Die Versuchung
dass ich Schlittschuh laufen war, um zu erklären, warum ich so spät komme.“
„Sie werden doch an einem so kalten Tag nicht ausgehen wollen“, sagte sie zu Hamilton.
„Es wird zu dieser Jahreszeit sicher nicht mehr warm werden“, bemerkte Madame Berger, „und er wird das Haus ja wohl vor Anbruch des Frühjahrs einmal verlassen müssen.“
„Ich bin wirklich nicht mehr krank“, sagte Hamilton, „und die frische Luft wird mir gut tun.“
„Trinken Sie wenigstens die Fleischbrühe“, sagte Isabelle.
„Kommen Sie“, rief Olivia Hamilton lachend zu, „der Wagen wartet, Sie haben keine Zeit, dieses heiße Wasser zu trinken. Und wenn Sie sich nicht beeilen, dann kann ich Sie nicht begleiten, um ihr Können auf dem Eis zu bewundern, denn dann wird es für mich zu spät.“
Isabelle merkte, dass Hamilton wenig Lust verspürte, ihre Brühe zu probieren. Sie hatte die Terrine auf den Tisch gestellt und stand scheinbar ruhig neben dem Ofen, aber ihre gekreuzten Arme und ihr Blick verrieten, dass sie zornig war.
„Ich sehe, dass Sie ungehalten sind“, sagte Zedwitz, als er das Zimmer verließ. „Aber ich versichere Ihnen, dass ich Ihnen Ihren Patienten so bald wie möglich wohlbehalten zurückbringen werde.“
„Darum geht es nicht“, sagte Isabelle. „Ich bin wütend auf mich selbst, weil ich so dumm war, diese Fleischbrühe zuzubereiten.“
„Sie müssen Herrn Hamilton diesmal entschuldigen, Madame Berger ist ein ungeduldiges Persönchen“, sagte Zedwitz, als er ging.
Hamilton ging unterdessen die Treppe hinunter.
„Ich bin mir sicher, dass Isabelle wütend ist“, bemerkte Olivia. „Haben Sie ihren Blick gesehen? Sie wird vermutlich schäumen vor Wut. Womöglich wirft Sie in Ihrem Zimmer gerade etwas gegen die Wand, das sähe ihr ähnlich.“
„Warten Sie – mir fällt gerade ein, dass ich etwas vergessen habe“, sagte Hamilton. „Ich verspreche Ihnen, in einer Minute zurück zu sein.“
Er eilte die Treppe hinauf, öffnete mit seinem Hausschlüssel und sah durch die geöffnete Tür seines Zimmers, dass Isabelle auf und ab ging und mit sich selbst sprach: „Was bin ich für eine Närrin – eigenhändig das Feuer zu schüren, um diese Fleischbrühe zu wärmen!“ Hierbei trat sie wütend gegen ein Tischbein, dass Teller und Löffel darauf klirrten. „Wenn ich ihm je wieder Fleischbrühe wärme, so sollte ich mir zur Strafe beide Arme verbrennen.“
Sie streifte ihren Ärmel hoch und blickte auf eine große rote Stelle auf ihrem Unterarm und pustete darauf. In diesem Moment trat Hamilton ein, ergriff ohne weiter nachzudenken ihre Hand und hielt sie fest, während er einen Löffel nahm und anfing, die Fleischbrühe zu schlucken. Sie war ziemlich heiß und als er den Löffel wieder hinlegte, traten ihm Schweißperlen auf die Stirn.
„Mir ist jetzt richtig warm“, sagte er zu Isabelle, die verwirrt neben ihm stand und befürchtete, er habe ihre Worte gehört. „Sie hatten ganz recht, als Sie sagten, dass es heute zu spät sei zum Schlittschuhlaufen. Ich werde bloß eine halbe Stunde spazieren fahren, um einmal aus dem Haus zu kommen. Ich hoffe, dass Sie das milder stimmen wird.“
„Wenn morgen die Sonne scheint, können Sie gleich nach dem Essen ausgehen“, antwortete sie sanft.
„Bitte vergessen Sie nicht, etwas Sonnenschein für mich zu bestellen“, rief er, als er aus dem Zimmer eilte.
Als er in die Kutsche stieg, bemerkte er, dass nur Zedwitz darin saß.
„Wo ist mein kleiner Quälgeist?“ fragte er.
„Wie können Sie glauben, dass sie auf Sie warten würde. Sie war so vernünftig, nach Hause zu gehen.“
„Das freut mich“, lachte Hamilton.
„Es ist ziemlich kalt“, sagte Zedwitz und rieb sich die Hände. „Ich hatte den Eindruck, dass Ihre Minute ziemlich lange gedauert hat.“
„Wenn Sie berücksichtigen, dass ich in dieser Zeit das ganze heiße Wasser aus der Terrine trinken und Isabelles schlechte Laune vertreiben musste, glaube ich nicht, dass es sehr lange gedauert hat.“
Zedwitz blickte schweigend aus dem Fenster. „Halt!“, rief er plötzlich. „Wir sind am Teich.“
„Lassen Sie uns weiterfahren, ich werde heute nicht Schlittschuh laufen“, sagte Hamilton.
„Sie wollen nicht Schlittschuh laufen?“
„Nein, ich habe Isabelle versprochen, nur spazieren zu fahren.“
„Halt!“, rief Zedwitz laut und der Kutscher hielt an.
„Ich kann Ihnen sagen, dass Sie soeben einen Beweis meiner Freundschaft erhalten haben“, sagte er
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