Die Versuchung
Winter verschafft uns die Möglichkeit, wirklich gute Pläne auszuarbeiten. Ich kenne einen erstklassigen Architekten. Ich kann Sie mit ihm bekanntmachen.«
LuAnn hörte ihm kaum zu. Würde sie nächstes Frühjahr noch hier sein? Riggs’ Antworten, was den Zeitplan betraf, hatten ihre Begeisterung sehr gedämpft.
»Wir werden sehen. Danke.«
Als sie zurück zum Haus gingen, berührte Riggs ihre Schulter. »Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie über eine Verzögerung nicht sehr erbaut sind? Daß Sie Ihren Wunsch gern schnellstmöglich erfüllt sehen möchten? Wenn ich könnte, würde ich das Studio sofort für Sie bauen, glauben Sie mir. Irgendeine Baufirma würde den Auftrag vielleicht sogar jetzt noch annehmen. Aber dann berechnet man Ihnen einen beträchtlichen Aufpreis und stellt Ihnen eine Bruchbude hin, die in ein, zwei Jahren einstürzt. Ich aber bin stolz auf meine Arbeit. Ich möchte Ihnen nur erstklassige Qualität liefern.«
Sie lächelte ihn an. »Charlie hat gesagt, Sie hätten ausgezeichnete Referenzen. Ich glaube, ich weiß jetzt, warum.«
Sie gingen am Pferdestall vorbei. LuAnn deutete auf das Gebäude. »Das könnte man vielleicht als mein Hobby bezeichnen«, sagte sie. »Reiten Sie auch?«
»Ich bin kein großer Könner, aber ich falle zumindest nicht aus dem Sattel.«
»Wir sollten mal zusammen ausreiten. Es gibt hier wunderschöne Reitwege.«
»Ich weiß«, lautete Riggs überraschende Antwort. »Ich bin früher oft darauf gewandert, ehe dieser Besitz verkauft wurde. Übrigens haben Sie mit diesem Grundstück eine ausgezeichnete Wahl getroffen.«
»Charlie hat es entdeckt.«
»Er ist ein netter Kerl.«
»Ja. Er macht mein Leben sehr viel leichter. Ich wüßte nicht, was ich ohne ihn tun sollte.«
»Es muß schön sein, jemand wie ihn um sich zu haben.«
LuAnn streifte ihn mit einem verstohlenen Blick, als sie zurück zur Villa gingen.
KAPITEL 31
Charlie wartete am Hintereingang auf sie. Er strahlte eine unterdrückte Erregung aus, und der Blick, mit dem er LuAnn bedachte, verriet ihr den Grund dafür: Pemberton hatte herausgefunden, wo der Hondafahrer sich aufhielt.
Obwohl Riggs sich nichts anmerken ließ, spürte er den subtilen Austausch zwischen den beiden.
»Danke für den Lunch«, sagte er. »Ich bin sicher, Sie haben noch zu tun. Ich habe heute nachmittag auch noch einige Termine, um die ich mich kümmern muß.« Er schaute zu LuAnn hinüber. »Sagen Sie mir wegen des Studios Bescheid, Catherine.«
»Mach’ ich. Und rufen Sie mich wegen des Ausritts an.«
»Das werde ich.«
Nachdem Riggs fort war, gingen Charlie und LuAnn in Charlies Arbeitszimmer und schlossen die Tür.
»Wo wohnt der Kerl?« fragte sie.
»Er ist unser Nachbar.«
»Was?«
»Er haust in einem kleinen Cottage, das man mieten kann. Ziemlich abgeschieden. Keine fünf Meilen von hier, am Highway 22. Ich habe mir die Gegend dort angeschaut, in der Nähe von der Stelle, an der wir mal bauen wollten. War früher ein großer Besitz, aber jetzt gibt es nur noch das Verwalterhäuschen. Erinnerst du dich? Wir sind vor einiger Zeit mal dort raufgefahren.«
»Ich erinnere mich ganz genau. Man kann auf Waldwegen dorthin reiten oder auch zu Fuß gehen, wie ich es schon gemacht habe. Der Kerl könnte uns schon eine ganze Weile ausspionieren.«
»Ich weiß. Und das macht mir Sorgen. Pemberton hat mir den genauen Weg zur Hütte beschrieben.« Charlie legte das Papier mit der Wegbeschreibung auf den Schreibtisch und zog die Jacke an.
LuAnn nutzte die Gelegenheit, um unauffällig einen Blick auf die Beschreibung zu werfen.
Charlie schloß eine Schreibtischschublade auf. LuAnns Augen wurden groß, als er einen 38er hervorholte. Er lud die Waffe.
»Was hast du vor?« fragte sie ängstlich.
Er schaute sie nicht an, als er den Revolver sicherte und in die Tasche steckte. »Ich sehe mir alles mal an. Wie wir es geplant haben.«
»Ich komme mit.«
Er schaute sie unwillig an. »Nein.«
»Charlie, ich komme mit.«
»Und was ist, wenn es Ärger gibt?«
»Das sagst ausgerechnet du?«
»Du weißt, was ich meine. Laß mich erst mal allein dort herumschnüffeln. Vielleicht finde ich heraus, was der Kerl vorhat. Ich werd’ schon nichts Gefährliches tun.«
»Was soll dann die Waffe?«
»Ich habe gesagt, ich würde nichts Gefährliches tun. Aber ich weiß ja nicht, was der Bursche tut.«
»Das gefällt mir nicht, Charlie. Ganz und gar nicht.«
»Glaubst du, mir gefällt es? Aber es ist die einzige Möglichkeit,
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