Die Versuchung
was sie immer tiefer in einer Zustand der … der Verzweiflung treiben muss. Ihr Verhalten ist völlig unverzeihlich, es gibt dafür keine Rechtfertigung.“
„Sie sprechen wie ein Buch, Mademoiselle! Aber wenn Sie sich solche Sorgen um Ihre Schwester machen, wäre es dann nicht das Beste gewesen, Sie hätten den Antrag von Major Stutzenbacher angenommen und ihrer geliebten Schwester dieses Opfer erspart? Es würde Ihnen sicher viel leichter fallen, ihn zu lieben und die liebenswerten Eigenschaften zu entdecken, die er besitzen mag.“
Seine Worte waren voller Ironie, aber er konnte nicht verhindern, eine gewisse Erleichterung zu empfinden, dass nicht sie die Verlobte des Majors war, was ihn selbst verwirrte. Isabelle ahnte davon nichts.
„Sie scheinen vergessen zu haben, dass Major Stutzenbacher seinen Antrag nach nur zweitägiger Bekanntschaft gemacht hat. Ich schlug ihn aus, weil ich ihn nicht kannte, und weil ich mir sicher war, dass er für mich nichts empfindet und lediglich eine Frau sucht, die ihm den Haushalt führt. Meine Ablehnung konnte ihn also kaum verletzen. Ich wäre nie darauf gekommen, dass er seinen Antrag nur wenige Stunden später bei meiner Schwester wiederholen würde, allerdings hat er nicht sie gefragt, sondern meine Stiefmutter und meinen Vater, der Sophie eindrücklich dazu geraten hat, den Antrag anzunehmen. Sie hatte nicht den Mut, sich dagegen aufzulehnen, wie ich es wohl getan hätte. Doch auch wenn der Major anfangs sicher kein persönliches Interesse an Sophie hatte, so bin ich sicher, dass er ihr schon jetzt sehr zugetan ist und sie wirklich gern hat. Mit der Zeit wird sie ihn sicher schätzen lernen und das Leben, das er ihr bieten kann. Auf alle Fälle ist das Schicksal meiner Schwester jetzt unwiderruflich ...“ Sie hielt einen Augenblick inne und fügte dann hinzu: „Herr Hamilton, seien Sie nicht unnötig grausam – schonen Sie ihre Gefühle – verlassen Sie München … oder verlassen Sie wenigstens unser Haus!“
„Sie verlangen eine Menge von mir, Mademoiselle! Aber nachdem ich Ihnen geduldig zugehört habe, hören Sie bitte auch mir zu und dann werden Sie sicher einsehen, dass das unnötig ist“, antwortete Hamilton. „Ihre Schwester hat Ihnen wahrscheinlich gesagt ...“
„Meine Schwester hat mir gar nichts gesagt“, unterbrach ihn Isabelle aufbrausend, „außer dass Sie ihr gesagt haben, Sie könnten sie nicht heiraten und in den nächsten Jahren überhaupt nicht ans Heiraten denken! Eine solche Erklärung werden Sie kaum ohne Anlass gegeben haben und den kann ich mir gut vorstellen.“
„Tatsächlich? Sie scheinen also in diesen Dingen Erfahrung zu besitzen.“
Sie biss sich auf die Lippen und setzte sich mit erzwungener Ruhe auf einen Stuhl. „Sie wollten mir etwas sagen.“
„Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie mir wirklich zuhören wollen. Stattdessen wollen Sie mir unbedingt eine Szene machen und mich als elenden Schurken ohne Gewissen darstellen.“
„Ich? Eine Szene?“, rief sie und sprang so heftig von ihrem Stuhl auf, dass er umfiel. „Was fällt Ihnen ein? Nur wegen Sophie habe ich überhaupt versucht, vernünftig mit Ihnen zu sprechen, aber Sie sind noch egoistischer als ich gedacht habe. Das ist das letzte Mal, dass ich mit Ihnen gesprochen habe!“
„Machen Sie keine übereilten Versprechungen“, sagte Hamilton kühl. „Ich glaube, dass Sie noch häufiger mit mit sprechen werden.“
„Sicher nicht, wenn ich es vermeiden kann. Wie konnte ich nur darauf hoffen, dass Sie sich wie ein Gentleman verhalten würden. Nur weil Sie mich nicht leiden können, weil Sie mich unglücklich machen wollen, spielen Sie mit den Gefühlen meiner Schwester. Sie lieben sie nicht, Sie können sie gar nicht lieben, das weiß ich. Sie ist nicht die Art von Frau, für die Sie sich wirklich interessieren können.“
„Woher wissen Sie das?“, fragte Hamilton überrascht.
„Das – spielt keine Rolle“, antwortete sie, während sie zur Tür ging, obwohl ihr die Wirkung ihrer Worte nicht entgangen war. „Ich sehe jetzt, dass es völlig aussichtslos ist, mit Ihnen zu disputieren und zu streiten ...“
„Was mich angeht, so wäre ich durchaus bereit, einen Waffenstillstand zu unterzeichnen, zu ganz einfachen Bedingungen. Wie wäre es, wenn ich verspreche, in Zukunft nichts Nachteiliges mehr über Major Stutzenbacher zu sagen und auf Aufmerksamkeiten gegenüber Ihrer Schwester völlig zu verzichten?“
„Das – wäre – besser – als –
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