war, so dämlich
sich das auch anhörte. Seit langem gab es wieder ein bisschen Hoffnung, seit
langem gab es wieder jemanden in seinem Leben, der ihn vielleicht für längere
Zeit begleiten
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