Die Versuchung
Familie.
»Wie sieht es mit Ihrem Zeitplan für den Zaun aus, Matt?« fragte Charlie. Er stand mit Riggs auf der hinteren Veranda, von der aus man das Anwesen gut überschauen konnte, während LuAnn losgefahren war, um Lisa von der Schule abzuholen. Der Unterricht endete heute wegen einer Lehrerkonferenz früher als sonst. LuAnn hatte Riggs gebeten, nach dem Essen noch zu bleiben, bis sie zurück war, damit sie über den Bau des Studios sprechen konnten. Riggs fragte sich, ob es ein absichtliches Manöver gewesen war, Lisa abzuholen, damit Charlie ihn aushorchen konnte. Was auch der Grund sein mochte, er blieb auf der Hut.
Ehe er Gelegenheit hatte, auf Charlies Frage wegen des Zauns zu antworten, hielt dieser ihm eine Zigarre hin. »Rauchen Sie diese Dinger?«
Riggs nahm die Zigarre. »Nach einer so guten Mahlzeit und an einem so herrlichen Tag wie heute könnte ich nicht widerstehen, selbst wenn ich kein Zigarrenraucher wäre.« Er schnippte mit dem Zigarrenschneider, den Charlie ihm reichte, ein Ende ab. Dann ließen die beiden Männer sich Zeit, die Zigarren anzuzünden.
»Ich schätze, wir brauchen eine Woche für das Ausheben der Pfostenlöcher«, beantwortete Riggs schließlich Charlies anfängliche Frage. »Dann zwei Wochen, um das Gelände zu roden und die Zaunelemente zusammenzusetzen und zu montieren – das Betongießen für die Pfosten eingerechnet. Dann kommt eine weitere Woche für das Tor und die Installierung des Sicherheitssystems hinzu. Alles in allem etwa ein Monat. Das entspricht auch ungefähr meiner Schätzung im Vertrag.«
Charlie musterte ihn. »Ich weiß. Aber manchmal läuft in Wirklichkeit nicht alles so, wie man es auf Papier geschrieben hat.«
»Das ist eine ziemlich korrekte Beschreibung der Baubranche«, pflichtete Riggs ihm bei und paffte an der Zigarre. »Aber wir haben den Zaun stehen, ehe der erste Frost kommt. Das Gelände ist nicht so schwierig, wie ich anfangs dachte.« Er machte eine Pause und blickte Charlie an. »Nach dem gestrigen Tag wünschte ich, der verflixte Zaun würde heute schon stehen. Sie bestimmt auch.«
Es war eine deutliche Einladung zum Gespräch, und Charlie enttäuschte Riggs nicht. »Setzen Sie sich, Matt.« Charlie deutete auf zwei weiße schmiedeeiserne Sessel an der Balustrade. Charlie nahm vorsichtig Platz. »Mein Gott, sind diese Scheißdinger unbequem. Und dabei kosten sie so viel, daß man meinen könnte, sie wären aus Gold. Der Innenarchitekt muß eine fette Provision dafür kassiert haben. So was stellt doch kein normaler Mensch auf.« Er zog an seiner Zigarre und blickte hinaus auf die Landschaft. »Verdammt, ist das schön hier.«
Riggs folgte seinem Blick. »Das ist einer der Gründe, weshalb ich hergekommen bin. Ein wichtiger.«
»Und was waren die anderen?« Charlie grinste ihn an. »War nur ein Scherz. Das ist allein Ihre Sache.« Die Betonung entging Riggs nicht. Charlie rutschte auf dem Sessel hin und her, bis er eine halbwegs bequeme Position gefunden hatte. »Catherine hat mir von Ihrem gestrigen Gespräch erzählt.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Aber sie sollte nicht in den Häusern fremder Leute herumschnüffeln. Das kann sehr ungesund sein.«
»Genau das habe ich ihr auch gesagt. Ich weiß, man glaubt es kaum, aber sie ist ganz schön eigensinnig.«
Die beiden Männer schauten sich an und grinsten wissend.
»Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie sich bereit erklärt haben, die Sache auf sich beruhen zu lassen«, sagte Charlie.
»Ich habe ihr gesagt, daß ich dem Kerl keinen Ärger mache, solange er mir keinen Ärger macht.«
»Na schön. Sie können sich gewiß vorstellen, daß Catherine in Anbetracht ihres Reichtums die Zielscheibe aller möglichen Gaunereien, Bettelbriefe und manchmal unverhüllter Drohungen ist. Wir müssen uns auch wegen Lisa Sorgen machen. Wir lassen sie nicht aus den Augen.«
»Sie reden, als hätten Sie schlechte Erfahrungen gemacht.«
»Stimmt. Ist nicht das erste Mal. Und es wird nicht das letzte Mal sein. Aber man darf sich nicht verrückt machen lassen. Ich meine, Catherine könnte sich irgendwo eine gottverlassene Insel kaufen. Dann wäre es unmöglich, daß jemand zu ihr vordringt. Aber was für ein Leben wäre das für sie? Und für Lisa?«
»Und für Sie. Es ist ja nicht so, daß Sie mit einem Fuß im Grab stehen, Charlie. Sie sehen aus, als könnten Sie nächsten Sonntag für die Redskins antreten.«
Charlie strahlte über dieses Kompliment. »Ich habe in grauer Vorzeit tatsächlich
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