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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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offizielle Jackpot, errechnet nach den Losverkäufen bis zur letzten Minute, hatte die Rekordsumme von einhundert Millionen Dollar. Ein Raunen ging durch die Menge, als dieser gigantische Betrag genannt wurde. Sogar LuAnn verschlug es den Atem. Charlie schaute sie an und schüttelte den Kopf. Er konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, stieß ihr spielerisch den Ellbogen in die Seite und flüsterte ihr ins Ohr: »Na, jetzt können Sie Saks und Tiffanys leerkaufen und das Krankenhaus bauen – und das alles allein von den Zinsen.«
    Es war tatsächlich der größte Jackpot, den es je gegeben hatte, und irgend jemand, ein »in doppelter Hinsicht unglaublich glücklicher Mensch«, würde ihn gewinnen, wie der junge Mann mit strahlendem Lächeln und dem Gehabe eines Showmasters erklärte. Die Menge applaudierte lautstark. Der Mann wandte sich mit theatralischer Geste der Blondine zu, die auf den Schalter drückte, welcher an der Seite des Ziehungsgeräts angebracht war, um dieses in Gang zu setzen.
    LuAnn beobachtete fasziniert, wie die Kugeln im ersten Korb herumhüpften. Als sie sich der engen Öffnung der Röhre näherten, spürte LuAnn, wie ihr Herz raste; ihre Kehle war wie zugeschnürt. Jetzt half es nichts, daß Charlie neben ihr saß, daß Mr. Jackson ihr ruhig und bestimmt alles erklärt hatte und daß er damals die Gewinnzahlen der täglichen Ziehung genau vorhergesagt hatte. Zum erstenmal vergaß sie völlig die zum Teil erschreckenden Erlebnisse in den letzten Tagen. Sie hatte urplötzlich das Gefühl, daß es vollkommen verrückt war, daß sie hier stand und damit rechnete, in wenigen Augenblicken um hundert Millionen Dollar reicher zu sein. Wie konnte Jackson – oder irgendein anderer – bestimmen, was diese umherwirbelnden Kugeln tun würden? Es kam LuAnn so vor, als würde sie beobachten, wie Spermien ein Ei bombardierten, wie sie es mal im Fernsehen gesehen hatte. Wie groß war die Chance, daß man genau jene Samenzelle heraussuchte, die eine Schwangerschaft bewirkte? All ihre Zuversicht schwand, als sie an die wahrscheinlichsten Alternativen dachte, die ihr bleiben würden, wenn diese Farce vorüber war: Sie konnte heimfahren und mußte dann irgendwie erklären, wie zwei Leichen und eine große Menge Drogen in einen Wohnwagen gekommen waren, den sie zufällig ihr Zuhause nannte – oder sie konnte die Gastfreundschaft des nächsten Obdachlosenasyls hier in New York in Anspruch nehmen und dort überlegen, was sie mit ihrem verpfuschten Leben anfangen sollte.
    LuAnn drückte Lisa noch fester an sich. Die andere Hand wanderte zu Charlie und umklammerte seine dicken Finger. Eine Kugel zwängte sich durch die enge Öffnung und fiel in die erste Röhre. Es war die Ziffer Eins. Sie erschien auf einem großen Bildschirm über der Bühne. Inzwischen wirbelten bereits die Kugeln im zweiten Korb. Binnen wenigen Sekunden lag auch hier die Gewinnzahl in der Röhre. Die Null. In schneller Folge landeten sechs weitere Kugeln in den betreffenden Röhren. Bis jetzt lautete das Ergebnis: 1-0-0-8-1-5-0-8.
    LuAnn sprach die ihr vertrauten Zahlen stumm aus. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Sie spürte, wie ihr die Knie weich wurden. »O Gott«, flüsterte sie. »Es klappt tatsächlich.« Jackson hatte es irgendwie zustande gebracht. Auf irgendeine unerklärliche Art und Weise hatte dieser arrogante, seltsame Kerl es tatsächlich geschafft. LuAnn hörte um sich herum Stöhnen und Fluchen, als die Leute ihre Lose zerfetzten und auf den Boden warfen, während die Zahlen von der Bühne herunter die Menge angrinsten. LuAnn starrte wie hypnotisiert auf die Kugeln im neunten Korb. Sie hatte das Gefühl, alles würde in Zeitlupe ablaufen. Dann fiel die Kugel mit der Zwei. Jetzt waren keine hoffnungsvollen Gesichter mehr in der Menge – bis auf eins.
    Nun kam Bewegung in die Kugeln im letzten Korb, und rasch kämpfte sich die Eins bis zur Öffnung der letzten Röhre durch und würde LuAnn im nächsten Moment den Gewinn bescheren. Sie lockerte den Griff um Charlies Finger. Doch plötzlich jagte die Kugel mit der Eins wieder in die Höhe, wie ein Ballon, den man mit einer Nadel angestochen hatte. Energisch übernahm die Vier den Platz neben der Öffnung, näherte sich ruckartig immer mehr dem Pfad in die zehnte und letzte Röhre, schien aber immer wieder von ihr zurückgestoßen zu werden.
    LuAnn wurde totenblaß. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, jeden Augenblick ohnmächtig zu Boden zu sinken. »Oh,

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