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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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wäre eine Engländerin damit einverstanden ...“
    „Ihre Landsmänninnen wissen leider nicht, was ein Flirt ist“, sagte Hamilton. „Ich wünschte, ich hätte Zeit und Gelegenheit, es ihnen zu erklären.“
    „Erklären Sie es mir“, sagte Zedwitz ernsthaft.
    „Nein, das werde ich nicht tun, denn ich sehe an Ihrem Gesicht, dass Sie bereit sind, mir einen Vortrag darüber zu halten, welche Gemeinheit es ist, einer schönen Frau gefallen zu wollen, ohne die Absicht zu haben, sie in absehbarer Zeit vor den Traualtar zu führen“, erwiderte Hamilton.
    „Ich werde Ihnen keinen Vortrag halten. Aber da mir an Isabelle wirklich etwas liegt, werden Sie mich nicht davon abhalten können, sie vor Ihrer Flirt-Liebe zu warnen.“
    „Das können Sie unbesorgt tun, denn was auch immer Sie vorbringen, so wird es nicht mehr sein als das, was ich selbst bereits in ihrer Gegenwart zu ihrer Schwester Sophie gesagt habe.“
    „Sie sind völlig unbegreiflich!“, rief Zedwitz und ging mit gerunzelter Stirn grußlos davon.   
     
    13
    Hamilton und Zedwitz holten den versäumten Schlittschuhlauf im Englischen Garten wenige Tage später nach. Unerwartet leisteten ihnen dabei die Familien Rosenberg und Hoffmann Gesellschaft. Als Isabelle früher als die anderen nach Hause zurückkehren wollte, weil ihr kalt war, beeilte Zedwitz sich, seine Schlittschuhe abzulegen und sie zu begleiten. Tatsächlich war er fest entschlossen, seine Angebetete wie angekündigt vor Hamilton zu warnen. Er begann damit, ihn zu loben, seine Bildung und seine Talente, seine Persönlichkeit, um danach zu bedauern, dass er offenbar unter dem Einfluss seines älteren Bruders stehe, eines Tunichtguts, der ihm beigebracht habe, Frauen nicht allzu hoch zu schätzen.
    Isabelle hatte seinen Ausführungen scheinbar recht gleichgültig zugehört, doch nun sagte sie: „Herr Hamilton hat mir nie etwas über seinen Bruder erzählt, ich weiß daher nichts von ihm. Sie irren sich jedoch, was seine Meinung über Frauen angeht. Er achtet sie weitaus mehr, als die meisten deutschen Männer dies gewöhnlich tun, und dass er ihre Gesellschaft schätzt, sieht man allein daran, dass er abends häufig bei uns zuhause bleibt. Die Mama sagt, dass sie noch nie einen so gut erzogenen und in jeder Hinsicht vorbildlichen jungen Mann gekannt hat.“
    Zedwitz wusste nicht, dass Isabelle Abwesende grundsätzlich verteidigte. So stotterte er: „Und Sie … Sie denken … vielleicht ebenso von ihm?“
    „Vielleicht tue ich das. Je länger ich ihn kenne, desto lieber wird er mir“, antwortete Isabelle.
    „Das ist meine Antwort“, murmelte Zedwitz und biss sich auf die Lippen. „Meine Warnung kommt zu spät. Er wusste es, als er mir die Erlaubnis zum Sprechen gab.“
    „Welche Erlaubnis? Welche Warnung?“, fragte Isabelle schnell.
    Zedwitz war zu weit gegangen, um seine Worte zurücknehmen zu können, deshalb wurde er ausführlicher. Als er schwieg, sagte sie leicht vorwurfsvoll: „Wenn Herr Hamilton von Ihnen spricht, so geschieht es nicht, um mich zu warnen – aber lassen wir das. Ich muss Ihnen sagen, dass Sie mir nichts gesagt haben, was ich nicht bereits von ihm selbst gehört hätte.“
    „Das ist es!“, rief Zedwitz unmutig. „Er hat sich ehrenhaft benommen, als er Ihnen gesagt hat, dass er nicht heiraten kann. Aber jetzt glaubt er, dass es ihm trotzdem frei stehe, Ihr Herz zu gewinnen, und das ist nicht ehrenhaft.“
     

Als Hamilton an diesem Abend nach Hause kam, war Isabelle noch bei den Hoffmanns. Sie hatte sie längere Zeit nicht besucht, und nach ihrer Rückkehr fragte er sie nach jedem Mitglied der Familie einschließlich ihres Cousins Philipp. Während sie seine Fragen beantwortete, schien sie völlig damit beschäftigt, farbige Wolle in einem Körbchen vor ihr zu sortieren.
    „Hat Ihnen Ihr Cousin heute Abend vorgelesen?“, fragte Hamilton.
    „Nein, er hat die neuen Noten durchgesehen, die Caroline besorgt hat. – Sophie sage mir, wie du abends das Grün von Blau unterscheidest.“
    „Die Namen und Nummern sind bei jeder Farbe angeheftet“, antwortete Sophie und schob Isabelle ihr eigenes Garnkörbchen zur Besichtigung hin.
    Major Stutzenbacher sagte wohlwollend, dass ordentliche junge Damen ganz sicher auch gute Hausfrauen seien, was sie aber nicht zu hören schien. Als Hamilton jedoch bei der Rückgabe des Körbchens bemerkte, die Farben des Garns seien so geordnet, dass sie an einen Regenbogen erinnerten, huschte ein entzücktes Lächeln über ihr

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