Die Versuchung
Geld gebraucht – wie immer.«
»Ich hoffe, du hast ihm keins geschickt. Ich habe ihm so viel gegeben, daß es ein Leben lang reicht. Ich habe es sogar für ihn angelegt. Er braucht nichts anderes zu tun, als mit dem auszukommen, was er hat, und das ist mehr als genug.«
»Roger ist unvernünftig. Das weißt du doch.« Sie schaute ihn nervös an. »Ich habe ihm ein wenig Geld geschickt.« Ehe er etwas erwidern konnte, fuhr Alicia hastig fort: »Ich weiß, was du damals gesagt hast. Aber ich konnte doch nicht zulassen, daß man ihn einfach auf die Straße setzt.«
»Warum nicht? Vielleicht wäre es für ihn das beste gewesen. New York ist nicht die richtige Stadt für ihn. Es ist zu teuer.«
»Er würde es nicht überleben. Er ist nicht stark, nicht wie Vater.«
Jackson biß sich auf die Zunge, als Alicia den Vater erwähnte. Sie bewunderte ihn noch immer; die Jahre hatten ihrer Blindheit nichts anhaben können, was den Vater betraf. »Vergiß es. Ich möchte keine Zeit mit einem Gespräch über Roger verschwenden.«
»Peter, bitte, sag mir doch endlich, was eigentlich los ist.«
»Wann hast du Donovan kennengelernt?«
»Warum?«
»Bitte, beantworte die Frage.«
»Vor knapp einem Jahr. Er schrieb einen längeren Artikel über Vater und seine Bilderbuchkarriere im Senat. Es war ein großartiger, ein wunderbarer Artikel. Thomas ist ein edler Mensch mit hehren Zielen.«
»Wie Vater?« Jacksons Mund verzog sich zu einem Grinsen.
»Ja, er ist Vater sehr ähnlich«, erwiderte sie verärgert.
»Die Welt ist wirklich klein«, meinte er ironisch und schüttelte den Kopf.
»Warum sagst du das?«
Jackson stand auf und breitete in großer Geste die Arme aus. »Alicia, woher stammt das alles hier? Was meinst du?«
»Was soll diese Frage? Aus dem Familienvermögen natürlich.«
»Familienvermögen? Das gibt es nicht mehr. Alles futsch. Schon vor Jahren.«
»Was redest du da? Ich weiß, daß Vater mal in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt hat, aber davon hat er sich erholt – wie immer.«
Jackson schaute sie mit tiefer Verachtung an. »Sich erholt? So ein Blödsinn, Alicia. Nicht einen Cent hat der alte Mistkerl selbst verdient. Er wurde in den Reichtum hineingeboren. Und was hat dieser Narr getan? Er hat alles durchgebracht. Mein Erbe, dein Erbe. Er hat es für sich selbst verschleudert, für seine beschissene Großmannssucht.«
Sie sprang auf und gab ihm eine Ohrfeige. »Wie kannst du es wagen! Alles, was du hast, verdankst du nur ihm.«
Jackson rieb sich die Wange, wo ihre Hand ihn getroffen hatte. Seine echte Haut war sehr blaß und so glatt, als hätte er sein ganzes Leben als Gefangener oder als Mönch im Kloster verbracht, was in gewisser Weise auch zutraf.
»Ich war es, der vor zehn Jahren die Ziehung manipuliert hat«, erklärte er ruhig. Seine dunklen Augen glitzerten, als er in Alicias kleines, verblüfftes Gesicht starrte. »Alles was du besitzt, jeder Cent, stammt von diesem Geld. Von mir. Nicht vom lieben alten Dad.«
»Was meinst du? Wie konntest du …«
Jackson schob sie zurück aufs Sofa. »Ich habe fast eine Milliarde Dollar von zwölf Lotteriegewinnern kassiert«, unterbrach er sie. »Es waren dieselben Leute, über die Donovan Nachforschungen angestellt hat. Ich habe ihren Gewinn genommen und das Geld investiert.
Erinnerst du dich an Großvaters Verbindungen an der Wall Street? Seine Zusammenarbeit mit den besten Finanzexperten? Er hat sein Geld tatsächlich verdient. Ich habe diese Kontakte über die Jahre hinweg gepflegt, mit einem klaren Ziel vor Augen. Mit dem Geld der Lotteriegewinner, das man an der Wall Street für unser ›Familienvermögen‹ hielt, war ich dort einer der bevorzugten Kunden. Ich habe äußerst günstige Abschlüsse gemacht und bei sämtlichen Aktien, die erstmals an die Börse kamen, die erste Wahl bekommen. Die todsicheren Treffer.
Das ist ein sorgsam gehütetes Geheimnis der Reichen, Alicia. Sie erhalten in allen Dingen den ersten Zuschlag: Ich bekomme eine Aktie für zehn Dollar pro Anteil, ehe sie an die Börse kommt. Binnen vierundzwanzig Stunden, nachdem sie auf dem Markt ist, steigt sie auf siebzig Dollar. Dann verkaufe ich sie ans gewöhnliche Volk, kassiere meine sechshundert Prozent Gewinn und widme mich dem nächsten lukrativen Geschäft. Es ist so, als würde man das Geld drucken. Alles hängt davon ab, wen man kennt und was man auf den Tisch legt. Wenn du eine Milliarde Dollar hinblätterst, spitzen alle die Ohren. Dann bist du wer, das
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