Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
Vom Netzwerk:
und zu er selbst zu sein, da sein wahres Ich eine Art Schlupfloch war, in dem er sich entspannen und die endlosen Kompliziertheiten der Stadt erforschen konnte. Doch ganz gleich, welche Identität er annahm – stets stand das Geschäft im Vordergrund. Nichts war wichtiger. Überall boten sich Gelegenheiten, und er hatte sie alle genutzt.
    Mit seinen unbegrenzten finanziellen Mitteln hatte Jackson während der letzten Dekade die ganze Welt zu seinem Spielplatz gemacht. Die Auswirkungen seiner Manipulationen waren an den Finanzmärkten und an politischen Vorgängen auf dem gesamten Globus zu spüren. Jacksons Gelder hatten ebensoviele unterschiedliche Unternehmungen vorangetrieben, wie er Identitäten besaß – von Guerilla-Aktivitäten in Ländern der Dritten Welt bis hin zur Kontrolle des Edelmetallmarkts in den Industriestaaten. Wenn jemand die Weltereignisse derart beeinflussen konnte wie Jackson, war es ihm möglich, an den Börsen unvorstellbare Gewinne einzuheimsen. Warum sollte er in Termingeschäften investieren, wenn er die Waren und Rohstoffe kontrollieren konnte, auf deren Grundlage diese Geschäfte getätigt wurden, so daß er immer genau wußte, in welche Richtung der Wind wehte? Alles war voraussehbar und logisch, bei überschaubarem Risiko. Dieses Klima liebte Jackson.
    Überdies hatte er eine ausgesprochen menschenfreundliche Seite gezeigt und auf dem gesamten Erdball große Summen für Projekte eingesetzt, die es verdienten. Doch auch dabei verlangte – und erhielt – Jackson die uneingeschränkte Kontrolle, wie unsichtbar sie auch sein mochte, da er seiner Meinung nach alles weitaus besser zu beurteilen vermochte als sonst jemand. Und wer konnte ihm widersprechen, wenn es um so viel Geld ging?
    Niemals erschien er auf einer Spenderliste oder übte ein politisches Amt aus. Kein Wirtschaftsfachblatt würde je ein Interview mit ihm führen. Völlig mühelos schwebte Jackson von einer Leidenschaft zur nächsten. Er konnte sich keine vollkommenere Existenz vorstellen, obgleich er zugeben mußte, daß selbst seine globalen Schlängelpfade in letzter Zeit ein bißchen langweilig wurden. Die Übersättigung beraubte seine verschiedenen Geschäfte allmählich ihrer Originalität und Faszination. Deshalb hatte Jackson nach einem neuen Ziel gesucht, das seinen ständig wachsenden Appetit auf das Außergewöhnliche stillte, auf das größtmögliche Risiko – und sei es nur, um immer wieder seine Fähigkeit zu erproben, Macht und Kontrolle ausüben und letztendlich überleben zu können.
    Jackson betrat ein kleines Zimmer, das bis unter die Decke mit Computeranlagen gefüllt war. Hier befand sich das Zentrum seines unsichtbaren Imperiums. Die flachen Monitore zeigten ihm in Ortszeit an, wie seine vielen weltweiten Unternehmungen florierten. Alles – von den Wechselkursen über die Termingeschäfte bis hin zu den neuesten Nachrichten – wurde hier gespeichert, katalogisiert und zum Schluß von Jackson ausgewertet.
    Er verzehrte sich nach Information und saugte sie auf wie ein trockener Schwamm das Wasser. Er brauchte etwas nur einmal zu hören und vergaß es nie wieder. Seine Augen überflogen jeden Monitor. Aufgrund langer Übung konnte er binnen Minuten Wichtiges von Belanglosem unterscheiden und das Interessante vom Offensichtlichen trennen. Waren Jacksons Investitionen auf den Monitoren in weichem Blau gekennzeichnet, florierten die Geschäfte. Waren sie grellrot, liefen sie nicht so gut. Jackson seufzte zufrieden, als ihm ein Meer von Blau entgegenschimmerte.
    Dann ging er in ein größeres Zimmer, das seine Sammlung von Erinnerungsstücken an vergangene Projekte barg. Er zog ein Album heraus und schlug es auf. Darin waren die Fotos seiner zwölf Goldstücke – das Dutzend Menschen, denen er zu immensem Reichtum und einem neuen Leben verholfen hatte und die ihm als Gegenleistung ermöglicht hatten, sein Familienvermögen zurückzugewinnen. Er blätterte weiter. Gelegentlich lächelte er, als ihm angenehme Erinnerungen durch den Kopf gingen.
    Jackson hatte seine Gewinner sorgfältig ausgewählt. Er hatte sie aus den Listen der Sozialhilfeempfänger und aus den Berichten über Bankrotte herausgefischt. Hunderte von Stunden war er durch arme, gottverlassene Gegenden des Landes gezogen, städtische und ländliche, auf der Suche nach verzweifelten Menschen, die alles zu tun bereit waren, um ihr Los zu ändern; normale, gesetzestreue Bürger, die – rein juristisch gesehen – ein Finanzverbrechen

Weitere Kostenlose Bücher