Die Versuchung
und voll, mit goldenen Strähnen, die jeden Sonnenstrahl der aufgehenden Sonne einzufangen schienen. Gesicht und Teint waren so makellos, wie es auf natürliche Weise kaum zu erreichen war. Aber die Frau war jung; sie hatte bestimmt noch nie in ihrem Leben Bekanntschaft mit dem Skalpell eines Schönheitschirurgen geschlossen. Riggs gelangte zu dem Schluß, daß diese Frau von Natur aus so schön sein mußte.
Dann entdeckte er die Narbe am Kinn. Er war erstaunt. Sie schien schrecklich fehl am Platz zu sein. Die Narbe faszinierte Riggs, da er mit geschultem Auge sah, daß die Wunde von einem Messer mit gezahnter Klinge stammte. Die meisten Frauen, besonders wenn sie so viel Geld besaßen wie diese hier, hätten jede Summe bezahlt, um diesen Makel beseitigen zu lassen.
Zwei ruhige hellbraune Augen betrachteten Riggs und ließen ihn zu dem Schluß gelangen, daß diese Frau … anders war. Sie gehörte zu der seltenen Spezies höchst attraktiver Frauen, denen ihr Aussehen ziemlich egal war. Riggs’ Blicke glitten über ihren schlanken, wohlgeformten Körper. Doch über den schmalen Hüften und der Taille wurden die Schultern breit, so daß Riggs auf außergewöhnliche Kraft schloß. Als die Hand der Frau die seine umschloß, blieb ihm fast die Luft weg. Der Griff war beinahe so fest wie der von Charlie.
»Ich hoffe, Ihnen ist nichts passiert«, sagte Riggs. »Ich habe die Nummer des Honda. Ich wollte sie der Polizei melden, aber mein Handy wurde zerdeppert, als der Kerl im Honda mich gerammt hat. Hier ist es ziemlich abgelegen. Wir müßten den Burschen eigentlich noch erwischen, wenn wir schnell genug handeln.«
LuAnn schaute ihn an. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich Verwunderung. »Wovon reden Sie eigentlich?«
Riggs trat einen Schritt zurück. »Von dem Wagen, der Sie verfolgt hat.«
LuAnn schaute zu Charlie hinüber. Riggs blickte genau hin, sah aber nicht, daß die beiden irgendwelche Zeichen tauschten. Dann deutete LuAnn auf Riggs’ Pickup. »Ich habe diesen Pickup und einen anderen Wagen wie verrückt über die Straße rasen sehen, habe aber nicht angehalten, um Fragen zu stellen. Die Sache ging mich schließlich nichts an.«
Riggs holte tief Luft, ehe er antwortete: »Den Grund dafür, daß ich mit dem Honda Foxtrott getanzt habe, müßten Sie eigentlich kennen. Schließlich hat der Fahrer sich alle Mühe gegeben, Sie von der Straße zu drängen. Und um Haaresbreite hätte ich Ihren Platz als Wrack der Woche gewonnen.«
»Tut mir leid, aber ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden. Glauben Sie etwa, ich würde es nicht merken, wenn jemand mich von der Straße zu drängen versucht?«
»Wollen Sie mir weismachen, daß Sie aus lauter Spaß an der Freude mit hundertzwanzig Sachen über kurvenreiche Bergstraßen jagen?« fragte Riggs leicht gereizt.
»Ich glaube nicht, daß mein Fahrstil Sie etwas angeht«, fuhr sie ihn an. »Und da Sie sich auf meinem Grund und Boden befinden, habe ich wohl das Recht zu erfahren, warum Sie hier sind.«
»Das ist der Mann, der den Sicherheitszaun baut«, mischte Charlie sich ein.
LuAnn musterte Riggs, ohne mit der Wimper zu zucken. »Dann würde ich vorschlagen, daß Sie sich auf diese Arbeit konzentrieren und uns nicht irgendwelche Räuberpistolen über Autoverfolgungsjagden auftischen.«
Riggs’ Gesicht wurde rot vor Zorn. Er wollte protestieren, sagte dann aber nur: »Einen schönen Tag noch, Ma’am.« Er machte kehrt und ging zu seinem Pickup.
LuAnn schaute ihm nicht nach, sondern ging an Charlie vorbei rasch ins Haus. Charlie starrte Riggs hinterher, dann schloß er die Tür.
Als Riggs in den Pickup stieg, fuhr ein anderes Auto auf die Auffahrt. Eine ältere Frau saß am Steuer. Auf dem Rücksitz waren Tüten mit Lebensmitteln.
Die Frau war Sally Beecham, die Haushälterin, die in der Villa wohnte. Sie kam soeben vom morgendlichen Einkauf. Sie musterte Riggs nur flüchtig. Obwohl er immer noch wütend war, nickte er Sally höflich zu. Sie erwiderte den Gruß mit der gleichen Geste.
Wie üblich fuhr sie zur Garage und drückte auf den automatischen Türöffner an der Sonnenblende des Autos. Von der Garage führte eine Tür direkt in die Küche: Sally war eine tüchtige Frau, die jede Zeitverschwendung verabscheute.
Riggs blickte noch einmal zurück zur großen Villa, als er davonfuhr. Der vielen Fenster wegen sah er nicht dasjenige, hinter dem LuAnn Tyler mit vor der Brust verschränkten Armen stand und ihm hinterherschaute. Auf ihrem Gesicht lag eine Mischung
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