Die Versuchung
war. Er hat noch etwas entdeckt.« Wieder trank sie einen Schluck Kaffee. Ihre Wangen röteten sich, als sie daran dachte, wie klug ihr Thomas war.
»Und was war das?« bohrte Rollins nach.
»Daß zwölf Lotteriegewinner nacheinander keinen Konkurs angemeldet haben.«
»Na und?«
»Thomas hat die zurückliegenden Jahre unter die Lupe genommen. Stets war der Prozentsatz der Gewinner, die Konkurs anmelden mußten, gleichbleibend. Bis dann plötzlich diese zwölf Gewinner vor zehn Jahren das Gesetz der Serie unterbrachen. Sie haben nicht pleite gemacht. Sie sind im Gegenteil viel reicher geworden.«
Rollins rieb sich das Kinn und schaute sie skeptisch an. »Ich sehe immer noch nicht, wo da Stoff für eine Story sein sollte.«
»Thomas war sich auch noch nicht über alles im klaren. Aber er kam der Sache näher. Er hat mich regelmäßig von unterwegs angerufen, um mir zu sagen, wie alles läuft und was er herausgefunden hat. Deshalb habe ich mir solche Sorgen gemacht, als ich nichts mehr von ihm hörte.«
Rollins blickte in sein Notizbuch. »Stimmt. Bei Ihrem Anruf haben Sie ihn vor der Gefahr gewarnt.«
»Thomas hat einen der zwölf Lotteriegewinner aufgestöbert.« Alicia machte eine Pause und versuchte krampfhaft, sich an den Namen zu erinnern. »LuAnn … Tyler, richtig. LuAnn Tyler. Thomas sagte, sie sei angeklagt gewesen, jemand umgebracht zu haben, ehe sie in der Lotterie gewann. Danach ist sie verschwunden. Er hat sie hauptsächlich aufgrund ihrer Steuerunterlagen gefunden. Er hat sie sogar besucht.«
»Und wo war das?« Rollins machte sich wieder Notizen.
»Charlottesville. Ein wundervolles Herrenhaus in wunderschöner Gegend. Waren Sie schon mal dort?«
»Mit meinem Gehalt? Da kann ich mir kein Herrenhaus leisten. Und dann?«
»Er hat die Frau zur Rede gestellt.«
»Und?«
»Und sie ist schwach geworden. Na ja, beinahe. Thomas sagt, das sieht man immer in den Augen.«
»Oh.« Rollins verdrehte die Augen. »Und welchen Aufhänger wollte Donovan benützen?«
»Bitte?«
»Sein Aufhänger. Die Story, hinter der er her war. Was war so gefährlich daran, daß Sie es für nötig hielten, ihn zu warnen?«
»Na ja, die Frau ist eine Mörderin. Sie hat einmal einen Menschen getötet, und sie könnte es wieder tun.«
Rollins lächelte. »Verstehe.«
»Ich habe das Gefühl, Sie nehmen das nicht ernst.«
»Ich nehme meine Arbeit sehr ernst, aber ich sehe die Verbindung nicht. Wollen Sie etwa behaupten, diese LuAnn Tyler ist die Mörderin von Roberta Reynolds? Warum sollte sie die Frau ermorden? Wir wissen ja nicht einmal, ob die beiden sich gekannt haben. Glauben Sie, daß diese Tyler Mr. Donovan bedroht hat?«
»Ich behaupte ja gar nicht, daß LuAnn Tyler jemanden bedroht oder umgebracht hat. Ich meine, ich habe keine Beweise dafür.«
»Aber?« Rollins bemühte sich, nicht die Geduld zu verlieren.
Alicia blickte zur Seite. »Ich … ich weiß nicht. Ich meine, ich bin mir nicht sicher.«
Rollins stand auf und klappte das Notizbuch zu. »Na gut. Falls ich weitere Informationen brauche, melde ich mich wieder bei Ihnen.«
Alicia saß regungslos da, die Augen im blassen Gesicht fest geschlossen. Rollins war schon fast an der Tür, als Alicia sagte: »Die Ziehung war manipuliert.«
Langsam drehte Rollins sich um und kam zurück. »Manipuliert?«
»Thomas hat mich vor zwei Tagen angerufen und es mir erzählt. Ich mußte ihm aber versprechen, es niemandem zu sagen.« Nervös zupfte sie am Rocksaum. »Diese LuAnn Tyler hat praktisch zugegeben, daß die Ziehung manipuliert war. Thomas’ Stimme klang – wie soll ich sagen? – na ja, ein bißchen so, als hätte er Angst. Und jetzt mache ich mir schreckliche Sorgen um ihn. Er sollte mich anrufen, hat sich aber nicht gemeldet.«
Rollins ließ sich wieder aufs Sofa sinken. »Was hat er Ihnen sonst noch erzählt?«
»Daß er mit den anderen elf Gewinnern Verbindung aufgenommen hat, aber nur einer hat ihn zurückgerufen.« Ihre Lippen bebten. »Roberta Reynolds.«
»Dann hat Donovan sich doch mit ihr getroffen«, sagte Rollins vorwurfsvoll.
Alicia wischte sich eine Träne aus dem Auge. Sie sagte nichts, schüttelte nur den Kopf. Endlich fand sie die Sprache wieder. »Er hat schon lange an dieser Geschichte gearbeitet, hat mich aber erst kürzlich ins Vertrauen gezogen. Er hatte Angst. Das habe ich an seiner Stimme gehört.« Sie räusperte sich. »Ich weiß nur, daß er sich mit Roberta Reynolds treffen wollte. Er wollte sie gestern besuchen, am
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