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Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Die Verstummten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verstummten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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vollständige Name ihrer Mutter! »Mit Attentat meinst du das auf den Bankmanager Alfred Herrhausen, bei dem Krallinger als BKA -Beamter beteiligt war?«
    »Genau, und auch die Ermordung von Rohwedder, dem Chef der Treuhand, der in seiner Düsseldorfer Villa durch einen gezielten Schuss hingerichtet wurde.«
    »Du glaubst, das mit Rohwedder war meine Mutter, eine Auftragskillerin? Weißt du denn, wie sie gestorben ist, gibt es ein Grab von ihr?«
    Er wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab. »Du fragst mich das jetzt aber nicht als Rechtsmedizinerin, oder? Sie ist von einer Mainbrücke gesprungen, im Spessart. Warum ausgerechnet dort, weiß ich noch nicht. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.«
    Die Bilderwand in Carinas ehemaligem Kinderzimmer, die Zeitungsausschnitte und Brückenfotos, nun kapierte sie. Ihrem Vater ging es nicht nur um Krallinger, er forschte auch nach Zusammenhängen zu ihrer Mutter. »Was hat Krallinger dir noch gesagt?«
    »Der Wenn-wir-Kurti dachte, ich verblute sowieso, und er geht kein Risiko ein, wenn er mir von dieser Agententruppe erzählt, der er und Iris angehörten. Als die Polizeisirenen ertönten und die Kollegen endlich anrückten, lief er ins Erdgeschoss. Ich habe geglaubt, er haut ab. Da habe ich dir die Nachricht auf die Mailbox gesprochen, und als er dann doch wieder zurückkam und mir die Schuld an ihrem Tod gab, hat er mir kurz darauf das Handy weggenommen und den Anruf unterbrochen.«
    »Aber wieso sollst du schuld sein, wenn es Selbstmord war?«
    »Ich weiß nicht, was er genau damit meint, vielleicht, dass ich ihr nicht geholfen habe, als sie mich brauchte.« Er schniefte.
    Sie schwiegen, und Carina fiel das Ticken wieder auf, das aus den alten Sachen kam. »Hörst du das?«
    »Was?« Ihr Vater sah auf.
    »Na, dieses Ticken.«
    »Ich höre nichts.«
    Carina stieg über die ausrangierten Geräte und folgte dem Geräusch. An einem Stapel großer Blumenübertöpfe lehnte eine rostige Wanduhr, die wie eine Bahnhofsuhr mit römischen Ziffern aussah. War die gerade erst angesprungen, oder tickte sie schon länger? Und was hatte eine Uhr für einen Sinn, wenn sie keine Zeiger mehr besaß?

53.
    Neumaising, 1994
    Hofi hat wieder Geburtstag.
    Am Morgen hatte sie die Anzeige geschaltet, und am Abend, gleich nachdem sie die Tote präpariert und mithilfe der Schaufeltragen in den Leichenwagen gewuchtet hatte, fuhr sie mit dem Zweitwagen zum Schwedenhäuschen. Nur so konnte sie sicher sein, dass nicht einer der Vier vor ihr da war. Erst das, was sie am nächsten Tag in der Zeitung lasen, sollte sie zu ihrem Treffpunkt locken. In der Abenddämmerung, als es noch hell genug war, um ohne Taschenlampe hinzufinden, aber dunkel genug, damit sie auf keine Spaziergänger oder Jogger traf, schlich sie durch den Wald, wartete hinter Bäumen, wenn sie auf einen Ast trat, um zu sehen, ob sich im Haus etwas rührte oder sich jemand von hinten an sie heranpirschte. Sie lauschte lange an der Tür, holte schließlich den Schlüssel aus dem Brennholzschuppen und sperrte auf. Die ganze Zeit schlug ihr Herz wie wild. Bei ihren Einsätzen beherrschte sie sich meistens, aber seit der Vergewaltigung schien ihr Körper empfindlicher geworden zu sein. Vielleicht lag es auch daran, dass sie an den Ort ihrer Schändung zurückkehrte.
    Drinnen lagen noch immer Spuren der Besäufnisse herum. Sie stieg über leere Flaschen, Kronkorken und Süßigkeitenpackungen. Die obersten Zeitungen zum Anheizen neben dem Ofen waren von letzter Woche, also mussten die Vier erst kürzlich hier gewesen sein. Auf der Bretterkante der Wandverkleidung prangten noch die drei Patronenhülsen des Rohwedderattentats. Im Flur standen Zementsäcke herum. Die Klappe in den Erdkeller, wo sich der Wasseranschluss befand, stand offen. Sie spähte hinunter und schaltete die Taschenlampe ein. Etwas blitzte auf. Ihr Lichtstrahl war auf eine Scheibe getroffen. Sie widerstand der Versuchung hinunterzusteigen, es interessierte sie nicht, für wen die Vier ein Verlies planten, sie wollte nur für immer aus ihrer Welt verschwinden. Deshalb platzierte sie den Brief mit ihrer Forderung zwischen einer Wursthaut und dem überfüllten Aschenbecher auf dem Tisch. Schweigegeld, eine Million, geteilt durch vier, das würde angesichts der geringen Abfindung, die sie erhalten hatten, für alle schwer zu beschaffen sein. Und sie wusste, dass sie damit ihr eigenes Todesurteil verfasst hatte.

54.
    Carina drehte die Bahnhofsuhr um und suchte das Batteriefach

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