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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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ungeheuren Ausmaßes begehen würden, ohne mit der Wimper zu zucken. Es war phantastisch, was der menschliche Verstand bei entsprechendem Anreiz bewerkstelligen konnte.
    Die Lotterie zu manipulieren war erstaunlich einfach gewesen. So war es oft. Die Leute betrachteten es als gegeben, daß bestimmte Institutionen unantastbar waren, über jede Korruption erhaben, frei von jedem Fehl und Tadel. Offenbar hatten die Leute dabei vergessen, daß die staatlichen Lotterien noch im vorigen Jahrhundert wegen weit verbreiteter Korruption verboten worden waren. Die Geschichte neigte zu Wiederholungen, wenn auch auf raffiniertere und zielgerichtetere Art und Weise.
    Wenn Jackson in all den Jahren eines gelernt hatte, dann dies: Es gab nichts, absolut nichts, das nicht korrumpiert und manipuliert werden konnte, solange Menschen dabei mitwirkten. Denn letztendlich konnte kaum jemand den Verlockungen des Geldes oder anderer materieller Reize widerstehen, besonders dann nicht, wenn er den ganzen Tag mit Riesensummen zu tun hatte. Irgendwann keimte in jedem der Gedanke auf, daß ihm von Rechts wegen ein Teil des Geldes zustünde.
    Und Jackson brauchte keine Heerscharen von Mitarbeitern, um seine Pläne zu verwirklichen. Tatsächlich war für Jackson die Vorstellung einer weitverbreiteten Verschwörung, gar einer Art »Weltverschwörung«, ein Widerspruch in sich.
    Natürlich hatte er eine Vielzahl von Partnern, überall auf der Welt. Doch keiner von ihnen wußte, wer er wirklich war, wo er lebte, wie er sein Vermögen erworben hatte. Keiner hatte Einblick in die gewaltigen Pläne, die Jackson entworfen, und keiner wußte von der weltweiten Maschinerie, die er errichtet und in Betrieb gesetzt hatte. Sie alle brauchten lediglich ihren kleinen Beitrag zu leisten und wurden fürstlich dafür entlohnt. Wenn Jackson irgend etwas wollte – etwa einen Teil einer Information, der ihm nicht auf Anhieb zugänglich war –, setzte er sich mit einem seiner Partner in Verbindung und hatte binnen einer Stunde alles, was er brauchte. Es war die perfekte Bühne für Überlegung, Planung und anschließendes Handeln – schnell, präzise und unwiderruflich.
    Jackson traute keinem Menschen voll und ganz. Warum sollte er auch, bei seiner Fähigkeit, vollkommen fehlerlos und glaubhaft mehr als fünfzig Einzelpersönlichkeiten zu erschaffen? Mit Hilfe der leistungsfähigsten Computer und der neuesten Kommunikationstechnologie konnte er an mehreren Orten gleichzeitig sein. Als verschiedene Personen. Sein Lächeln wurde breiter. War nicht die ganze Welt seine private Bühne?
    Sein Lächeln schwand, als er auf eine Seite des Albums blickte, und wich einer Miene, in der sich Interesse und Unsicherheit mischten – ein Gefühl, das Jackson kaum kannte. Doch es war noch mehr. Als Angst hätte Jackson diese Empfindung niemals bezeichnet; dieser Dämon hatte ihn nie gequält. Nein, er hätte es eher als ein Gefühl der Unausweichlichkeit beschrieben – die vollkommene Gewißheit, daß zwei Züge auf Kollisionskurs waren, ganz gleich, was der eine oder der andere Lokführer tat. Und die unheilvolle Begegnung der beiden Züge würde auf höchst denkwürdige Art und Weise stattfinden.
    Jackson starrte auf das wahrhaft beeindruckende Gesicht von LuAnn Tyler. Von den zwölf Lotteriegewinnern hatte sie bei ihm den größten Eindruck hinterlassen. In dieser Frau lag Gefahr – Gefahr und eine Flüchtigkeit, die Jackson anzog wie der stärkste Magnet der Welt.
    Er hatte mehrere Wochen in Rikersville, Georgia, verbracht. Diese Gegend hatte er aus einem ganz einfachen Grund gewählt: Der ausweglose Kreislauf von Armut und Hoffnungslosigkeit. In Amerika gab es viele solcher Gegenden. Die Regierung dokumentierte sie hervorragend mit Kategorien wie »niedrigstes Pro-Kopf-Einkommen«, »unterdurchschnittliche Gesundheits- und Bildungsressourcen«, »negatives Wirtschaftswachstum«. Eine trockene, rein sachliche Terminologie, die wenig oder nichts dazu beitrug, etwas über die Menschen auszusagen, die sich hinter den Statistiken verbargen, und die kein Licht auf den freien Fall in die Verelendung warf, die ein Großteil der Bevölkerung erlebte. Obgleich Jackson ein Bilderbuchkapitalist war, machte es ihm überraschenderweise nichts aus, hier etwas Gutes zu bewirken. Nie wählte er Reiche als Gewinner aus, obwohl er keine Zweifel hegte, daß die meisten viel leichter zu überreden wären als die Armen, die er sich aussuchte.
    LuAnn Tyler hatte er entdeckt, als sie mit dem Bus

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