Die Versuchung
drein. »Tut mir leid, Ma’am. Das wußte ich nicht. Ich habe den Befehl, keine Besucher hineinzulassen. Aber das gilt bestimmt nicht für Familienangehörige. Gehen Sie nur hinein.«
LuAnn stieß die Tür auf und ging ins Zimmer. Riggs folgte ihr.
Charlie lag im Bett. Doch als würde er spüren, daß LuAnn bei ihm war, schlug er die Augen auf und schaute sie an. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Er war blaß, doch seine Augen blickten wach und klar.
»Verdammt, was für ein hübscher Anblick«, sagte er.
Im nächsten Moment war LuAnn an Charlies Seite und nahm seine Pranke in ihre Hand. »Gott sei Dank, du lebst.«
Charlie wollte etwas sagen, als die Tür geöffnet wurde und ein Mann mittleren Alters in weißem Kittel den Kopf hereinsteckte. »Ich muß jetzt Visite machen, Herrschaften.« Er kam ins Zimmer. In der Hand hielt er ein Klemmbrett.
»Dr. Reese«, stellte er sich vor.
»Matt Riggs. Das ist Charlies Nichte Catherine.« Riggs zeigte auf LuAnn, die dem Arzt die Hand schüttelte.
Dr. Reese untersuchte Charlie, sprach dabei aber weiter. »Tja, es war ein Glück, daß Charlie sich einen so guten Druckverband angelegt hatte. Damit hat er den Blutverlust gestoppt, ehe es wirklich kritisch wurde.«
»Dann wird er wieder ganz gesund?« fragte LuAnn besorgt.
Reese warf ihr über den Brillenrand einen Blick zu. »O ja. Er ist außer Gefahr. Wir haben ihm eine Bluttransfusion gegeben, und die Wunde ist genäht. Jetzt braucht er nur noch Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen.« Reese trug seine Untersuchungsergebnisse auf Charlies Krankenblatt ein.
Charlie setzte sich halb auf. »Ich fühle mich bestens. Wann kann ich raus?«
»Ich glaube, wir lassen Ihnen noch ein paar Tage Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen.«
Charlie war über diese Antwort offensichtlich alles andere als erfreut.
»Morgen früh schaue ich wieder nach Ihnen«, sagte Reese; dann wandte er sich an LuAnn und Riggs. »Bleiben Sie bitte nicht zu lange. Er braucht Ruhe.«
Kaum war Dr. Reese verschwunden, setzte Charlie sich ganz auf. »Irgendwas Neues über Lisa?«
LuAnn schloß die Augen. Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. Zum erstenmal sah Charlie Riggs an.
»Wir vermuten, Jackson hat Lisa in seiner Gewalt, Charlie«, sagte Riggs.
»Ich weiß, daß er sie hat. Ich habe den Bullen sofort alles gesagt, als ich wieder bei Bewußtsein war.«
»Ich bin sicher, die Polizei tut, was sie kann«, meinte Riggs lahm.
Charlie schlug mit der Faust gegen den Metallrahmen des Bettes. »Verdammt. Sie werden Jackson nie erwischen. Er ist längst über alle Berge. Wir müssen etwas unternehmen. Hat er versucht, Verbindung mit euch aufzunehmen?«
»Ich werde Verbindung mit ihm aufnehmen«, sagte LuAnn und schlug die Augen auf. »Aber vorher mußte ich dich sehen. Sie haben gesagt … sie haben gesagt, du kämst vielleicht nicht durch.« Ihre Stimme zitterte. Sie umklammerte seine Hand.
»Da muß aber schon mehr kommen als so ein läppischer Schnitt, um den alten Charlie ins Jenseits zu befördern.« Er machte eine Pause. Die nächsten Worten fielen ihm offensichtlich sehr schwer. »Tut mir leid, LuAnn. Der Hurensohn hat Lisa, und es ist meine Schuld. Er hat mitten in der Nacht angerufen, mit Riggs’ Stimme. Er hat gesagt, das FBI hätte Jackson festgenommen und daß ich nach Washington kommen sollte, um dich am FBI -Gebäude zu treffen. Ich bin unvorsichtig geworden und direkt in seine Falle gelaufen.« Charlie schüttelte den Kopf. »Verflucht, ich hätte Verdacht schöpfen müssen. Aber seine Stimme hat sich genauso angehört wie die von Riggs.«
LuAnn umarmte ihn. »Oh, Charlie, beinahe wärst du wegen ihr getötet worden – und meinetwegen.«
Charlie zog LuAnn zu sich heran. Riggs beobachtete stumm, wie die beiden sich in den Armen hielten.
»Lisa geht es bestimmt gut, Charlie.« LuAnn klang viel zuversichtlicher, als sie tatsächlich war. Doch Lisa war nicht damit gedient, wenn ihre Mutter jetzt einen hysterischen Anfall bekam und womöglich schlappmachte.
»LuAnn, du kennst den Kerl. Er könnte ihr alles mögliche antun.«
»Er will mich, Charlie. Seine ganze Welt fällt auseinander. Das FBI ist ihm auf den Fersen. Er hat Donovan und Bobbie Jo Reynolds ermordet – und höchstwahrscheinlich seine eigene Schwester. Und ich weiß, daß er mir für alles die Schuld gibt.«
»Das ist doch hirnrissig.«
»Ja. Aber das spielt keine Rolle, wenn Jackson davon überzeugt ist.«
»Aber du kannst doch nicht einfach zu ihm
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