Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
würde. Freundlich lächelte er, als er an Jason vorbeiging und
sagte:
„Hey Jason!“ Das tat er mit solcher Lebendigkeit, dass auch Jasons
Lächeln zu einem breiten Grinsen wurde und er ebenso freundlich erwiderte: „Hallo
Jay!“
Dann öffnete Jay die Tür und betrat den Raum dahinter. Dieser war
anders als die Säle zuvor, die weiß, streng und so steril waren. Der Raum, in
dem er jetzt stand, war zwar auch weiß, doch an der Wand, auf die man beim Eintreten
blickte, war das Wappen des Venusreservates in voller Pracht und Größe
dargestellt. Dasselbe, das auch Jason in kleinerer Form auf seiner Jacke trug.
Es zog die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ein rundes Wappen mit goldenem Rand,
in den kleine Verzierungen eingraviert waren. In diesem Kreis erstrahlte in
der Mitte die grüne geöffnete Venusfliegenfalle, deren Stacheln oder Zähne in
einem tiefen Rot schimmerten. Sie wurde umhüllt von ihren eigenen Blättern, die
das tiefe Rot der Zähne als Basiston am unteren Ende hatten und nach außen in
einen Farbverlauf übergingen, der von dem puren Rot in zarteres Rotgold und
dann in reines schimmerndes Gold verlief und wie züngelnde Flammen von der
zentralen Mitte der Pflanze, in einem Kreis in alle Richtungen nach außen
wirbelten, bis sie mit dem goldenen Rand verschmolzen. Es sah atemberaubend
aus, so gigantisch. Alles wirkte so echt, als würde man sich verbrennen, sobald
man das Wappen berührt.
Und dann zog etwas anderes Jays Aufmerksamkeit auf sich: Blonde
Korkenzieherlocken, die locker um den schmalen Kopf fielen. Er wusste, dass es Ceela
war. Er drängte sich durch die anderen Ropeys vorbei zu ihr. Bei ihr
angekommen, beugte sich vor, nahm ihre Hand und drückte sie einmal kurz. Dieses
Zeichen, dass sie sich in kurzer Zeit angeeignet hatten, verriet ihr, dass er
es war. Er schaute ihr freundlich in die Augen. Zwar wusste er, dass sie ihn
nicht sah, doch das musste sie auch nicht. Sie lächelte, ihre kristallblauen
Augen funkelten vor Freude, noch einen Tick mehr als sonst. Das Licht der
goldenen Lampen, die in einem Kreis um das Wappen, an der Wand befestigt waren,
spiegelte sich in ihren Augen und ließ sie lebendiger und fröhlicher wirken.
Nachdem nun auch die letzten Ropeys den Raum betreten hatten, der genug
Platz für alle bot, betrat Jason den Saal. Er setzte sich auf einen Stuhl
hinter einem großen Schreibtisch aus federleichtem weißen glattlackierten
Material, der Jay bislang gar nicht aufgefallen war. Auch die, an den Seiten
des Raumes angebrachten, Regale für Bücher waren ihm nicht aufgefallen. Er
hatte nur das Wappen und Ceela wahrgenommen. Moment mal, Bücher? Tatsächlich.
Wer las bitte in dieser Zeit noch Bücher?
Freundlich meldete sich Jason zu Wort:
„So da wir nun endlich unter uns sind, fahr ich nun mit dem Teil fort,
der euch wirklich interessiert, beziehungsweise dem Teil, den man besser nicht
so offen vor den Männern des Personal-Service erwähnt. Also ihr kennt zwar
meinen Namen, aber mich, als Person, kennt ihr kaum. So, ich bin selbst ein
Einwohner des Venus-Reservates, ja genau! Aber ich bin kein Ropey, ich bin ein
normaler Sub-Eclan. Ich bin Sohn eines Sohns eines Sohns eines…okay das geht
jetzt immer so weiter… was ich eigentlich sagen will, ist, dass meine Vorfahren
die Ureinwohner waren, damals hießen sie Amerikaner. Damals hieß auch der
Kontinent Amerika. Das hat sich ja dann alles geändert, wie ihr ja bereits
wisst, nicht wahr? Also, ihr solltet mich nicht zu einem Arbeiter der Regierung
zählen, denn ich finde, was die da in ihren Büros fabrizieren, ist nur Müll.
Sorry, aber so ist es! Ich meine, es ist nicht richtig, nicht fair, Leute wegen
ihrem Aussehen zu benachteiligen, sogar zu misshandeln. Also denkt bitte nicht,
ich würde das unterstützen. So, was gibt es denn noch zu sagen? Ja, also, ah
genau! Ich will euch herzlich in unserer Gemeinschaft willkommen heißen, in der
Venus-Familie sozusagen. Wir werden uns um euch kümmern, ein wenig, doch auf
kurze oder lange Sicht müsst ihr alleine mit dem Leben in einem Reservat
klarkommen, verstanden? Wir garantieren nicht, dass ihr ein Jahr durchhaltet,
das tun nur knappe 30%. Hart, aber wahr und ihr müsst euch damit abfinden, dass
ihr euer altes Leben nie wieder zurückbekommen werdet! Versteht ihr? Ihr müsst
die Vergangenheit hinter euch lassen, denn jetzt beginnt ein neues Kapitel! Ihr
werdet jeden Tag mit wilden Tieren und bestialischen Pflanzen konfrontiert
sein, mit giftigem Essen oder gar
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