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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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herbeizuführen, die aber weniger dramatisch verlief.
    Donovan war sicher, daß er die Frau dazu bringen konnte, ihm zu vertrauen und mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hielt sie nicht für eine Mörderin. Aber er war ziemlich sicher, daß sie – und vielleicht etliche der anderen Lotteriegewinner – irgend etwas verheimlichten, das mit der Lotterie zu tun hatte.
    Und diese Story wollte er, wohin seine Jagd ihn auch führen mochte.

    Ein Feuer brannte im Kamin der großen, zweigeschossigen Bibliothek. An drei Wänden standen Bücherschränke aus Ahorn, die vom Boden bis zur Decke reichten. Bequeme Polstersessel waren so aufgestellt, daß sie zum vertraulichen Gespräch einluden.
    LuAnn saß auf einem Ledersofa und hatte die Beine hochgezogen; nur die bloßen Füße waren zu sehen. Ein bestickter Baumwollschal bedeckte ihre Schultern. Auf dem Tisch neben ihr standen eine Tasse Tee und ein Teller mit Frühstück, das sie noch nicht angerührt hatte. Sally Beecham, in grauer Uniform mit strahlend weißer Schürze, ging soeben mit dem Tablett aus dem Zimmer. Charlie schloß die geschwungene Doppeltür hinter ihr und setzte sich neben LuAnn.
    »So, und jetzt erzählst du mir, was wirklich passiert ist, okay?« Als LuAnn nicht antwortete, ergriff Charlie ihre rechte Hand. »Deine Hände sind eiskalt. Trink deinen Tee.« Er stand auf und starrte ins Feuer, bis die Flammen seine Wangen rot färbten. Dann wandte er sich um, blickte LuAnn erwartungsvoll an. »Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht sagst, was los ist, LuAnn.«
    Während der letzten zehn Jahre hatte sich ein unauflösliches Band zwischen ihnen entwickelt, das sie auf ihren Reisen durch viele Krisen geleitet hatte, kleine und große. Von dem Moment an, als Charlie LuAnns Schulter berührt hatte – damals vor zehn Jahren, als die 747 zum Himmel aufgestiegen war –, bis zu ihrer Rückkehr nach Amerika waren sie unzertrennlich gewesen. Obwohl sein eigentlicher Name »Robert« lautete, war er bei »Charlie« geblieben. Schließlich war es nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt, da Charles sein Mittelname war. Und was hatte ein Name schon groß zu bedeuten? Charlie sagte allerdings immer nur LuAnn und niemals Catherine, wenn sie allein waren, so wie jetzt. Er war ihr bester Freund und Vertrauter – und ihr einziger, da es Dinge gab, die LuAnn nicht einmal ihrer Tochter erzählen konnte.
    Als Charlie sich wieder setzte, zuckte er vor Schmerz zusammen. Er war sich im klaren darüber, daß seine Kräfte nachließen, was dadurch beschleunigt wurde, daß er in der Jugend Raubbau mit seinem Körper getrieben hatte. Der Altersunterschied zwischen ihm und LuAnn war jetzt, da die Natur ihren Tribut von Charlie forderte, auffälliger als je zuvor. Dennoch würde er alles für LuAnn tun, sich jeder Gefahr stellen und jeden ihrer Feinde mit letzter Kraft und dem letzten Funken Verstand bekämpfen, der ihm geblieben war.
    LuAnn las diese Gedanken in Charlies Augen, und es war dieser Blick, der sie letztendlich zum Reden brachte.
    »Ich hatte gerade das Haus verlassen. Da stand er mitten auf der Straße und hat gewunken, daß ich anhalten soll.«
    »Und du hast gehalten?« fragte Charlie ungläubig.
    »Ja. Ich konnte den Mann ja nicht über den Haufen fahren. Aber ich bin nicht ausgestiegen. Und wenn der Mann frech geworden wäre oder eine Waffe gezogen hätte, dann hätte ich ihn überfahren, das kannst du mir glauben.«
    Charlie legte ein Bein über das andere – eine Bewegung, die ihn wieder vor Schmerz zusammenzucken ließ. »Erzähl weiter. Aber iß etwas dabei, und trink deinen Tee. Dein Gesicht ist weiß wie eine Wand.«
    LuAnn tat wie geheißen. Sie brachte ein paar Bissen Ei und Toast herunter und trank einige Schlucke Tee. Dann setzte sie die Tasse ab und wischte sich mit der Serviette den Mund. »Der Mann hat mir Zeichen gegeben, die Scheibe herunterzulassen. Ich habe sie nur einen Spalt aufgemacht und ihn gefragt, was er will.«
    »Langsam, langsam. Wie hat der Kerl ausgesehen?«
    »Mittelgroß. Um die achtzig Kilo. Graumelierter Vollbart. Brille mit dünnem Metallrahmen. Dunkler Teint. Ende Vierzig, Anfang Fünfzig, würde ich sagen.« Während der letzten zehn Jahre war es LuAnn zur zweiten Natur geworden, sich das Aussehen fremder Menschen einzuprägen.
    Charlie archivierte geistig die Beschreibung des Mannes. »Und weiter?«
    »Er hat gesagt, er sucht das Brillstein-Anwesen.« LuAnn zögerte und nahm einen weiteren Schluck Tee. »Ich habe ihm gesagt,

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