Die Versuchung
nachgedacht hatte, endlich einmal richtig Urlaub zu machen?
Er blies sich in die kalten Hände und schob sie in die Taschen. Seine verletzte Schulter schmerzte. Gerade als er gehen wollte, berührte jemand seinen Arm.
»Es tut mir leid.«
Er drehte den Kopf, und seine gedrückte Stimmung hob sich so rasch, daß ihm schwindlig wurde. Unwillkürlich lächelte er – ein Lächeln, das er bitter nötig hatte.
»Was tut dir leid?«
LuAnn setzte sich neben ihn und hakte sich bei ihm ein. Sie antwortete nicht sofort. Nachdem sie eine Zeitlang vor sich hingestarrt hatte, holte sie tief Luft. Dann schaute sie ihm in die Augen und streichelte seine Hand.
»Ich hatte Zweifel.«
»Wegen mir?«
»Ich weiß, es war dumm. Nach allem, was du für mich getan hast, hätte ich niemals an dir zweifeln dürfen.«
Er schaute sie liebevoll an. »Doch. Ich kann es verstehen. Jeder hat Zweifel. Und nach den letzten zehn Jahren solltest du mehr Zweifel haben als die meisten Menschen.« Er tätschelte ihre Hand und sah die Tränen in ihren Augen. »Aber jetzt bist du da. Du bist gekommen. Also muß wohl alles in Ordnung sein, oder? Ich habe den Test bestanden. Kein Zweifel mehr?«
LuAnn nickte bloß; sie konnte nicht sprechen.
»Ich schlage vor, wir suchen uns ein warmes Plätzchen, wo ich dir vom neuesten Stand der Dinge erzählen kann. Dann müssen wir unseren Schlachtplan diskutieren. Hört sich gut an, oder?«
»Da bin ich ganz deiner Meinung.« LuAnn umklammerte Riggs’ Hand, als wollte sie sie nie wieder loslassen. Und das war ihm im Augenblick sehr recht.
Sie ließen den Honda stehen, dessen Motor Schwierigkeiten machte, und mieteten sich einen anderen Wagen. Überdies hatte Riggs keine Lust mehr, immer wieder die Zündung kurzzuschließen.
Sie fuhren bis zur westlichen Grenze des Fairfax County, um dort in einem Restaurant zu Mittag zu essen. Unterwegs berichtete Riggs LuAnn von der Besprechung im Hoover Building. Dann gingen sie an der Bar des fast leeren Restaurants vorüber und setzten sich an einen Tisch in der Ecke.
LuAnn beobachtete gedankenverloren, wie der Barkeeper am Senderknopf der Fernsehers drehte, um die tägliche Seifenoper besser zu empfangen, die er sich offenbar anschauen wollte. Dann lehnte der Mann sich an den Tresen und stocherte sich mit einem Cocktailquirl zwischen den Zähnen, während seine Blicke auf den Bildschirm gerichtet waren. Es muß herrlich sein, dachte LuAnn, so entspannt zu sein, so sorglos.
Sie bestellten ihr Essen. Dann holte Riggs die Zeitung hervor. Er sagte kein Wort, bis LuAnn den Artikel gelesen hatte.
»Du lieber Gott!«
»Donovan hätte auf dich hören sollen.«
»Glaubst du, Jackson hat ihn umgebracht?«
Riggs nickte. »Wahrscheinlich hat er ihm eine Falle gestellt. Reynolds hat Donovan auf Jacksons Anweisung hin angerufen und ihm versprochen, alles zu erzählen. Dann tauchte Jackson auf, hat beide erschossen und die Sache so gedeichselt, daß Donovan die Schuld für den Mord an Reynolds zugeschoben wird.«
LuAnn schlug die Hände vors Gesicht.
Riggs strich ihr liebevoll übers Haar. »He, LuAnn, du hast den Mann gewarnt. Mehr konntest du nicht tun.«
»Ich hätte Jacksons Angebot vor zehn Jahren zurückweisen können. Dann wäre das alles nicht passiert.«
»Stimmt. Aber hättest du damals abgelehnt, hätte er dich auf der Stelle getötet. Jede Wette.«
LuAnn wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Und jetzt habe ich dieses tolle Abkommen mit dem FBI , das du für mich ausgehandelt hast. Und damit auch alles klappt, brauchen wir nur dafür sorgen, daß uns Luzifer ins Netz geht.« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Würdest du mir mal erklären, wie wir das anstellen sollen?«
Riggs legte die Zeitung zur Seite. »Ich habe lange darüber nachgedacht, wie du dir vorstellen kannst. Das Problem besteht darin, daß wir nicht zu einfach, andererseits aber auch nicht zu kompliziert vorgehen dürfen. In beiden Fällen würde Jackson die Falle riechen.«
»Ich glaube kaum, daß er sich noch einmal mit mir treffen will.«
»Das wollte ich auch nicht vorschlagen. Denn er würde nicht selbst kommen, sondern jemand schicken, der dich umbringen soll. Das ist viel zu gefährlich.«
»Weißt du nicht, daß ich die Gefahr liebe, Matthew? Würde ich nicht ständig bis zum Hals drinstecken, wüßte ich gar nicht, womit ich mir die Zeit vertreiben sollte. Okay, kein Treffen. Was dann?«
»Wie ich schon sagte, wenn wir herausfinden, wer er wirklich ist, können wir ihn
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