Die Versuchung
Umschlag zu öffnen.
»Großer Gott!« Pemberton verschlug es den Atem, als er das Bündel Geldscheine sah. »Wofür ist das? Ich habe doch noch gar nichts getan.«
Conklin ließ Pemberton nicht aus den Augen. »Sie haben mir Informationen gegeben, John. Informationen sind mir stets sehr viel wert. Sie hören von mir.« Die Männer schüttelten sich die Hände, und Conklin ging.
Harry Conklin wohnte in einem Landgasthaus. Er ging ins Badezimmer, schloß die Tür und ließ das Wasser laufen. Eine Viertelstunde später öffnete die Tür sich wieder, und Jackson kam zum Vorschein. Die Überreste Harry Conklins hatte er in einer Plastiktüte verstaut, die er in eine Seitentasche eines Koffers steckte.
Das Gespräch mit Pemberton war äußerst informativ gewesen. Er hatte den Mann auch nicht zufällig aufgesucht. Nachdem Jackson in Charlottesville eingetroffen war, hatte er in der Stadt diskret Erkundigungen eingezogen und rasch herausgefunden, daß Pemberton der Makler war, der Wicken’s Hunt verkauft hatte.
Jackson setzte sich aufs Bett und faltete eine große, detaillierte Landkarte von Charlottesville und Umgebung auseinander. Er prägte sich jede Landmarke ein, über die er mit Pemberton gesprochen oder die der Mann auf seiner Wegbeschreibung zum Häuschen vermerkt hatte. Vor der Unterredung mit Pemberton hatte Jackson sich mit einigen Fakten aus der Geschichte von Wicken’s Hunt vertraut gemacht, die ausführlich in einem Buch über die Herrensitze in der Gegend und deren ursprüngliche Besitzer nachzulesen waren. Jackson hatte das Buch in der County-Bibliothek entdeckt, und es hatte ihm ausreichend Hintergrundinformationen verschafft, um die Tarngeschichte zusammenzustricken, mit der er Pemberton auf dieses Thema gelockt hatte.
Jackson schloß die Augen, überließ sich ganz seinen Gedanken und entwarf einen Plan für einen Feldzug gegen LuAnn Tyler und den Mann, der sie verfolgte.
KAPITEL 35
Riggs hatte einen Tag verstreichen lassen, ehe er seinen Jeep zurückholte. Nur für den Fall, daß der Kerl noch da war, machte er sich bewaffnet und in der Dunkelheit auf den Weg. Der Cherokee sah unbeschädigt aus. Riggs überprüfte rasch alles, ehe er in Richtung Haus weiterging. Vom Chrysler war nirgends eine Spur zu sehen. Riggs leuchtete mit der Taschenlampe durch das Fenster des Schuppens. Der Honda stand noch darin.
Riggs ging zur Vordertür und überlegte zum hundertstenmal, ob er die ganze Sache nicht lieber vergessen sollte. Catherine Savage schien dauernd im Mittelpunkt gefährlicher Geschehnisse zu stehen, von denen Riggs mehr als genug erlebt hatte. Er war nach Charlottesville gekommen, um andere Dinge zu suchen. Trotzdem konnte er seine Hand nicht davon abhalten, vorsichtig den Türknopf zu drehen. Die Tür schwang auf.
Die Taschenlampe in der einen, die Pistole in der anderen Hand, bewegte Riggs sich langsam vorwärts. Er war fast sicher, daß das Haus leer war, doch bloße Vermutungen konnten einem eine unliebsame Fahrt ins Leichenschauhaus und ein Schild am großen Zeh bescheren. Von seinem Standort aus konnte Riggs den größten Teil des Erdgeschosses überschauen. Er leuchtete mit der Taschenlampe umher. An der Wand befand sich ein Lichtschalter, den Riggs aber unter keinen Umständen betätigen wollte. In dem Raum, der einst das Eßzimmer gewesen war, sah er Muster im Staub, die erkennen ließen, daß irgendwelche Gegenstände entfernt worden waren. Riggs strich mit den Fingern über die Stellen und ging weiter. In der Küche hob er den Hörer vom Telefon. Kein Freizeichen. Er ging zurück ins Eßzimmer.
Als Riggs die Blicke durchs Zimmer schweifen ließ, glitten sie über die ganz in Schwarz gekleidete Gestalt hinweg, die hinter der halb geöffneten Wandschranktür neben der Treppe stand.
Jackson schloß die Augen eine Sekunde, ehe der Strahl der Taschenlampe über sein Versteck huschte, damit seine Pupillen das Licht nicht reflektierten. Kaum war das Licht weitergewandert, schlug Jackson die Augen wieder auf und packte den Messergriff noch fester. Er hatte Riggs bereits gehört, bevor dieser einen Fuß auf die Veranda gesetzt hatte. Er war nicht der Mann, der das Haus gemietet hatte. Der Kerl war schon lange fort. Jackson hatte alles bereits gründlich durchsucht. Dieser zweite Mann war gekommen, um ebenfalls herumzuschnüffeln. Jackson gelangte zu dem Schluß, daß es nur Riggs sein konnte – und der war für Jackson fast ebenso interessant wie jener Mann, den er heute abend hatte
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