Die Versuchung
»Was für Probleme? Hat das mit Duanes Drogengeschäften zu tun?«
Romanello schüttelte den Kopf. »Von den Drogen wußte ich nichts. Duane war schon tot. Vielleicht hat er seine Lieferanten übers Ohr gehauen oder einen Teil vom Gewinn eingesackt, und deshalb hat der andere Typ ihn abgestochen. Wer weiß. Ist doch auch scheißegal.«
»Was ist mit diesem anderen Burschen?«
»Sie haben ihn doch selbst niedergeschlagen. Wie ich im Brief schrieb: mausetot.« LuAnn sagte nichts. Romanello holte tief Luft und fügte hinzu: »Übrigens dürfen Sie meine Hand jederzeit loslassen.«
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet. Und wenn Sie das nicht tun, können Sie ruhig den Sheriff anrufen, denn von mir bekommen Sie keinen verdammten Cent.«
Romanello zögerte; dann aber siegte die Geldgier über die Vorsicht. »Ich bin zu dem Wohnwagen gefahren, um Sie zu töten«, erklärte er, als würde er über das Wetter reden.
Langsam ließ LuAnn sein Handgelenk los. Er rieb es sich, damit das Blut wieder zirkulierte.
»Und warum?«
»Ich stelle keine Fragen. Ich tue nur, wofür ich bezahlt werde.«
»Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie mich umbringen sollen?«
Er zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
Sie griff wieder nach seinem Gelenk, aber diesmal war er auf den Angriff vorbereitet und brachte den Arm blitzschnell in Sicherheit. »Verdammt, ich weiß wirklich nicht, von wem der Auftrag kam. Meine Kunden kommen nicht auf eine Tasse Kaffee bei mir vorbei und plaudern freundlich, wenn ich jemanden für sie kaltmachen soll. Ich kriege einen Anruf, die Hälfte des Geldes im voraus und den Rest, wenn ich den Job erledigt habe. Alles per Post.«
»Ich lebe noch.«
»Stimmt. Aber nur, weil man mich zurückgepfiffen hat.«
»Wer?«
»Der, von dem ich den Auftrag hatte.«
»Wann haben Sie den Anruf bekommen?«
»Ich war in Ihrem Wohnwagen. Hab’ Sie aus dem Buick aussteigen und weggehen sehen. Dann bin ich zu meinem Wagen gegangen, und da kam der Anruf. So gegen viertel nach zehn.«
LuAnn holte tief Luft, als ihr die Wahrheit dämmerte: Jackson. So also ›sorgte‹ er für diejenigen, die sein Spiel nicht mitspielen wollten.
Als LuAnn schwieg, beugte Romanello sich wieder zu ihr vor. »So, damit sind alle Ihre Fragen beantwortet. Jetzt können wir darüber reden, wie wir unser kleines Geschäft abwickeln.«
LuAnn starrte ihn eine volle Minute an; dann sagte sie: »Wenn ich herausfinde, daß Sie mich belogen haben, wird Ihnen ganz und gar nicht gefallen, was dann passiert.«
»Sie sind wirklich ’ne harte Nummer, LuAnn. Normalerweise scheißen die Leute sich die Hose voll, wenn sie ’nem professionellen Killer gegenübersitzen«, sagte er. Seine dunklen Augen flackerten. Wieder machte er den Reißverschluß der Jacke so weit auf, daß der Kolben der Neunmillimeter zu sehen war. »Treiben Sie’s nicht auf die Spitze.« Seine Stimme klang drohend.
LuAnn blickte voller Verachtung auf die Pistole, ehe sie Romanello ins Gesicht schaute. »Ich bin unter Verrückten aufgewachsen, Mister Regenbogen. Da, wo ich herkomme, besaufen sich die Kerle, und wenn sie die Hucke voll haben, knallen sie anderen Leuten mit Schrotgewehren die Fresse weg. Einfach so, aus Spaß. Oder sie stechen einen ab und säbeln an ihm herum, daß nicht mal seine Mama ihn wiedererkennen würde. Und dann wetten sie, wie lange es dauert, bis das arme Schwein ausgeblutet ist. Wir hatten da mal einen Schwarzen. Den hat man aus dem See gefischt. Die Kehle war aufgeschlitzt und seine Geschlechtsteile abgeschnitten, weil jemand sich darüber aufregte, daß er angeblich ein weißes Mädchen angebaggert hat. Ich bin ziemlich sicher, daß mein Daddy dabei die Finger im Spiel hatte. Den Bullen war die ganze Sache scheißegal. So, vielleicht kapieren Sie jetzt, daß Sie mir mit Ihrer Mickymaus-Knarre und Ihrem Profikiller-Getue auf den Geist gehen. Sobald wir unser Geschäft abgewickelt haben, scheren Sie sich zum Teufel und verschwinden aus meinem Leben.«
Das bedrohliche Funkeln in Romanellos Augen erlosch schlagartig. »In Ordnung«, sagte er ruhig und zog den Reißverschluß hoch.
KAPITEL 15
Fünf Minuten später verließen Romanello und LuAnn das Bistro. LuAnn stieg in ein Taxi und fuhr zurück zum Hotel, wo sie die nächsten Stunden beim Friseur verbringen würde, um Charlie nicht mißtrauisch zu machen. Romanello ging die Straße in die andere Richtung und pfiff leise vor sich hin. Was für ein wundervoller Tag! Die Absprachen, die er mit LuAnn
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