Die Versuchung
immer noch weitgehend eine Männerdomäne. Wie vieles andere auch.«
Riggs zuckte mit den Schultern. »Sie ist sehr intelligent und versteht es ausgezeichnet, Geschäfte an Land zu ziehen. Das war wohl auch der Grund für unsere Trennung. Unsere Ehe hat die Karriere meiner Frau behindert.«
»Verstehe.«
»Keine sehr originelle Geschichte, aber es ist die einzige, die ich habe. Ich bin hierher gezogen und habe nie zurückgeblickt.«
»Ich nehme an, Sie mögen Ihre Arbeit.«
»Manchmal hängt sie mir zum Hals heraus, aber das ist wohl bei jedem Job so. Ich mag es, Dinge zusammenzufügen. Es ist wie eine Therapie. Und friedlich. Ich habe Glück gehabt. Die Mund-zu-Mund-Propaganda war hilfreich. Meine Geschäfte liefen von Anfang an gut. Wie Sie sicher wissen, gibt es in dieser Gegend viel Geld. Das gab es hier schon, ehe Sie zugezogen sind.«
»Ja, das habe ich auch gehört. Freut mich, daß es mit Ihrem Berufswechsel so gut geklappt hat.«
Riggs lehnte sich zurück, während er ihre Worte verdaute. Seine Lippen waren geschürzt, die Hände zu Fäusten geballt, doch es war keine bedrohliche Geste.
Plötzlich lachte er auf. »Lassen Sie mich raten. Man hat Ihnen geflüstert, daß ich entweder CIA -Agent oder ein international gesuchter Profikiller war, der von einer Minute zur anderen beschlossen hat, alles über Bord zu werfen, um in einer friedlichen ländlichen Umgebung zu hämmern und zu sägen.«
»Nun, das mit dem Profikiller habe ich noch nicht gehört.«
Sie lächelten sich an.
»Wissen Sie, Matthew, wenn Sie den Leuten die Wahrheit erzählen würden, hätten diese dummen Gerüchte ein Ende.« LuAnn konnte nicht fassen, daß sie diese Worte tatsächlich gesagt hatte, kaum daß sie ausgesprochen waren. Sie bedachte Riggs mit einem – wie sie hoffte – völlig unschuldigen Blick.
»Sie meinen, es interessiert mich, ob die Leute Gerüchte über mich verbreiten? Das ist mir, mit Verlaub, scheißegal.«
»Das ist unter Ihrer Würde, habe ich recht?«
»Wenn ich im Leben etwas gelernt habe, dann die Einsicht, daß man sich keine Sorgen machen soll, was die Leute über einen denken oder sagen. Andernfalls macht man sich zum Krüppel. Die Menschen können grausam sein. Besonders die Leute, die sich angeblich um einen sorgen. Glauben Sie mir, ich spreche aus Erfahrung.«
»Gehe ich recht in der Annahme, daß Ihre Scheidung nicht auf freundschaftlicher Basis erfolgt ist?«
Riggs schaute sie nicht an, als er weitersprach. »Ich möchte Ihnen nicht zu nahetreten, aber manchmal ist eine Scheidung traumatischer und schmerzlicher als der Tod des Partners. Obwohl es in beiden Fällen ein anderer Schmerz ist, nehme ich an.«
Er blickte auf seine Hände. Seine Worte hatten vollkommen ehrlich geklungen, und LuAnn verspürte augenblicklich Schuldgefühle, daß sie in Wahrheit gar nicht verwitwet war. Sie hatte Duane verloren, aber der war weder reich noch ihr Ehemann gewesen. Es war, als würde Riggs ihr seine Wunden als Gegenleistung dafür entblößen, daß LuAnn ihm die ihren entblößt hatte. Doch wie üblich hatte sie ihm nur Lügen aufgetischt. War sie überhaupt noch imstande, die Wahrheit zu sagen? Aber wie konnte sie das? Würde sie die Wahrheit sagen, würde sie sich damit selbst vernichten. Und Lisa. Und Charlie. Das ganze Lügengebäude, das ihr Leben ausmachte, würde wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte sie.
Riggs schwieg. Offenbar hatte er keine Lust, dieses Thema fortzuführen.
LuAnn blickte auf die Armbanduhr. »Der Lunch müßte fertig sein. Ich habe mir gedacht, daß Sie sich nach dem Essen mal die Stelle hinter dem Haus anschauen, die mir als Platz für ein kleines Studio vorschwebt, das Sie mir bauen sollen.« Sie stand auf, und Riggs erhob sich ebenfalls. Er schien unendlich erleichtert zu sein, daß sie das Thema gewechselt hatte.
»Das hört sich gut an, Catherine. In meiner Branche sind Aufträge stets willkommen.«
Als sie zur hinteren Veranda gingen, stieß Charlie zu ihnen. Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Matt. Ich hoffe, Sie haben tüchtig Hunger. Sally tischt meist sehr reichlich auf.«
Beim Lunch genossen sie das Essen und die Getränke und unterhielten sich über Belanglosigkeiten. Doch Riggs entging nicht, welch gewaltige unsichtbare Kraft Catherine Savage und Charlie verband. Es war ein starkes Band, wie Riggs spürte. Unzerreißbar. Kein Wunder. Schließlich waren sie eine
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