Die Versuchung
Gefängnis verbringen statt im Paradies.« Bestimmt deutete Romanello auf den Stuhl. Langsam, zögernd setzte sich LuAnn, ohne den Mann aus den Augen zu lassen.
»Ich habe nie viel für dumme Spielchen übrig gehabt, Mr. Rainbow. Warum rücken Sie nicht endlich mit der Sprache raus? Bringen wir’s hinter uns.«
Romanello wartete, bis die Kellnerin ihm seinen Kaffee brachte. »Sind Sie sicher, daß Sie nichts bestellen möchten? Es ist ziemlich kalt draußen«, sagte er.
LuAnn schüttelte den Kopf, betrachtete ihn nur mit frostigem Blick. Die Kellnerin stellte Sahne und Zucker ab und fragte, ob die beiden noch Wünsche hätten. Nachdem sie gegangen war, beugte Romanello sich über den Tisch vor. Seine Augen waren dicht vor LuAnns. »Ich war in Ihrem Wohnwagen, LuAnn. Ich habe die Leichen gesehen.«
Sie zuckte zusammen. »Was hatten Sie im Wohnwagen verloren?«
Er lehnte sich zurück. »Bin zufällig vorbeigekommen.«
»Sie erzählen mir einen Scheißdreck, und das wissen Sie.«
»Vielleicht. Aber ich habe gesehen, wie Sie mit dem Buick vorgefahren sind. Ich habe gesehen, wie Sie auf dem Bahnhof einen Packen Geldscheine aus der Babytasche holten. Und ich habe gesehen, wie Sie mehrmals telefoniert haben.«
»Na und? Darf ich etwa nicht telefonieren?«
»Im Wohnwagen waren zwei Leichen und ’ne Menge Stoff, LuAnn. Und es war Ihr Wohnwagen.«
LuAnns Augen wurden schmal. War dieser Rainbow ein Bulle, der ihr ein Geständnis entlocken sollte? Unruhig ruckte sie auf dem Stuhl. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden. Ich habe keine Leichen gesehen. Sie müssen jemand anders beobachtet haben. Und wer sagt, daß ich mein Geld nicht aufheben kann, wo ich will?« Sie holte den Zeitungsartikel aus der Tasche. »Hier. Nehmen Sie diesen Scheiß und versuchen Sie, jemand anderem damit Angst einzujagen.«
Romanello nahm den Artikel, warf einen Blick darauf und steckte ihn ein. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, lief es LuAnn kalt über den Rücken. Romanello hielt den blutigen Fetzen ihrer Bluse.
»Erkennen Sie das wieder, LuAnn?«
Sie kämpfte darum, die Fassung zu wahren. »Sieht aus wie ein schmutziger Stoffetzen. Na und?«
Er lächelte. »Also wirklich, ich hätte nie geglaubt, daß Sie die Sache so ruhig aufnehmen. Sie sind tatsächlich nur eine dumme Pute aus der Provinz. Ich hatte erwartet, Sie würden vor mir auf die Knie fallen und um Gnade flehen.«
»Tut mir leid, wenn ich nicht so bin, wie Sie gedacht haben. Und wenn Sie mich noch mal eine dumme Pute nennen, trete ich Ihnen in die Eier.«
Plötzlich wurde sein Gesicht hart. Er zog den Reißverschluß seiner Jacke so weit auf, daß LuAnn den Griff der Neunmillimeter sah. »Sie wollen doch bestimmt nicht, daß ich wütend werde, LuAnn«, sagte er ruhig. »Wenn ich wütend werde, kann ich verdammt unangenehm sein. Sogar richtig gewalttätig.«
LuAnn warf nur einen flüchtigen Blick auf die Waffe. »Was wollen Sie von mir?«
Er zog den Reißverschluß wieder hoch. »Wie ich schon sagte, Sie sind mein Topf mit Gold.«
»Ich habe kein Geld«, erklärte sie hastig.
Beinahe hätte er gelacht. »Warum sind Sie in New York, LuAnn? Ich wette, daß Sie zum erstenmal aus diesem gottverlassenen Kaff rausgekommen sind. Warum sind Sie ausgerechnet nach New York gefahren?« Er legte den Kopf schief und wartete auf ihre Antwort.
LuAnn rieb nervös die Hände über die unebene Tischplatte. Als sie schließlich antwortete, schaute sie Romanello nicht an. »Na gut, vielleicht weiß ich, was in dem Wohnwagen passiert ist. Aber ich habe nichts getan. Ich mußte verschwinden, weil mir klar war, daß ich in einen ziemlichen Schlamassel geraten konnte. Und New York war die erste Stadt, die mir eingefallen ist.« Sie hob den Blick, um seine Reaktion auf diese Erklärung zu beobachten. Romanello grinste.
»Was werden Sie mit dem vielen Geld machen, LuAnn?«
»Wovon reden Sie überhaupt? Was für Geld? Das in der Babytasche?«
»Ich hoffe, Sie versuchen nicht, hundert Millionen Dollar in eine Babytasche zu stopfen.« Er betrachtete ihren Busen. »Oder in Ihren Büstenhalter, obwohl dort viel Platz ist.« LuAnn starrte ihn mit offenem Mund an. »Mal sehen«, fuhr er fort. »Wie hoch liegen heutzutage die Raten bei Erpressung? Zehn Prozent? Zwanzig? Fünfzig? Selbst wenn ich die Hälfte nehme, haben Sie immer noch fünfzig Millionen auf Ihrem Konto. Damit können Sie sich und dem Kind für den Rest Ihres Lebens Jeans und Turnschuhe kaufen, stimmt’s?« Er nahm einen
Weitere Kostenlose Bücher