Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
ihrem Bett, während ihr Kopf sich schon wieder ausmalte was morgen alles
Grausames geschehen könnte. Es war ein nie endender quälender Fluch, der sie
immer das Schlimmste befürchten ließ…
Kapitel 26
Es war noch dunkel. Schlaftrunken trugen sie ihre Füße über den
holprigen Waldboden. Sie fror nicht mehr, die Kälte zog an ihr vorbei, sie
hatte sich dick angezogen. Als sie aufwachte, lag die Kleidung bereits neben
ihrem Bett, Miranda saß bei ihr und half ihr in die neuen Sachen hinein, was
ihr ziemlich unangenehm war. Egal, es war besser so, als zu frieren. Sie trug
eine enge khakifarbene Hose und ein enges schwarzes Shirt, darüber einen
schwarzen Anorak und die Schuhe, die sie immer trug, die hoch geschnürten
Lederstiefel. Graue Nebelschwaden verschleierten das Sichtfeld, doch das merkte
sie natürlich nicht. Bald würde sie da sein. Eine unfassbare Angst stieg in ihr
hoch und setzte sich fest.
Was passiert gleich?
Sie musste zittern, nicht vor Kälte, vor der blanken Angst. Ihre Knie
wurden weich und sie befürchtete, dass jeder nächste Schritt der letzte sein
konnte. Sie würde umkippen.
Nein! Bleib stark! Du darfst nicht…!
Vorsichtig setzte sie immer einen Fuß vor den anderen. In Wäldern
konnte sie sich gut orientieren, wegen den Bodenunebenheiten und dem Wind, der
teilweise von Bäumen abgeschirmt wurde, was ihr half zu schätzen wo sich Dinge
befanden und wo nicht. Dennoch lief sie immer langsam und trug Schutzes halber
ihre Hände ein Stück vor ihrem Körper. Aber nun lief sie gebückt, verängstigt,
verunsichert und hilflos, sie irrte vor sich hin und war nicht mehr in der Lage
ihre Sinne zu schärfen, um Hindernisse zu lokalisieren. Das konnte eine
tödliche Falle sein. Sie konnte fallen und verloren gehen, dann würde sie sich
etwas brechen und hier womöglich erfrieren oder verhungern, je nachdem was
schneller eintrat.
Ceela! Reiß dich zusammen! Beruhig sich! Konzentrier dich!
Flüsterte sie sich selbst zu. Doch es half nichts. Ihre Glieder gaben
manchmal kurz nach und sofort spürte sie den Gleichgewichtsverlust.
Ich muss mich zusammenreißen! Verdammt, warum ist das so schwer…?
„Ceela!“
Jays Stimme durchschnitt die Stille. Dann packte sie eine Hand an der
Schulter und brachte sie zum Stillstand, ohne das Taumeln. Dann umschlossen
seine Arme sie.
Oh mein Gott! Er hat überlebt! Überwältig vor Freude stiegen ihr
Tränen in die Augen.
„Alles ist gut. Ich bin jetzt wieder bei dir.“
Seine warme, zärtliche Stimme half ihr endlich wieder einen klaren
Gedanken fassen zu können. Erleichtert atmete sie auf, musste aber noch einen
Klos im Hals unterschlucken bevor sie in der Lage war zu antworten. Ihre Stimme
war immer noch zittrig, aber sie bemühte sich deutlich zu sprechen:
„Danke. Ich bin so froh, dass du da bist.“
Sie verweilten in der Umarmung. Diesen Moment schien die Zeit still
stehen, sie lagen sich noch endlos in den Armen.
„Ich will nicht wieder dahin“, flüsterte Ceela.
Verwundert löste Jay sich aus der Umarmung.
„Wohin?“
„Auf den Trainingsplatz…“, hauchte Ceela.
„Ceela, da waren wir doch noch nie. Das ist heute das erste Training.“
Was? Nein! Das kann unmöglich ….Nein!
„Aber gestern waren wir doch…“ Ihre Stimme wurde wieder weich und
zittrig vor Angst.
„Alles ist gut. Du hast wahrscheinlich einfach schlecht geträumt, es
ist alles im Moment ein bisschen viel. Beruhig dich wieder, alles ist gut, ich
bin da.“
„Nein! Nichts ist gut…“ Ihre Stimme bebte und aus ihren klaren Augen
liefen glitzernde Ströme von Tränen.
Er umarmte sie und nuschelte ein paar beruhigende Silben. Aber sie
konnte sich nicht beruhigen. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum konnte er
sich nicht erinnern?
Ceela reiß dich endlich mal zusammen! Du musst das jetzt
durchstehen!
Nach einer langen Umarmung waren ihre Augen fast ausgetrocknet, weil
sie sämtliche Flüssigkeit ausgeheult hatte. Beschämt wischte sie sich die
letzten feuchten Spuren auf ihren Wangen weg und versuchte sich zu fassen.
„Vorwärts!“, zischte eine strenge Stimme.
„Wir gehen ja schon!“, zischte Jay zurück und gab Ceela seine Hand.
Dann spürte Ceela ein Zucken, als der Mann, der streng hinter ihnen
stand, Jay einen Knüppel in den Rücken schlug. Jay knickte ein und fiel vor auf
die Knie. Von seinem Rücken tropfte eine dünne Blutspur unter dem dicken Anorak
hervor. Ceela erschrak, als seine Hand aus ihrer glitt.
„Jay?“ Ihre Stimme klang
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