Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
rauschte erbarmungslos auf sie zu und würde sie in die Tiefe
ziehen. Wut, Trauer, Enttäuschung! Doch am schlimmsten war die Angst, die Angst
vor dem Unbekannten, die Angst vor der Einsamkeit! Sie fühlte sich erniedrigt,
fühlte sich schwach und zerbrechlich. Am liebsten würde sie einfach in sich
zusammen sinken und das ganze Kissen vollheulen. Doch das durfte sie nicht. Sie
musste die Zeit, die sie noch mit ihren Freunden hatte, nutzen, durfte sie nicht
für Selbstmitleid vergeuden. Sie fand neuen Mut, mit dem Gedanken, dass es
ihnen hier vielleicht gut gehen könnte, dass es ihnen hier besser ging. Doch
wem machte sie etwas vor? Diese Dorfbewohner ließen sie gegeneinander kämpfen,
hetzten Bestien auf sie und stahlen die Erinnerungen unschuldiger Menschen.
Hier würden sie niemals sicher sein. Doch, was sollte sie tun? Sie musste fort,
sie hoffte einfach, dass Sir Lideon sich an sein Versprechen hielt und sie in
Frieden ließ. Sie musste einfach hoffen. Mit letzter Kraft presste sie noch
einmal ein Wort heraus:
„Jay…“, flüsterte sie erschöpft.
Olivia sprang sofort auf.
„Ich werde ihn holen, dauert nicht lange.“ Dann war sie auch schon
durch die Tür verschwunden.
Kapitel 45
„Olivia hat mir erzählt was los ist…“, waren seine Worte, als er
eintrat.
Nur Ceela befand sich noch in diesem Raum, sie hatte die anderen
gebeten unter vier Augen mit ihm zu reden. Ihr Magen krampfte bei diesen Worten.
Wie sehr hatte sie sich gewünscht, er wäre nicht mehr sauer! Wie sehr hatte sie
sich gewünscht, er hätte ihr vergeben. Sie fühlte sich als hätte man ihr das
Herz rausgerissen und auf dem Boden zerschmettert. Mit sanften Schritten
näherte er sich ihrem Bett, setzte sich neben sie und legte den Arm um sie. Er
drückte sie an sich, küsste sie auf die Stirn.
„Es tut mir so leid! Ich kann dir nicht sagen wie sehr…Wenn ich gewusst
hätte, dass es so ernst steht…Ach verdammt… Ich konnte es nicht begreifen, aber
du hattest Recht, du hattest ja so Recht!“
Sie spürte wie sich ihr Herz wieder zusammenflickte und strahlte und
zurück an seinen Platz sprang, spürte wie sich ein Knoten in ihr löste und
zersprang, wie eine Last von ihr fiel. Sie war so erleichtert, dass er da war
und dass er nicht mehr sauer war. Sie vergrub ihr Gesicht in seiner starken
Brust und weinte, sie weinte unerbittlich. Schluchzend versuchte sie zu
erklären, dass sie nur alle beschützen wollte, aber so wahnsinnige Angst hatte.
Er saß einfach nur da und hörte ihr zu, hielt ihre Hand und drückte sie an
sich. Das war alles was sie brauchte! Als sie sich langsam beruhigte, schob er
sie ein Stück weg und flüsterte:
„Ich muss dir etwas sagen…“
Sie wischte sich die letzten Tränen ab und nickte schwach.
„Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll, aber ich werde mit dir
kommen. Ich werde mit dir diese Mission erfüllen! Wir werden zusammen bleiben,
ich verspreche es dir.“
Da waren die Tränen wieder, doch diesmal waren es Freudentränen, sie
war so überwältigt, so unglaublich glücklich, dass sie alles nicht alleine
durchstehen musste. Ein lautes Hämmern ließ sie aufschrecken. Jay sprang auf
und eilte zur Tür, öffnete sie einen Spalt, dann wurde sie von außen
aufgestoßen und Jay stolperte erschrocken zurück. Sir Lideon trat ein, steuerte
auf das Bett zu, in dem Ceela lag. Jay holte ihn ein und setzte sich zu Ceela,
ehe der alte Mann bei ihr war. Sir Lideon funkelte ihn finster an.
„Da sind sie also, die Auserwählten. Zumindest die erste Wahl,
vielleicht folgen euch noch ein paar, hm?“ Er lachte herzlich und Ceela wusste
nicht, was sie davon halten sollte. Sie setzte sich auf, sie wollte nicht, dass
er sie so schwach sah.
„Was wollen sie hier, Sir?“, zischte sie.
„Nun, ich bin hier, um euch zu informieren, dass in einer Stunde jemand
hierher kommen wird und euch abholen wird, ihr werdet in euer neues Lager
gebracht. Seid bis dahin bitte fertig mit dem ganzen Abschied und habt bis
dahin eure Sachen gepackt, sofern ihr welche besitzt!“ Er sprach ernst und
kühl, dann trat er zurück, ging aus dem Zimmer und ließ sie wieder alleine.
Sie spürte wie Jays Blick auf ihr ruhte, sie hörte sein Herz schlagen
und drehte sich in diese Richtung, dann schenkte sie Jay ein hoffnungsvolles
Lächeln. Die letzte Träne glitzerte auf ihrer blassen Wange.
„Wir schaffen das…“, hauchte sie leise.
Er drückte ihre Hand und schloss sie noch einmal in seine Arme.
„Gemeinsam können
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